Die österreichischen Skispringer wollen den Streit um die neue Bindung von Olympiasieger Simon Ammann offenbar mit allen Mitteln auf die Spitze treiben. Sollte der 28 Jahre alte Schweizer am Samstag mit seiner raffinierten Weiterentwicklung zum Springen auf der Großschanze im Olympic Park bei Whistler antreten, will der österreichische Skiverband ÖSV umgehend Protest einlegen.
Dafür hat Team Austria bereits ein achtseitiges Dossier anfertigen lassen. Ammann will sich nach seinem Sieg auf der Normalschanze aber nicht unter Druck setzen lassen. Er kündigte an, seine umstrittene neue "Wunder-Bindung" auf jeden Fall einzusetzen.
Bleiben beide Seiten bis zum Springen stur, könnte der Wettbewerb zu einer Farce verkommen. "Was für ein Schaden für das Skispringen in der Außenwirkung entsteht, kann ich nicht abschätzen. Aber die Jury kann erst aktiv werden, wenn der Protest da ist", sagte Walter Hofer als Renndirektor des Internationalen Skiverbandes FIS.
"Was die Österreicher da abziehen, ist lächerlich"
Die Österreicher müssten bis 15 Minuten nach dem ersten Durchgang unter Zahlung von 100 Schweizer Franken ihre Protestnote einreichen. Dann würde die dreiköpfige Jury zusammentreten und sofort über den Fall entscheiden.
Gegen die Entscheidung könnte aber wiederum Einspruch eingelegt werden, theoretisch droht ein juristisches Gerangel bis zum Internationalen Sportgerichtshof CAS.
"Was die Österreicher da abziehen, ist lächerlich", sagte der Schweizer Disziplinchef Gary Furrer. Zuvor hatte Österreichs Cheftrainer Alexander Pointner auf der Mannschaftsführersitzung sein Dossier verteilt und war anschließend ohne weiteren Kommentar verschwunden. Warum die Angelegenheit nicht vor dem Wettkampf mit einem Protest bei der Jury geklärt werden kann, blieb unklar.
Angeblicher Weitengewinn von fünf bis zehn Metern
Furrer: "Simon wird mit einem breiten Grinsen den Wettkampf bestreiten und noch motivierter sein." Wer allerdings zuletzt lacht, ist derzeit noch ungewiss, obwohl sich die Österreicher mit ihrer seltsamen Aktion möglicherweise ins Abseits gestellt haben.
In dem Schreiben wird das Schweizer Team ultimativ aufgefordert, "wegen der Chancengleichheit sofort den Einsatz des neuen Bindungssystems zu stoppen".
Begründet wird das mit vermeintlichen Verstößen gegen die internationale Wettkampfordnung in den Paragraphen 222.1 bis 222.5. Demnach erhöhe die neue Bindung das Unfallrisiko, wirke als technisches Hilfsmittel und sei nicht vom Internationalen Skiverband FIS abgenommen.
Normalerweise müssen bis zum 1. Mai alle Neuentwicklungen eingereicht werden, allerdings ist umstritten, ob die gebogene Bindungsstange von Ammann nicht nur eine raffinierte Weiterentwicklung ist. Nach Meinung der Österreicher soll sie Ammann, der auf der Normalschanze überlegen triumphiert hatte, einen Weitengewinn zwischen fünf und zehn Metern ermöglichen.
Schuster: "Es interessiert mich auch, ob das legal ist"
"Ammann hat eine Veränderung an der Bindung vorgenommen, die ihm definitiv hilft", sagte Bundestrainer Werner Schuster: "Es interessiert mich auch, ob das legal ist." Das deutsche Team will allerdings nicht mit einem Protest aktiv werden, "schließlich haben wir unsere eigenen Sorgen".
Nachdem Michael Uhrmann auf der Normalschanze als Fünfter knapp am Podest vorbeigeflogen war, will man aus dem Skisprung-Streit zwischen Ammann und Österreich als lachender Dritter hervorgehen.
"Es wird sicher wieder ähnlich schwer, die Einzelmedaille zu holen. Aber wir wollen unsere kleine Chance nutzen. Speziell Martin kommt auf der Schanze sehr gut zurecht", sagte Chefcoach Schuster. Martin Schmitt war im zweiten Training zur Bestweite von 145 Metern gesegelt - weiter als Ammann mit seiner "Wunder-Bindung".