Deutschland kann sich in gewisser Weise bei den Olympischen Spielen in Vancouver gar nicht mehr steigern. 2006 in Turin belegte das deutsche Team bereits Platz eins in der Nationenwertung. Die Bilanz damals: 11 Mal Gold, 12 Mal Silber, 6 Mal Bronze. SPOX ist optimistisch eingestellt und sagt, warum diesmal alles noch viel besser wird und welche deutschen Athleten bei den Spielen Edelmetall holen werden.
Biathlon: 2x Gold, 4x Silber, 3x Bronze
Gut, dass es so viele Wettbewerbe gibt, denn unsere Mädels zählen eigentlich überall zu den Favoritinnen. Vor allem Magdalena Neuner und Andrea Henkel werden ganz vorne mit dabei sein. In den Einzeln gibt's mindestens einmal Gold. Mehr ist wohl nur drin, wenn die beiden Schwedinnen (Olofsson und Jonsson) und die beiden Russinnen (Sleptsowa und Medwetsewa) schwächeln. Dafür regnet es jede Menge Silber- und Bronzemedaillen. Als Gold-Joker gibt's ja dann auch noch die Staffel.
Bei den Männern sieht's da leider schon deutlich schlechter aus. Michael Greis ist nicht mehr in der Verfassung vergangener Tage. Die Staffel führt der Dreifach-Olympiasieger von Turin dennoch aufs Podest. Einen deutschen Olympiasieger wird's in Vancouver zwar nicht geben, einer aus dem Duo Peiffer/Stephan krallt sich allerdings immerhin eine Einzelmedaille. Schließlich gilt es die Tradition der Kirchners, Lucks, Groß' und Fischers fortzusetzen.
Bob: 3x Gold, 1x Silber, 1x Bronze
Ganz klar, die Luft bei den Männern ist dünner geworden. Nach jahrelanger Dominanz der Deutschen haben die anderen Nationen aufgeholt und machen Druck auf Andre Lange, Thomas Florschütz und Karl Angerer. "Bei den Herren läuft es überhaupt nicht, das muss man klar so sagen", sagte Bundestrainer Raimund Bethge noch im Dezember. So schlimm ist die Lage zum Glück nicht.
Von Langes Adduktorenverletzung zu Saisonbeginn ist mittlerweile nichts mehr zu spüren, zuletzt feierte er im Vierer vier Weltcup-Siege in Folge. Der Amerikaner Steven Holcomb ist dort der größte Konkurrent, aber wie sagte Christoph Langen unlängst im SPOX-Interview: "Lange ist und bleibt der Mann, den es zu schlagen gilt."
GettyDas gilt für den Vierer wie auch für den Zweier, wo die stärkste Konkurrenz aus der Schweiz droht: Ivo Ruegg und Beat Hefti gehören in diesem Jahr zur absoluten Creme de la Creme. Übrigens: Hefti will sich zudem als Anschieber in Rueggs Vierer setzen und auch dort für Furore sorgen. Dennoch: Zumindest eine Silber- oder Bronzemedaille für Florschütz oder Angerer sollte drin sein.
Bei den Damen können wir uns schon mal auf einen Doppelsieg freuen. Cathleen Martini gewann mit Romy Logsch fünf von acht Weltcup-Rennen, Sandra Kiriasis, die abwechselnd mit Christin Senkel, Janine Tischer und Berit Wiacker als Anschieberin an den Start ging, war nur unwesentlich schlechter.
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Wiacker war es auch, die in St. Moritz mit Deutschlands drittem Bob und Claudia Schramm als Pilotin auf Platz drei fuhr und den einzigen deutschen Hattrick des Jahres perfekt machte. Kaillie Humphries aus Kanada und Shauna Rohbock aus den USA werden etwas dagegen haben, dass es auch in Vancouver dazu kommt. Aber ausgeschlossen ist nicht einmal das.
Curling: 1x Bronze
Das Spannende am Curling ist, dass in der Weltspitze eine Handvoll Nationen so eng beieinander liegen, dass man eigentlich keine klaren Favoriten ausmachen kann. Aber: Beide deutschen Teams zählen ohne Zweifel zur Weltspitze und können sich demnach auch Hoffnungen auf eine Medaille machen.
Curling? "Das ist doch kein Sport"
Immerhin waren die deutschen Herren um Skip Andreas Kapp 2007 Vize-Weltmeister. Die Damen um Skip Andrea Schöpp gewannen 2009 sogar den EM-Titel. Für beide muss das Ziel sein, unter die besten vier der zehn Nationen zu kommen und sich fürs Halbfinale zu qualifizieren. Das wird vor allem gegen die favorisierten Nordamerikaner und Skandinavier verdammt schwer.
Nach dem Motto "einer kommt durch" werden sich die Herren ins Halbfinale kämpfen und am Ende eine Bronzemedaille für Deutschland holen.
Eishockey
Es war 1976 in Innsbruck, als Deutschland Bronze holte. Im Eishockey. Unfassbar. Das von Xaver Unsinn gecoachte Team um Erich Kühnhackl und Alois Schloder hatte im letzten Spiel die USA mit 4:1 geschlagen, die Amis schlägerten sich daraufhin durch Innsbruck, aber Deutschland feierte. Nach aktuellen Berechnungen wird es für die nächsten 4000 Jahre die letzte deutsche Eishockeymedaille gewesen sein.
Die Medaillenchance der DEB-Auswahl ist angesichts der Star-Aufgebote der Top-Nationen genauso groß wie die von Äquatorialguinea. Exakt null. Das heißt nicht, dass Deutschland eine schlechte Mannschaft stellen würde. Mit ein bisschen Glück und einer außerirdischen Goalie-Leistung ist vielleicht, eventuell, unter Umständen sogar mal eine Überraschung drin. Aber natürlich keine Medaille. Beim Frauen-Eishockey ist Deutschland nach einem guten 5. Platz in Turin diesmal nicht qualifiziert.
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Eiskunstlauf: 1x Gold
Was ist in der Vorbereitung des deutschen Traumpaares Aljona Savchenko und Robin Szolkowy nicht alles suboptimal gelaufen. Da war die Sache mit der Kür. Walzergeiger Andre Rieu hatte sich zur Fußball-Hymne "You'll never walk alone" etwas recht Eigenartiges ausgedacht, das dem Paar nicht gefiel und bei den Zuschauern auch noch miserabel ankam. Also wurde zur Filmmusik "Jenseits von Afrika" flugs eine neue Kür kreiert, jetzt sollte diesbezüglich alles passen.
Dann folgte die Erkrankung von Savchenko, ein enttäuschender 2. Platz hinter irgendwelchen Russen bei der EM - und jetzt schlitzte sich Szolkowy beim Training auch noch an den Kufen seiner Partnerin leicht die Hand auf.
Dennoch werden die zweimaligen Weltmeister trotz der chinesischen Konkurrenz Gold holen. So was wie bei der EM, als Savchenko den dreifachen Wurf-Flip nur auf zwei Füßen landen konnte und den Salchow nur doppelt statt dreifach drehte, wird nicht noch mal vorkommen. Wäre ja noch schöner. Für die anderen deutschen Teilnehmer, die Paarläufer Maylin Hausch und Daniel Wende, die Eistänzer Christina und William Beier sowie Sarah Hecken und Stefan Lindemann bleiben nur Nebenrollen.
Eisschnelllauf: 2x Gold, 3x Silber, 2x Bronze
Die Überraschung der Spiele aus deutscher Sicht wird die junge Stephanie Beckert werden. Ihr Stern über die Langstrecke ist in diesem Winter mit den ersten Weltcupsiegen aufgegangen. Das wird sich in Vancouver fortsetzen. Dank ihrer Unbekümmertheit holt sie sensationell Gold über 3000 Meter und schlägt dabei die Favoritin Martina Sablikova. Über 5000 Meter dreht die Tschechin den Spieß um, Beckert holt Silber vor Daniela Anschütz-Toms.
GettyDas zweite Gold für Deutschland gewinnt Jenny Wolf. Sie wird ihrer Favoritenrolle über 500 Meter gerecht. Silber gibt es außerdem im Team hinter Kanada - und dann ist da ja noch Anni Friesinger-Postma. Sie wird ihre Form finden und ohne großen Erwartungsdruck Silber über 1000 Meter und Bronze über 1500 Meter holen. Bei den Männern geht in Sachen Medaillen leider überhaupt nichts.
Freestyle
Premiere für die Skicrosser - und Deutschland hat einen Mann für ganz vorne in petto. Simon Stickl sorgte zuletzt nicht nur mit seinem Auftritt bei Stefan Raabs "TV Total " für Furore, sondern auch mit seinem ersten Weltcupsieg im Januar in St. Johann.
Der 22-Jährige bestätigte im SPOX-Interview, dass er ganz ohne Druck voll angreifen kann und schafft es bis ins Halbfinale. Für eine Medaille reicht es aber knapp nicht.
Hier geht's zum zweiten Teil des Medaillentipps: Rodeln, olé, olé!
Langlauf: 1x Gold, 3x Silber
Dieser verdammte Petter Northug kann schon auch alles, und dieser verdammte Lukas Bauer ist auch nicht viel schlechter. Und deshalb werden der Norweger und der Tscheche wohl den Großteil der Goldmedaillen unter sich aufteilen - aber nicht alle. Denn es gibt ja da auch noch den Klassiker über 50 Kilometer. Und da ist Tobias Angerer in Vancouver stärker als Northug. Und stärker als Bauer. Und stärker als alle anderen. Die Medaille in der Staffel ist ohnehin gebongt. Und hey, wie wär's, wenn Axel Teichmann einfach mal nicht krank wird? Dann gibt's nämlich ein weiteres Mal Edelmetall im Einzel.
GettyMei, wie schön Evi Sachenbacher-Stehle doch lächeln kann. Alleine dafür hätte sich das deutsche Team schon eine Medaille verdient. SPOX hat diesbezüglich auch schon mal einen Antrag beim NOK gestellt.
Sollte der allerdings wider Erwarten abgeschmettert werden, gehen unsere Mädels im Einzel wohl leer aus. Nach der Staffel darf die Evi dann aber wieder lächeln. Über einen Platz auf dem Podium.
Nordische Kombination: 2x Gold, 1x Bronze
Gold in der Staffel geht an Deutschland. Klar, schließlich hat das deutsche Team in dieser Saison bislang alle Staffeln gewonnen. 100 Prozent Erfolgsquote also. Was soll da noch schief gehen? Ist doch völlig egal, dass in dieser Saison erst eine Staffel war.
100 Prozent sind 100 Prozent - und Gold für Deutschland. Punkt. Dazu gibt's auch noch im Einzel einen Olympiasieg und eine weitere Medaille. Durch wen? Anzubieten hätten wir da Eric Frenzel, Tino Edelmann und Björn Kircheisen. Das reicht. Punkt.
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Rodeln: 2x Gold, 2x Silber, 2x Bronze
Die große Frage wird sein, wie locker Felix Loch in seine ersten Olympischen Spiele geht. Nach zwei sensationellen Goldmedaillen bei den Weltmeisterschaften 2008 und 2009 wünscht sich natürlich ganz Deutschland, dass er auch in Vancouver abräumt. Ob das möglich ist?
Es wird sicher verdammt schwer, denn Armin Zöggeler hat eine dominante Weltcup-Saison in den Eiskanal gezaubert und ist klarer Favorit. Aber gemeinsam mit Albert Demtschenko aus Russland ist Loch erster Herausforderer des Italieners. Und mit David Möller hat das deutsche Team noch den Viertplatzierten des Weltcups in der Hinterhand. Andi Langenhan feierte Mitte Januar in Oberhof einen Sieg im vorletzten Weltcuprennen und geht ebenfalls mit viel Selbstvertrauen in die Spiele.
Im Doppelsitzer ruhen die Hoffnungen auf den Duos Andre Florschütz/Torsten Wustlich und Patric Leitner/Alexander Resch. Beide konnten je zwei der acht Weltcup-Rennen gewinnen, insgesamt gingen nur zwei Siege nicht an Deutschland. Es riecht nach Doppelsieg.
Eine absolute Bank sollten die Damen sein. Tatjana Hüfner und Natalie Geisenberger machten den Weltcup unter sich aus, die Dritte Anke Wischnewski hatte einen soliden Vorsprung vor der Amerikanerin Erin Hamlin. Die deutschen Vertreterinnen könnten auch in Vancouver geschlossen auf dem Podium stehen.
Shorttrack
Im Eisschnelllauf stellt Deutschland absolute Weltspitze dar, aber wenn die Eisfläche kleiner und der Kampf brutal wird, ist das irgendwie nur etwas für Nordamerikaner und Asiaten. Die Topstars heißen Apolo Anton Ohno bei den Herren und Meng Wang bei den Damen. Deutsche Athleten waren in Turin chancenlos, genau das werden sie größtenteils auch in Vancouver sein.
Eine klitzekleine Chance hat die deutsche Männerstaffel, die sich im Gegensatz zu den Frauen für Vancouver qualifiziert hat - und das sehr souverän. Bundestrainer Eric Bedards Motto "If you can dream it, you can do it" soll in die Tat umgesetzt werden. Wer weiß, beim Shorttrack stürzen ja auch gerne mal die Favoriten...
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Skeleton: 2x Silber, 1x Bronze
Schön, dass es Sportarten gibt, in denen wir Deutsche eine absolute Bank sind, in denen wir uns fast sicher auf eine Medaille einstellen können. Wie beim Skeleton. Da gibt es bei den Damen gleich drei Kandidatinnen: Einerseits Anja Huber, deren mäßige Saison mit dem Gewinn der Europameisterschaft immerhin einen versöhnlichen Abschluss fand. Dann Marion Trott, amtierende Weltmeisterin. Und zu guter Letzt Kerstin Szymkowiak, die auf Platz drei im Gesamtweltcup fuhr.
Unserem Trio entgegen stellt sich vor allem Mellisa Hollingsworth. Die Kanadierin hat zwar den Gesamtweltcup gewonnen und den Heimvorteil auf ihrer Seite, aber man wird jawohl träumen dürfen! Die Britin Shelley Rudman ist so was wie das Dark Horse im Wettbewerb.
Bei den Herren sieht es nur unwesentlich schlechter aus, denn Frank Rommel kann ebenfalls jederzeit in die Medaillenränge fahren. Genau wie Juniorenweltmeister Sandro Stielicke. Die beiden wurden immerhin Zweiter und Dritter im Gesamtweltcup. Gold zu erreichen, wird allerdings verdammt schwierig. Da führt einfach kein Weg am Letten Martins Dukurs vorbei.
Ski alpin: 1x Gold, 1x Silber, 2x Bronze
2006 in Turin gab es keine Medaille für die Alpinen - das wird diesmal definitiv nicht mehr passieren. Der Grund: Schon lange war das DSV-Damen-Team in der Breite und Spitze nicht mehr so gut aufgestellt wie diesmal.
Als Leitwolf fungiert Maria Riesch. Lindsey Vonns Schienbeinprellung hin oder her - Maria gehört in allen fünf Disziplinen zu den Medaillenkandidatinnen und wird sich ihren ersten Olympia-Auftritt auch vergolden. Dazu kommt eine Bronzemedaille. Schwester Susanne wird mit Bronze im Slalom für einen Sister-Act-Freudentanz sorgen.
GettyEbenfalls ein ganz heißes Eisen ist Kathrin Hölzl. Die amtierende Weltmeisterin gehört zu den großen Favoritinnen im Riesenslalom und wird dieser Rolle mit Silber gerecht. Und dann ist da noch Viktoria "Bode " Rebensburg: Wenn sich der Youngster gut auf die Schneeverhältnisse einstellt, ist ein Top-Fünf-Platz auf jeden Fall drin.
Bei den Herren liegt der ganze Druck auf den Schultern von Felix Neureuther. Dass er damit umgehen kann, hat er spätestens mit seinem Erfolg in Kitzbühel eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der 25-Jährige gehört ganz klar zu den Medaillenkandidaten - allerdings beanspruchen diese Rolle auch rund zehn weitere Fahrer für sich. Unser Tipp: Felix fährt dank eines fulminanten zweiten Durchgangs noch unter die Top 8.
Skispringen: 1x Silber, 1x Bronze
Wider jede Erwartung werden es die Spiele des Martin Schmitt. Er bestätigt die Eindrücke aus dem Training und wird auf der Normalschanze überraschend Dritter. Davon mitgerissen liefert sich das Team um Schmitt, Michael Uhrmann, Michael Neumayer und Pascal Bodmer einen harten Kampf mit Norwegen und wird am Ende Zweiter hinter den übermächtigen Österreichern.
Auf der Großschanze sind die Flieger gefragt. Dort kommen die Deutschen nicht ganz an die Medaillen ran, bringen aber mit Uhrmann und Schmitt zwei Springer unter die Top Ten.
Snowboard: 1x Gold
In Turin 2006 begann die fabelhafte Welt der Amelie Kober - ja, wir können das Wortspiel auch nicht mehr hören - mit der sensationellen Silbermedaille zu erstrahlen. Vier Jahre später ist die Parallel-Riesenslalom-Spezialistin mit ihren 22 Jahren immer noch sehr jung, aber deutlich erfahrener. Sie gehört ganz klar zu den Mitfavoritinnen und weiß zudem, wie das mit Edelmetall und Olympia so geht. Warum also nicht nochmal zuschlagen? Die Zeit ist reif: Amelie holt Gold.
Snowboardcrosser David Speiser hat mit den Plätzen zwei und sieben bei den letzten zwei Weltcuprennen vor Olympia gezeigt, dass seine Formkurve genau richtig zeigt: steil nach oben nämlich. Das Halbfinale ist für den 29-Jährigen auf jeden Fall drin.
Macht zusammen:
x 15, x 17, x 14 - Die Spiele können kommen!