Ansichtssache - Die Kolumne von Michael Gigerl: Selbstkritik als Motor

Von Von Michael Gigerl, Kommentator & PULS 4 Chefredakteur Sport
Michael Gigerl
© PULS 4

Vor zwei Wochen habe ich an dieser Stelle über die Mentalität von Red Bull Salzburg geschrieben. Meine Kernaussage dabei lautet: Neben der körperlichen Fitness und der fußballerischen Qualität halte ich die ausgeprägte (Sieger-)Mentalität des österreichischen Serienmeisters als Schlüssel für den aktuellen Erfolgslauf.

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Davon bin ich natürlich auch nach wie vor überzeugt, allerdings ist mir speziell in den vergangenen zwei Wochen noch eine weitere Tugend bei der Truppe von Marco Rose aufgefallen - und zwar die Fähigkeit zur Selbstkritik. Frei nach dem Motto "Wer aufhört besser zu werden, hört auf gut zu sein" scheuen die Salzburger auch nach bis dato 23 Saisonspielen, von denen man 19 gewonnen und kein einziges verloren hat, nicht davor zurück, kritisch mit sich selbst zu sein. Das imponiert mir und dafür möchte ich gerne das ein oder andere Beispiel geben...

Der 3:0-Heimsieg über Rosenborg Trondheim vor zwei Wochen in der Europa League war aus meiner Sicht ein überragendes Spiel der Salzburger. Bereits in Hälfte eins waren die Bullen drückend überlegen, haben zur Pause aber dennoch "nur" mit 1:0 geführt. Nach dem Seitenwechsel haben Dabbur & Co. dann aber schnell den Sack zu gemacht und danach nichts anbrennen lassen. Im Gegenteil: Salzburg war dem 4:0 stets näher als der norwegische Rekordmeister dem Ehrentreffer.

Umso mehr hat es mich überrascht, dass Stefan Lainer, Hannes Wolf und Marco Rose in den PULS-4-Interviews meiner Kollegin Julia Kienast alles andere als euphorisiert waren. Grundtenor: Es war eine insgesamt gute Leistung, aber es gibt auch noch einiges zu verbessern - speziell in der ersten Hälfte. Aussagen, die für mich im ersten Moment nicht wirklich nachvollziehbar gewesen sind.

Mit ein wenig Abstand glaube ich aber zu wissen, was damit gemeint war: So gab es zum Beispiel beim Stand von 0:0 eine kleine Unkonzentriertheit in der Defensive und beinahe wäre daraus - quasi aus dem Nichts - eine gute Chance für die Norweger entstanden. Dann steht es im worst case 0:1 und das Spiel droht zu kippen, trotz bis dahin drückender Überlegenheit. Vor allem dann, wenn der Gegner (noch) mehr Qualität hat, als Rosenborg Trondheim aktuell.

Ein anderes Beispiel ist der 2:1-Last-Minute-Sieg gegen Mattersburg am Wochenende. Auch da war Salzburg ganz klar spielbestimmend und hat sich etliche, teils hochkarätige Chancen bis zum 1:0 heraus gespielt. Nach dem Traumtor von Jerome Onguene (der angeblich hauptberuflich tatsächlich ein robuster Innenverteidiger und kein technisch hochveranlagter Vollblutstürmer ist) schien die Sache durch.

Dann die 87. Minute und aus heiterem Himmel steht es 1:1. Dass Hannes Wolf in der Nachspielzeit doch noch die drei Punkte sichert, ist zwar hochverdient, aber aufgrund des Zeitpunkts dennoch irgendwo auch glücklich. Das sahen auch die Salzburger in den Interviews so, in denen sie aber auch von "Nachlässigkeiten" gesprochen haben.

Diesmal glaube ich schneller zu erahnen, was damit gemeint war: Wenn du so dominant auftrittst und am Ende nur mit einem Punkt da stehst, dann kannst du damit nicht zufrieden sein. Insofern hätte Marco Rose wohl gerne gesehen, dass seine Jungs sofort "nachlegen", sprich noch vehementer auf das zweite Tor drängen. Denn wie wir alle wissen: ein (Gegen-)Tor kann ganz schnell passieren - siehe Mattersburg, das bis dahin offensiv kaum was anzubieten hatte.

Zwei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit, die für mich exemplarisch für die Salzburger Fähigkeit zur Selbstkritik stehen. Nur so wächst man, nur so wird man nachhaltig erfolgreich sein. Und genau deshalb bin ich mir auch sicher, dass die Bullen im PULS 4-Livespiel am Donnerstag in Trondheim genau wissen was zu tun ist, um auch diesmal als Sieger vom Platz zu gehen.

Sie erreichen den Auto unter: michael.gigerl@puls4.com

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