Die Wandlung vom überheblichen Graf Rotz zum Sympathieträger: Per Günther (26) prägt die BBL und spricht Klartext. Der Point Guard von ratiopharm Ulm über seinen Ärger mit dem DBB im letzten Sommer, die fehlende Fan-Basis des Basketballs und seinen Traum von einem deutschen "Shaqtin' a Fool".
SPOX: Herr Günther, abseits der laufenden Playoffs beherrscht ein Thema die Liga-Verantwortlichen, das für die weitere Entwicklung der BBL maßgeblich ist: der neue TV-Vertrag ab der kommenden Saison. Wie intensiv verfolgt ein Profi ein solch vermeintlich sprödes Thema?
Per Günther: Ich kenne die Details und die Zahlen nicht, um die verhandelt wird. Mich interessiert es aber natürlich sehr! Ich hoffe, weitere sechs bis sieben Jahre Teil des Geschäfts zu sein und von der Medienpräsenz hängt sehr viel ab, wie es in dieser Zeit läuft. Ich bin Teil einer Generation, die eine der extremsten Wendungen des Basketballs in Deutschland miterlebt und mitgestaltet hat. Im Vergleich zu 2008 ist 2014 nicht mehr wiederzuerkennen: Die BBL an sich, die Deutschen-Quote, fast alles ist positiv. Nachdem es in dieser Saison so tolle Playoff-Serien gibt, bin ich zuversichtlich, dass das TV-Thema in die richtige Richtung geht.
SPOX: Dennoch ist die Grundausgangslage eine ähnliche wie 2008: Basketball ist eine Sportart für ein kleines, sehr anspruchsvolles Fachpublikum. Die Masse fehlt weiterhin. Warum sollte Basketball der Durchbruch gelingen?
Günther: Basketball ist definitiv die geilste Sportart, um in der Halle zu sein. Wenn man in der Lage wäre, Leute, die mit Basketball nicht so viel zu schaffen haben, in die Halle zu locken, dann wäre einiges erreicht. Sie könnten erleben, wie laut es ist, wie ständig immer irgendetwas los ist, wie es hoch- und runtergeht, wie nah jeder Fan von welchem Sitzplatz auch immer am Geschehen dran ist. Für einen Zehner kann man im Stehblock sein und nur 10 Meter entfernt dunken die Spieler! Das macht Basketball zur besten Live-Sportart überhaupt.
SPOX: Das ist nichts Neues.
Günther: Es ist schwierig für jemanden, der mit der Sportart nicht vertraut ist, einen Draht zum Basketball zu finden, wenn man es nur über das Fernsehen erlebt. Es gibt viele Regeln und viele komplizierte Formulierungen, die im deutschen Sport sonst nicht so zuhause sind. Das kann ich irgendwie nachvollziehen. Nichtsdestotrotz sehe ich, dass die Hallenauslastung immer besser wird und größere Arenen gebaut werden, die voll sind. Ich bin mir sicher, dass der Basketball in Deutschland weiter wächst.
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SPOX: Ein Problem bleibt das Verhältnis zwischen den Medien und den Hardcore-Basketball-Freaks, die mit der Berichterstattung meist unzufrieden sind und sich teils harsch darüber beschweren. Sind Sie mit der Arbeit der Basketball-Journalisten ähnlich unzufrieden?
Günther: Ich bin gespalten. Einerseits will ich niemandem zu nahe treten, doch wenn ich mich mit einigen unserer lokalen Medienvertreter unterhalte, dann weiß ich, dass da Journalisten dabei sind, die keinen ausgeprägten Basketball-Background haben. Da bekommst du nach dem Spiel eben häufig dieselben fünf Fragen gestellt. Ich selbst freue mich, wenn ich mich mit Leuten wirklich auseinandersetzen kann, die mal eine interessante Basketball-Frage stellen, die mich überrascht. Andererseits ist es ein schmaler Grat und ich verstehe auch die Journalisten. Sie müssen es wie auch immer schaffen, Artikel zu schreiben, die mehr als 2000 Leute in Deutschland verstehen. Das ist für alle Beteiligten nicht einfach.
SPOX: Wie gehen Sie mit den Medien um? Manchmal entsteht der Eindruck, dass deutsche Basketballer aus Prinzip sagen, dass sie sich nicht dafür interessieren, was über sie geschrieben wird, und sie nichts lesen würden.
Günther: Die Foren-Sache habe ich irgendwann für mich aufgegeben. Das muss man auch machen. Damals, als junger Kerl in meiner Heimat Hagen, spielte ich mit meinem Bruder zusammen. Ich war vielleicht 18, 19. Nach jeder Niederlage forderten die Fans, dass ein neuer Ami verpflichtet wird, weil die Günthers zu klein und nicht gut genug wären. Einem jungen Kerl, und das noch in der Heimatstadt, geht so etwas an die Nieren. Deswegen entschloss ich mich irgendwann dazu, das Reinklicken in Internet-Foren zu beenden. Gleichzeitig interessiert es mich schon, was in den Medien über mich geschrieben wird. Nach einem Wahnsinnsspiel schiele ich natürlich mit einem Auge darauf, alles andere wäre gelogen. Ich freue mich darüber und sammle Selbstvertrauen, wenn Leute sagen, dass ich mich gut entwickelt habe. Wenn hingegen Dinge negativ laufen, halte ich mich aus Selbstschutz von den Medien fern und versuche, die Berichte zu ignorieren.
SPOX: Klappt das? Sind Sie nicht neugierig, wenn Sie mit dem Smartphone in der Hand auf eine S-Bahn oder ein Taxi warten?
Günther: Das klappt, alleine schon deshalb, weil ich auf dem Smartphone nur die BBL-App drauf habe und sonst nichts, was mit Sport zu tun hat. Und mit der App kann ich ja nur die Ergebnisse und die Boxscores checken. (lacht)
Seite 1: Günther über schlecht vorbereitete Journalisten
Seite 2: Günther über Außendarstellung und einen legendären Monolog
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SPOX: Sie sind als einer der bekanntesten BBL-Profis eine öffentliche Person. Wie wichtig ist Ihnen Ihre Außendarstellung? Wenn man sich Ihre amüsante Facebook-Seite anschaut, könnte man glauben, dass Sie sich gar keine Gedanken machen. Oder: Sie machen sich ganz im Gegenteil sehr viele Gedanken.
Günther: Es ist ein Mittelding. Mir macht es Freude, mich über Facebook auszudrücken und zu zeigen, dass ich mich manchmal für einen lustigen Vogel halte. Ich bin überhaupt kein Freund von den standardisierten Mediengeschichten. Das Ding ist: Ich sehe mich nicht nur als Basketball-Profi, sondern auch als Fan. Ich bin immer noch großer NBA-Fan, ich verfolge das aktuelle Geschehen sehr intensiv. Und dann finde ich es extrem spannend, wenn ich einen kleinen Einblick erhalte, weil ein Spieler, den ich Wahnsinn finde, mal zeigt, wie er wirklich tickt. Mich langweilen Sätze wie "Beide Teams haben hart gespielt und wir respektieren den Gegner und jedes Spiel ist ein schweres Spiel." Deswegen versuche ich, mich davon fernzuhalten. Es geht nicht immer. Denn wenn ich etwas Individuelles poste, mache ich mich angreifbar. Nur ein Beispiel: Ich zeige ein Bild von einer Runde Golf - und am nächsten Tag verlieren wir unser Spiel. Dann weiß ich genau, dass es heißt: "Was macht der Vogel? Wieso spielt er Golf? Er soll mehr trainieren!" Es bestehen Risiken. Aber ich möchte es nicht missen, dass Leute auf mich zukommen und sich dafür bedanken, was ich so treibe.
SPOX: Wie gefallen Ihnen die in den USA sehr populären Formate wie "Shaqtin' a Fool", bei dem Pleiten, Pech und Pannen aus der NBA gezeigt und bissig kommentiert werden?
Günther: Das sind natürlich absolute Highlights. Ich finde es sehr schade, dass es so ein Format in Deutschland nicht läuft. Ich weiß, dass es Ansätze gab, wobei viele Leute, die mehr vom Geschäft verstehen, mir sagen, dass es bei uns nicht funktioniert oder schwierig ist. Dennoch glaube ich an die Idee eines deutschen "Shaqtin' a Fool": Man setzt ein paar lustige Gestalten ins Studio und zeigt Highlights - was gibt es besseres? Der Basketball hat mit Dunks, Alley-oop oder Blocks so viele Elemente, die jeder versteht und mit der wir uns von anderen Sportarten abgrenzen können. Und es sind Elemente, die in der Anzahl - nicht böse gemeint - faszinierender sein können als 40 Minuten volle Länge Ludwigsburg gegen Braunschweig. Mir ist klar, dass die NBA über andere Möglichkeiten verfügt. Doch wer weiß und in 10, 20 Jahre sitze ich mit Heiko Schaffartzik bei einem TV- oder Internet-Sender und wir reißen schlechte Scherze und zeigen dabei die besten Dunkings.
SPOX: Womöglich mangelt es den deutschen TV-Sendern an Inspiration, Mut oder Budget. Aber könnte es umgekehrt nicht auch sein, dass den deutschen Basketballern der Wille zur Selbstironie fehlt, damit sich so ein Format trägt?
Günther: Vielleicht ist in der BBL tatsächlich weniger Raum für spaßige Nummern. Man hat das Gefühl, dass man sich so etwas - wenn überhaupt - nur erlauben darf, wenn es gut läuft. Die NBA wird ja ganz anders wahrgenommen, als Spektakel und Entertainment, vor allem in den 82 Regular-Season-Spielen. Entsprechend können sich die Profis dort auch lockerer verhalten. Wenn es mal eine schwächere Phase gibt, wird keinem der Kopf abgerissen. In der BBL hingegen sind es nur 34 Spiele und jedes Team kämpft immer um irgendetwas: Heimvorteil in den Playoffs, einen Playoff-Platz, den Klassenerhalt. So herrscht in der BBL eine ganz andere Ernsthaftigkeit als in der NBA.
SPOX: Verspürt ein BBL-Profi auch eine gewisse Angst vor der Öffentlichkeit? Sie beschwerten sich in einem Radio-Format mit teils expliziten Worten über das rigide Vorgehen der Kontrolleure von der deutschen Doping-Agentur NADA. Nachdem die "FAZ" Ihren Monolog transkribiert und publiziert hatte, entstand ein großes Bohei - inklusive zahlreicher verstimmter Sport-Funktionäre.
Günther: Ich wusste nicht, dass die "FAZ" meinen kleinen Podcast aus dem Lokal-Radio abdruckt. Entsprechend rechnete ich nicht damit, was daraus entsteht. Dennoch bereue ich es nicht. Es war damals meine Meinung und es ist immer noch meine Meinung. Das Einzige: Wenn ich gewusst hätte, dass es sogar in der "FAZ" landet, hätte ich mich vielleicht etwas gewählter ausgedrückt. Trotzdem hoffe ich, dass solche Erlebnisse dabei helfen, eine Entwicklung zu forcieren. Die BBL braucht meinungsstarke, polarisierende Gesichter, damit die Nicht-Basketballkundigen irgendwann vier, fünf Spielernamen kennen, die nicht Dirk Nowitzki sind.
SPOX: Sie sind meinungsstark und auch dank Ihrer unterhaltsamen Facebook-Seite wurden Sie 2012 und 2013 zum beliebtestem Spieler gewählt und werden dieses Jahr wohl als Spieler mit dem besten Social-Media-Auftritt ausgezeichnet. Können Sie damit etwas anfangen?
Günther: Er ist irgendwo eine Auszeichnung, allerdings hoffe ich nicht, dass ich in die Schublade rutsche und es heißt: "Der Günther hat noch keinen Titel gewonnen und heimst nur die komischen Awards ein." (lacht) Ich hätte liebend gerne diese Saison den Pokal gewonnen, die drei silbernen Medaillen in meiner Karriere reichen jetzt. Ich kann meinen Kindern später nicht erzählen, dass ich ein netter Kerl war und lustige Sachen posten konnte. Ich brauche auch mal etwas anderes.
SPOX: Sie sagen, dass Sie früher den "Arroganter-Asi-Award" verdient hätten. Koketterie?
Günther: Nein, nein, das war schon so. In Hagen war ich nie sonderlich beliebt. Ich besaß gerade in der Jugend ein großes Selbstbewusstsein und eignete mir eine gewisse Arroganz als Spielfeldgesicht an. Die Arroganz war mein Panzer, meine Art, klarzukommen. Als junger Kerl konnte ich mit dem Druck nicht immer hundertprozentig umgehen. Umso überraschter war ich nach meinem Wechsel, dass mich die Leute in Ulm so gernhaben. Das kannte ich gar nicht.
SPOX: Wie kam der Switch zustande? Verschob sich nur die Wahrnehmung? Oder änderten Sie sich selbst?
Günther: Es hatte mit meiner neuen Rolle zu tun. In Hagen war ich im Nachwuchsbereich der Überspieler, der 40 Punkte in einem Spiel machen konnte. Hier in Ulm wurde ich als der Junge wahrgenommen, der nicht so riesig talentiert ist und sich irgendwie in den Profibereich reinbeißen will, obwohl er offensichtliche Defizite hat. Das ist eine Rolle, mit der sich die Leute besser identifizieren können. Ich bin genauso groß und genauso so schwer wie der Durchschnitts-Fan, der sich mit harter Arbeit schrittweise nach oben kämpft. Das respektieren die Menschen.
SPOX: Haben Sie Sorge, dass sich Ihr Standing umkehrt? Heiko Schaffartzik war vor vier, fünf Jahren der Liebling aller, doch mittlerweile ist besonders das Verhältnis zu den Medien strapaziert.
Günther: Ich sehe dem entspannt entgegen. Zwangsläufig werde ich den Leuten auf die Nerven gehen, das ist immer so. Wenn ich in vier Jahren weiter der Most Likeable Player und Superduper-Social-Media-Typ bin und die gleichen Geschichten erzähle, trägt sich das ab, was ja auch gut ist. Sollte ich nichts gewinnen und mich nur lustig geben, werde ich bestimmt hören: "Das nervt uns, gewinn endlich etwas!"
SPOX: Sie sind mit 26 Jahren kein Talent und kein Veteran. Wie sehen Sie sich selbst?
Günther: In meinem Kopf bin ich ein Veteran. In Ulm bin ich der Dienstälteste und mit den 26 Jahren war ich diese Saison schon der Dritt- oder Viertälteste im Kader. Es ist ein bisschen wie bei Philipp Schwethelm, der mit 25 Jahren seine neunte BBL-Saison gespielt hat. Ich fühle mich schon auf eine gewisse Art alt. Ich habe die meiste BBL-Erfahrung in der Mannschaft, bestritt meine vierten Playoffs. Mich macht nicht mehr so viel nervös.
SPOX: In der deutschen Nationalmannschaft hingegen scheint Ihnen die Lobby zu fehlen. Die für alle Beteiligten ernüchternde EM 2013 verlief speziell für Sie enttäuschend: Mit großen Ambitionen in den Sommer gegangen, wurde Sie nur mit sehr wenig Spielzeit bedacht. Wie sehen Sie es mit dem zeitlichen Abstand?
Günther: Ich habe das recht gut verarbeitet. Das Pesic-Jahr 2012 war mir persönlich wichtig: Es war zwar nur die EM-Quali, weswegen meine Leistungen öffentlich komplett unter dem Radar flogen, aber ich spielte 25 Minuten pro Partie und stand in der Starting Five. Dass es bei der EM 2013 nicht so geklappt hat und es so aussieht, als ob es für mich nie funktionieren würde in der Nationalmannschaft, ist schade, ist aber leider so. Was soll ich machen? Gegen die gleichen Leute, gegen die wir bei einer EM spielen, trete ich mit Ulm im Eurocup an und behaupte mich. Gegen Nikos Zisis oder wen auch immer. Von daher habe ich von dem Thema eine andere Wahrnehmung als die Mehrheit. Ich verstehe gleichzeitig die Leute, die mich immer nur bei einer EM oder WM sehen, und sich eine andere Meinung bilden. Jedoch sehe ich es entspannt. Irgendwann wird die Zeit kommen. Ich werde meine Chance erhalten und wenn ich sie nicht ergreife, bin ich selbst schuld.
SPOX: Wirklich so entspannt?
Günther: Ich kann nichts machen, als jedes Jahr noch eine bessere Saison zu spielen als davor und im Sommer wieder anzutreten. Es wäre vielleicht etwas anderes, wenn ich das Gefühl bekommen würde, dass ich nicht alles gegeben und nicht an mir gearbeitet hätte. Aber ich kann mir nichts vorwerfen.
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SPOX: Nach der Niederlage gegen Großbritannien und dem Ausscheiden des DBB-Teams in der EM-Vorrunde äußersten Sie sich als einziger Nationalspieler kritisch über den eigenen Verband und wie die Mannschaft behandelt wurde: "Es ist so, wie wenn man 19, 20 Jahre ist und man von zu Hause ausziehen will. Und dann sagt einem die Mutter noch, was man anziehen soll." Kamen die Äußerungen aus der Verärgerung heraus? Oder war das ein bewusstes Statement?
Günther: Ich kenne mich selbst zu gut, daher werde ich mich nicht der Gefahr hingeben, einfach spontan nur rauszuhauen, was geht. Nach acht, neun Wochen Nationalmannschaft am Stück kristallisiert sich eine Meinung heraus. Ich glaube einfach, dass es so war, wie ich es gesagt habe. Wir Spieler wurden zu sehr bemuttert und es schlägt psychologisch ein, wenn man immer hört, dass es nicht so schlimm wäre zu verlieren. Intern wurde es natürlich nie so besprochen. Es war nie so, das gesagt wurde: "Wir schauen einfach mal, was in Slowenien passiert." Aber das Gesamtgefühl war nicht so, wie es sein sollte. Nach dem Frankreich-Sieg zum Auftakt hätte es heißen müssen: "Jetzt brauchen wir noch zwei Siege, dann sind wir weiter. Wenn wir das nicht schaffen, ist es eine Katastrophe!" Die Botschaft hätte sein müssen: "Wir sind Deutschland! Wir haben gute Spieler! Wir müssen in der Lage sein, Belgien, Ukraine und Großbritannien zu schlagen! Das sind alles gute Mannschaften, doch wir sind der DBB: Wir müssen es packen!"
SPOX: Sie selbst wurden in der EM-Vorbereitung und beim eigentlichen Turnier vom nun degradierten Bundestrainer Frank Menz nur sporadisch eingesetzt mit der Erklärung, dass Sie nicht voll einsatzfähig gewesen wären. Was verwunderte: Diese Erklärung wurde über Wochen vorgebracht, obwohl Ihre Verletzung nicht allzu gravierend war. Die vermeintlich unnötige Fitness-Debatte soll Sie verärgert haben.
Günther: Es war schwierig für mich und ich möchte nicht zu viel sagen. Es ist alles vorbei und mit Frank pflege ich ein gutes Verhältnis. Alles okay. Ich hatte nur ein Problem: Ich habe natürlich verfolgt, dass Robin Benzing zehn Wochen lang verletzt überhaupt keinen Basketball spielen konnte und nur in der Reha war. Dann kehrte er zurück und was ist der nächste logische und richtige Schritt? Wir lassen ihn in der Vorbereitung jedes Spiel 35 Minuten ran, weil wir wollen, dass er fit ist, wenn es bei der EM zählt. So kam es dann auch. Mehr kann ich nicht dazu sagen. Wenn mir jemand in der Vorbereitung sagt, dass ich nicht fit bin und deswegen nicht spielen könne, fällt es mir schwer, das zu akzeptieren. Wenn das Vertrauen vorgeherrscht hätte, dass man mich hundertprozentig braucht, wäre die Vorbereitung doch der perfekte Zeitpunkt gewesen, mich spielen zu lassen.
SPOX: Wie sehen Sie die zukünftige Konkurrenz auf der Point-Guard-Position der Nationalmannschaft? 2011 standen so wenige Spielmacher von Güte zur Verfügung, dass Schwethelm bei der EM auf der Eins aushelfen musste. Nun bieten sich neben Schaffartzik und Ihnen mit NBA-Profi Dennis Schröder oder Frankfurts Aufsteiger Konstantin Klein neue Alternativen an.
Günther: Ich finde es großartig, weil es lange Zeit wirklich bitter war zu verfolgen, dass es auf der Point-Guard-Position den größten Unterschied gab zu den besten Basketball-Nationen. Wir hatten lange Zeit niemanden, der ansatzweise die Qualität eines Milos Teodosic oder Tony Parker mitbrachte. Allerdings: Wenn man sich in Erinnerung ruft, wie Heiko bei der EM auftrat, fällt es einem schwer zu sagen, dass wir bei den Spielmachern ein Problem hätten. Heiko war einer der überragenden Spieler der Vorrunde. Dazu kommt mit Dennis ein Cornerstone der Zukunft, der die nächsten zehn bis zwölf Jahre dabei sein wird. Das erleichtert uns einiges.
Günther verzichtet auf Qualifikation für die EM 2015
SPOX: Fehlt Ihrem Klub Ulm womöglich das Standing, um Sie beim DBB zu stärken?
Günther: Ulm ist nicht mehr zu vergleichen mit dem Verein von früher, als es nur darum ging, in der BBL die Klasse zu halten und zwei, drei deutsche Talente zu pushen. Am Ende war es egal, ob wir uns als Neunter oder 14. in den Urlaub verabschieden. Davon kann keine Rede mehr sein. Wir sind zwar immer noch ein Stück entfernt von den großen Drei, Bayern, Bamberg und Berlin, Oldenburg könnte man noch dazu nehmen. Aber gleich dahinter kommen wir. Wir haben mit Thorsten Leibenath einen deutschen Coach, der den deutschen Jungs Spielzeit gibt, dazu verfügen wir über einen exzellenten Unterbau. Mittlerweile sind wir sehr, sehr attraktiv für alle Talente zwischen 19 und 21, die in die BBL möchten und das große Risiko bei Bayern oder Bamberg vermeiden und gleichzeitig nicht irgendwo ins Niemandsland gehen wollen.
SPOX: Ist Ulm auch für Sie weiter der richtige Verein?
Günther: Ja, klar. Vor allem, wenn wir europäisch spielen. Ich komme andererseits mit 27, 28 Jahren in ein Alter, in dem ich mich generell mit der Frage auseinandersetzen muss: Will ich mich noch einmal richtig herausfordern? Möchte ich noch einmal woanders spielen? Als kleiner Spieler glaube ich nicht, dass ich bis ins biblische Alter spielen werde. Daher werde ich mich alle zwei Jahre mit der grundsätzlichen Entscheidung auseinandersetzen und dann werde ich schauen, was rauskommt.
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