An der Seite von Dirk Nowitzki gewann Rodrigue Beaubois 2011 mit den Dallas Mavericks die Meisterschaft in der NBA. Nach mehrere Verletzungen spielt der 27-Jährige bei Strasbourg IG und nimmt es am Abend in der Turkish Airlines Euroleague mit Bayern München auf (20.30 Uhr im LIVETICKER). Im Exklusiv-Interview erzählt der Guard von seiner Zeit in Dallas, der Fußball-Rivalität mit Nowitzki und seinem ungewöhnlichen Weg in die NBA.
SPOX: Herr Beaubois, was fällt Ihnen zum 27. März 2010 ein?
Rodrigue Beaubois: So einiges. (lacht) Das war der Abend, an dem ich das beste Spiel meiner Karriere hingelegt habe. 40 Punkte gegen Golden State, es war einfach verrückt. Beim Aufwärmen habe ich schon richtig gut getroffen, aber ich dachte nicht, dass ich spielen würde. Zwei Tage Abend zuvor hatte ich weniger als eine Minute Spielzeit bekommen. Dann rief mich Coach Carlisle und ich kam rein, traf einen Wurf, traf zwei Würfe, traf drei Würfe und das fühlte sich richtig gut an. Ich habe einfach weitergeworfen und meine Teamkollegen haben mir immer wieder den Ball gegeben. Ich habe einfach mein Gehirn ausgeschaltet und nur noch gespielt. Am Ende stand ich bei 9 von 11 Dreiern. Das war Wahnsinn.
SPOX: Damals hieß einer Ihrer Gegenspieler Steph Curry, der gegen Sie nichts ausrichten konnte. So geht es heute fast jedem anderen Guard - nur umgekehrt. Wie bewerten Sie seine Entwicklung?
Beaubois: Er spielt momentan einfach phänomenal. ich komme jedes Mal ins Staunen, wenn ich ihn sehe. Letztes Jahr war er schon fantastisch, aber dieses Jahr hat er sich nochmal gesteigert. Ich freue mich sehr für ihn, vor allem, weil er wie ich mit vielen Verletzungen zu kämpfen hatte. Wie er mit dem Ball umgeht - das habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Er kann jeden Wurf nehmen, den er will und hat dabei noch eine großartige Trefferquote. Es muss das Ziel für jeden Spieler sein, so gut zu werden, wie er. Ich wünsche ihm, dass er noch lange dieses Niveau halten kann.
SPOX: Nur wenigen Rookies in der NBA-Geschichte gelang ein 40-Punkte-Spiel, dazu trafen Sie in ihrem ersten Jahr 52 Prozent Ihrer Würfe und 41 Prozent Ihrer Dreier. Wie haben Sie so schnell die Anpassung an das NBA-Niveau geschafft?
Beaubois: Ich habe einfach versucht, mich nicht verrückt machen zu lassen und hart zu spielen. Ein wichtiger Faktor waren aber auch die Veteranen, die ich im Team hatte. Beispielsweise Dirk Nowitzki und Jason Kidd, die mir beide viele Tipps gegeben haben. Sie haben das Spiel kontrolliert und dadurch Druck von mir genommen. Ich hatte Glück, bei solch einem Team sein zu dürfen und mit solchen Spielern zu spielen. Das hat mir natürlich sehr geholfen.
SPOX: Ihr Weg in die NBA war alles andere als klassisch, Sie wurden quasi vor Ihrer Haustür entdeckt. Wie ist das passiert?
Beaubois: Ich nahm vor rund zehn Jahren an einem offenen Basketball Camp von Mickael Pietrus auf meiner Heimatinsel Guadeloupe teil. Da wurde er auf mich aufmerksam und erzählte den Coaches in Frankreich von mir. Vertreter von Cholet Basket kamen zu Besuch, um einige Spieler des Camps zu beobachten, darunter auch mich. Ihnen gefiel mein Stil und sie holten mich nach Cholet, wo ich dann meine ersten vier Jahre spielte.
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SPOX: Was verbinden Sie mit dem Abend des Drafts 2009 und wie haben Sie reagiert, als sie von den Oklahoma City Thunder zu den Mavericks nach Dallas getradet wurden?
spoxBeaubois: Ich war so glücklich. Das war mein Traum. Als ich an 25. Stelle gezogen wurde, konnte ich es kaum glauben. Dann bekam ich die Nachricht vom Trade zu den Mavericks. Ich hatte das Team schon immer gemocht, daher war es sehr cool. Meine Workouts vor dem Draft hatte ich in Dallas gemacht und auch dort gewohnt, daher kannte ich die Stadt schon ein bisschen. Als ich hörte, dass ich dort die nächsten vier Jahre verbringen sollte, war ich echt froh.
SPOX: Das Idol der Stadt war und ist Dirk Nowitzki - momentan spielt er wieder unfassbar gut. Überrascht es Sie, dass er mit 37 Jahren noch das Zeug dazu hat?
Beaubois: Kein bisschen. Ich habe vier Jahre mit ihm zusammengespielt und Dirk ist einfach unglaublich. Jedes Mal wenn er wieder einen raushaut, bin ich schon gar nicht mehr überrascht, weil ich das so oft von ihm gesehen habe. Schon damals hat er mich inspiriert und er ist einer der besten Spieler, die es jemals gab. Ich würde mich freuen, ihn noch zwei Jahre auf dem Court zu sehen.
SPOX: Gibt es etwas außerhalb des Platzes, das Sie beide verbunden hat oder ein besonderes Ereignis, das ihnen in Erinnerung geblieben ist?
Beaubois: Wir sind beide große Fußball-Fans und haben ständig über die Champions League geredet - vor allem, wenn Bayern München gespielt hat. Ich bin eigentlich Fan vom AC Milan, aber die haben es seit einigen Jahren ja ziemlich schwer. Dirk und ich waren Gegner - und zwar immer wenn Deutschland gegen Frankreich gespielt hat. (lacht) Da haben wir viele Späße gemacht. Er ist echt ein großartiger Typ und ich bin froh, ihn kennengelernt zu haben. Leider haben wir nie richtig gegeneinander Fußball gespielt, nur manchmal ein paar Pässe hin und her. Er hat mich einmal zu einem Benefizspiel in Deutschland eingeladen, aber ich war verletzt.
SPOX: Verletzungen hatten Sie leider einige während Ihrer Zeit bei den Mavericks - angefangen von einer Jones-Fraktur bis hin zu einem komplizierten Handbruch. Wie haben Sie es geschafft, trotzdem positiv zu bleiben und immer wieder zurückzukommen?
Beaubois: Ja, das stimmt. Ich wurde wirklich oft von Verletzungen geplagt damals. Es war nicht leicht, weil ich Rollenspieler war und mich natürlich beweisen wollte. Und immer wieder kamen Rückschläge dazwischen. Niemand will an der Seitenlinie sitzen, wenn er auf dem Court stehen kann. Daher habe ich immer versucht, meine Energie gar nicht erst zurückzufahren, sondern genau so intensiv am Comeback gearbeitet wie ich es auf dem Court beim Spiel getan hätte. Leider habe ich durch die Fußverletzung auch ein kleines bisschen Speed eingebüßt, eine meiner größten Waffen. Das hat es natürlich nicht einfacher gemacht.
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SPOX: In der Saison 2011 bestritten Sie 53 Spiele für die Mavs, verpassten aber die Playoffs wegen einer Knöchelverletzung und konnten ihren Teamkollegen nicht helfen, den Titel zu gewinnen. Wie sehr hat es geschmerzt, auf dem Weg zur Meisterschaft an der Seitenlinie zu sitzen?
Beaubois: Das war enorm schwer. Meine Verletzung war leider wirklich schlimm und ich musste operiert werden, aber es war trotzdem eine tolle Erfahrung. Es war der erste Titel für Dallas, darauf hatten die Stadt und die Franchise ewig gewartet. Ein Teil davon zu sein, war wundervoll. Und es war auch der lang ersehnte Titel für Dirk Nowitzki und Jason Kidd, daher hat er noch mehr Bedeutung. Ich hätte mir natürlich gewünscht, in den Playoffs dabei zu sein. Aber ich habe mich genauso gefreut, wie der Rest des Teams und ich werde diese Zeit nie vergessen.
SPOX: Rick Carlisle hat gerade einen neuen Fünfjahresvertrag in Dallas bekommen. Was für ein Typ ist er?
Beaubois: Er ist ein toller Mensch und ein richtig guter Coach. Als ich später ein Basketball Camp auf Guadeloupe organisiert habe, fragte ich ihn, ob er nicht als Coach teilnehmen wollte und er sagte sofort ja. Er arbeitet hart für seinen Erfolg und auch er hatte die Meisterschaft wirklich verdient. Wir haben ihm immer vertraut und ich freue mich für ihn, dass es immer noch so ist. Über fünf weitere Jahre in Dallas wird er sich sehr freuen, weil ich weiß, dass er für die Mavericks lebt. Hoffentlich ist er dort noch lange erfolgreich.
SPOX: Warum haben Sie die Mavericks 2014 verlassen?
Beaubois: Am Anfang des letzten Jahres in meinem Rookie-Vertrag habe ich mich leider wieder verletzt und mir die Hand gebrochen. Leider gab es Komplikationen und ich musste erneut operiert werden. Das war echt schlechtes Timing. Als ich dann Ende Februar endlich wieder fit war, konnte ich mich nicht in die Rotation zurückspielen und im Sommer wäre ich Free Agent gewesen. Nach der Verletzung machte ich mir da keine großen Hoffnungen. Ich wäre gerne in Dallas geblieben, aber es läuft leider nicht immer so, wie man sich es wünscht.
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SPOX: Sie wechselten nach Belgien und spielten in Charleroi die Saison zu Ende, im Sommer ging es dann weiter nach Frankreich zu Le Mans. Hätten Sie nach den Jahren in der NBA nicht auch bei einem europäischen Top-Team anheuern können?
Beaubois: Ehrlich gesagt nein. Ich hatte fast ein Jahr nicht gespielt und als ich die Verletzung hinter mir hatte, war ich außer Form und hatte mein Selbstbewusstsein verloren. Für die letzten Saisonspiele hätte ich einem Top-Team nicht helfen können. Stattdessen habe ich mich für Belgien entschieden, weil dort im Vergleich noch die meisten Spiele zu absolvieren waren. Das habe ich gesucht, um meinen Rhythmus wiederzufinden. Dann folgte der nächste Schritt nach Frankreich. Das war alles, was möglich war.
SPOX: Nun spielen Sie in Strasbourg und sind einer der besten Scorer in der französischen Liga. Denken Sie manchmal darüber nach, es noch einmal in der NBA zu versuchen oder jetzt zu einem Team wie Real Madrid oder Fenerbahce zu wechseln?
Beaubois: Im Moment bin ich immer noch dabei, mein altes Spiel wiederzufinden, aber ich merke, wie es langsam zurückkommt. Ich bin wieder in besserer körperlicher Verfassung und wir werden sehen, was im Sommer passiert. Ich habe in Strasbourg einen Einjahresvertrag. Es gab auch Interesse aus der NBA. Ein Team wollte mich zum Probetraining sehen, aber es war nicht sehr konkret. Mal sehen, was in der Zukunft passiert.
SPOX: Derzeit geht es für Sie mit Strasbourg in der Turkish Airlines Euroleague um den Einzug ins Top 16, die Situation in der Gruppe A ist aber richtig verzwickt. Fünf Teams fighten hinter Fenerbahce um die drei verbliebenen Plätze. Was ist für Strasbourg in diesem Kampf wichtig?
Beaubois: Jedes Spiel ist für uns quasi wie ein Finale. Wie können aber nicht auf die Qualifikation schauen, sondern müssen uns auf das Spiel am Freitag konzentrieren. Es wird schwer genug, gegen Bayern München zu gewinnen. Aber wir werden uns bestmöglich vorbereiten, damit wir den Sieg holen können.
SPOX: Was wissen Sie über Bayern und auf welche Dinge legen Sie in der Vorbereitung auf das Spiel den größten Wert?
Beaubois: Bayern ist derzeit gut drauf und spielt richtig starke Defense. Das haben wir im Hinspiel in München am eigenen Leib erfahren. Da geben sie vollen Einsatz. Wir müssen unser Ball Movement verbessern, sonst können wir sie nicht knacken. Sie haben einige Spieler, die auch offensiv großen Schaden anrichten können, aber was sie so besonderes macht, ist das Team. Sie spielen wirklich sehr gut zusammen. Das wird ein harter Kampf.
SPOX: Gegen welchen Guard-Typ spielen sie lieber - einen schnellen, scorenden Point Guard wie Alex Renfroe oder einen Old-School-Ballverteiler?
Beaubois: (lacht) Schwierige Frage. Beide Spielertypen haben ihren Einfluss auf das Spiel, wenn auch auf andere Weise. Man muss dagegen natürlich unterschiedlich verteidigen, aber ich habe da eigentlich keine Präferenz. Die Devise ist einfach - egal, ob er nun scoren oder passen möchte: Verhindere, dass er zur Entfaltung kommt.
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