Obwohl er zu den besten Big Men Deutschlands gehört, wurde Tim Ohlbrecht vor der EM-Qualifikation vom DBB aussortiert. Ein Vorgehen, das für große Verwunderung sorgte. Jetzt meldet sich der 26-Jährige, der aus der D-League nach Ulm wechselt, erstmals zu Wort und widerspricht den Verantwortlichen energisch. Der Ex-NBA-Profi über seine Angst, dass sein Ruf vom Verband zerstört wird.
SPOX: Ihr turbulenter Sommer 2014 im Schnelldurchlauf: Mit Fort Wayne Mad Ants die Meisterschaft in der NBA-Farmliga "D-League" gewonnen, mit den Detroit Pistons an der Summer League teilgenommen, zum DBB-Team eingeladen und wenige Tage später wieder aussortiert worden, zwei Wochen darauf den Wechsel zu ratiopharm Ulm bekanntgegeben. Haben wir etwas vergessen?
Tim Ohlbrecht: Sehr wichtig für mich war das persönliche Trainingslager mit DJ Jones. Er ist in den USA bekannt als der "Shot Doctor", der unter anderem mit Jeremy Lin an seinem Wurf gearbeitet hat. Nach dem D-League-Titel blieb ich den Mai über in meiner Basis in San Antonio, wo die Eltern meiner Ehefrau leben. Weil Jones ebenfalls aus der Stadt kommt, bot sich die Zusammenarbeit an. Nachdem mir in den vergangenen drei Jahren gesagt wurde, unter dem Korb stehen zu bleiben, rückte mein Schuss etwas in den Hintergrund, obwohl ich immer über einen guten Wurf verfügt habe. Und diese Sicherheit beim Wurf wollte ich mir zurückholen. Vor allem im europäischen Spiel ist es wichtig, dass die Großen von außen treffen. Genauso habe ich mir zu Herzen genommen, an meinem Ballhandling zu arbeiten, um noch flexibler zu sein. Jetzt habe ich so viel Selbstvertrauen, dass ich mir zutraue, von der Dreierlinie abzudrücken und den Ball nicht nur im Post länger zu halten.
SPOX: Wie sieht so ein persönliches Trainingslager eines Basketball-Profis aus?
Ohlbrecht: Wir haben uns zweimal die Woche mit ein paar anderen Profis für Pickup-Games getroffen, Fünf-gegen-Fünf oder Vier-gegen-Vier. So konnte ich die trainierten Elemente im Spiel üben. Ansonsten war an jedem Tag Einzeltraining mit DJ angesetzt. Wir sind dabei wirklich ins Detail gegangen und haben jeden Bewegungsabschnitt des Wurfs analysiert und daran gearbeitet. Manchmal wollte er mich testen und hat mich um 22 Uhr angerufen und mir gesagt, dass er mich vier Stunden später um 2 Uhr nachts in der Halle für eine Session erwartet. Ich fand das beim ersten Mal seltsam, aber mir wurde schnell klar, dass er sehen wollte, ob ich irgendeine Ausrede finde und absage. Er hat keine Mühen gescheut, mich zu fördern. Das schätze ich sehr.
SPOX: Wollten Sie Ihren Wurf deshalb verbessern, weil Sie schon im Mai wussten, dass Sie wieder nach Europa zurückkehren wollen?
Ohlbrecht: Nein, im Mai hatte ich gehofft, noch bei einem NBA-Klub unterzukommen. Doch es war klar, dass eine weitere Saison in der D-League nicht in Frage kommt, daher war Europa immer ein guter Plan B.
SPOX: Sie versuchten es bei den Detroit Pistons.
Ohlbrecht: Als die Pistons mich für die Summer League eingeladen haben, fragte ich direkt, ob ich davor nach Detroit kommen könnte, um vor den Coaches zu trainieren, damit sie mich besser kennenlernen. Die Pistons nahmen es gerne an und ich war keine 24 Stunden später in Detroit und machte mit dem Leading Assistant Coach Bob Beyer, der der Cheftrainer des Summer-League-Teams ist, individuelle Workouts. Später bin ich mit dem gesamten Pistons-Tross nach Orlando und nach Las Vegas geflogen, um an der Summer-League-Turnieren teilzunehmen.
SPOX: Woran scheiterte der NBA-Vertrag? Einerseits lesen sich die Statistiken in der Summer League mit 4,8 Punkten und 4,0 Rebounds nicht berauschend, andererseits attestierten Ihnen Beobachter ordentliche Leistungen.
Ohlbrecht: Insgesamt war es positiv. Wer in Deutschland nur auf die Boxscores achtet, sagt natürlich, dass der Ohlbrecht nichts gerissen hätte. Dabei ging es um etwas anderes: Coach Beyer wollte explizit, dass das Punkten nicht im Mittelpunkt steht. Vielmehr wollte er sehen, dass ich gut verteidige, gut rebounde und die offenen Würfe reinmache. Es geht darum, sich als Rollenspieler für die NBA anzubieten. Dafür bekam ich Lob. Und nicht nur deswegen hat sich die Summer League gelohnt: Es machte mit der Truppe viel Spaß und wenn ein Veteran wie Brian Cook mit der Erfahrung von neun NBA-Jahren seine Stories erzählt, lernt man viel über das Business.
SPOX: Warum haben Sie früh in Ulm unterschrieben, statt etwas länger auf einen Anruf eines NBA-Teams zu warten?
Ohlbrecht: Das war natürlich eine Option. Das Problem: In diesem Sommer ist extrem viel passiert mit den Blockbuster-Wechseln, so dass selbst jetzt noch täglich neue Verträge abgeschlossen und andere Verträge aufgelöst werden. Es gibt immer noch NBA-Teams mit offenen Roster-Plätzen. Ich wollte trotzdem nicht bis Oktober warten in der Hoffnung, dass es vielleicht noch irgendwo klappt. Ich hatte es im vergangenen Jahr, als ich am letzten Tag von Philadelphia gecuttet wurde. Das wollte ich nicht mehr. Selbst die Aussicht auf die NBA war es mir nicht wert. Ich habe mir ein klares Ziel gesetzt: Ich möchte ein Team finden, das mich wirklich will und sich mit mir eine Zukunft vorstellen kann. Ich bin 26 Jahre alt geworden und ich lege Wert auf ein stabiles Umfeld und einen garantierten Vertrag. In der NBA hätte ich immer die Angst: "Mist, ich muss nur einen schlechten Tag erwischen und ich fliege raus."
SPOX: Sie wurden in der D-League zweimal Meister, mussten jedoch auf einiges verzichten. Das Maximalgehalt zum Beispiel liegt bei 25.500 Dollar pro Saison. Wie blicken Sie auf die beiden Jahre zurück?
Ohlbrecht: Es kam nie der Gedanke auf, dass es ein Fehler sein könnte. Ich bin vor allem als Mensch gewachsen. Ich weiß nicht, ob man solche Erfahrungen machen muss, aber ich bin froh, dass ich sie gemacht habe. Es ist ein komplett anderer Kontinent, alles wird auf null gestellt. Von seinem D-League-Team bekommt man zwar eine kleine Wohnung gestellt, wenn man verheiratet ist, nur mein Apartment in Fort Wayne lag nicht in der besten Gegend der Stadt, so dass ich meine Frau gebeten habe, nicht mitzukommen. Davon abgesehen kümmert man sich um alles selbst. Bei Auswärtsfahrten übernachtet man in einem 2-Sterne-Hotel und man zahlt jeden Tag aus dem Ersparten drauf, weil die 40 Dollar Tagesspesen für alle Ausgaben nie reichen. Wer es in der D-League schaffen will, muss eine sehr hohe Toleranzgrenze mitbringen. Dennoch möchte ich die beiden Jahre nicht missen. Nur so habe ich es in die NBA geschafft, auch wenn die Zeit sehr kurz war.
Seite 1: Ohlbrecht über seinen turbulenten Sommer 2014 und den "Shot Doctor"
Seite 2: Ohlbrecht über seine Aussortierung beim DBB und Bundestrainer Mutapcic
Seite 3: Ohlbrecht über die deutsche Basketball-Kultur und seinen NBA-Traum
SPOX: Was erwartet Sie in Ulm?
Ohlbrecht: Das Wichtigste: Die Situation in Ulm ist stabil, daher hoffe ich, frei aufzuspielen. Die letzten drei Jahre, es ging ja schon in Frankfurt mit dem 4-Monate-Vertrag los, standen ein bisschen unter dem Motto: Ich lasse mich vom Fluss treiben und ich schaue mal, was passiert. Jetzt reicht es und ich möchte es meiner Frau und mir nicht mehr antun, alle vier Monate umzuziehen. Daher sagte ich mir, dass ich etwas mache, bei dem wir ein Jahr lang Gewissheit haben. Die zwei entscheidenden Fragen: Wo fühle ich mich wohl? Und wo gibt es die wenigsten Probleme?
SPOX: Und das ist Ulm? Wo immer Sie in der BBL spielen, werden Sie vom deutschen Basketball-Publikum besonders kritisch beäugt werden.
Ohlbrecht: Die Kritiker hängen an meinem Hintern, seit ich 18, 19 Jahre alt bin. Ich habe gelernt, dass sie nicht entscheiden dürfen, was ich mache. Wenn ich nur darauf achte, wem ich was beweisen will, werde ich nie das Richtige tun. Es ging nur um die beste Entscheidung für mich und meine Familie. Und da war die Wahl leicht. Spanien oder Griechenland wären schon wieder ein Abenteuer gewesen, in Deutschland hingegen sind mir alle BBL-Klubs vertraut, so dass ich weiß, wo es passt. Ich verfolge Ulm seit Jahren und ich fand den Verein immer überragend. Nicht nur, weil ich Per Günther und Philipp Schwethelm seit meiner Kindheit kenne. In Ulm steht das Familiäre im Vordergrund. Und die Spieler werden in der Öffentlichkeit positiv dargestellt und geschützt.
SPOX: Anders als vom DBB? Dass Sie aus dem Kader für die EM-Qualifikation aussortiert wurden, kam überraschend und sorgte für Gerüchte, dass es zu einer Verwerfung kam.
Ohlbrecht: Es fängt damit an, dass sich zu meiner D-League-Zeit nur einmal ein DBB-Vertreter blicken ließ: der damalige Bundestrainer Franz Menz, kurz bevor ich von den Houston Rockets gesignt wurde. Ansonsten kam, telefonisch oder vor Ort, nicht viel.
SPOX: Immerhin reiste DBB-Sportdirektor Peter Radegast zur Summer League in Las Vegas an, um mit den Kandidaten zu sprechen.
Ohlbrecht: Das lief ein bisschen symptomatisch: Peter hat in Vegas für die deutschen Spieler ein Essen organsiert - und sich gewundert, dass ich nicht anwesend war. Dabei war die Erklärung einfach: Er hat leider nicht in den Zeitplan geschaut und eine Uhrzeit ausgesucht, zu der ich parallel ein Spiel hatte.
SPOX: Sie trafen sich noch mit Radegast?
Ohlbrecht: Wir haben ganz offen geredet. Ich erklärte ihm, dass ich letztes Jahr nicht an der EM teilnehmen konnte, weil die Aussicht gut war, in Philadelphia einen Vertrag zu bekommen. Und dass jeder in meiner Situation so entschieden hätte. Dass ich es jedoch weiterhin liebe, für Deutschland zu spielen, und nur an der Summer League teilnehmen möchte, um die letzte kleine Chance auf die NBA wahrzunehmen. Damals hat er es verstanden und mich zur Sicherheit noch einmal gefragt, ob ich wirklich in der Nationalmannschaft spielen möchte. Ich antwortete: "Natürlich! Ich will für mein Land kämpfen und dabei helfen, uns für die EM zu qualifizieren. Aber Peter, eine Bitte: Ich möchte nicht, dass ich in der Vorbereitung zur Mannschaft stoße und sofort aussortiert werde, weil ich nicht von Anfang an bei den Trainingslehrgängen dabei war. So einen Einlauf will ich nicht." Peter versicherte mir, dass das nicht passieren würde: "Wir wissen, was wir an dir haben."
SPOX: Und es geschah genau das Befürchtete...
Ohlbrecht: Nach meinem Flug aus den USA fuhr ich sofort nach Rotenburg an der Fulda zum Teamhotel, nahm am gleichen Tag am Training teil und gab trotz des Jetlags in den Beinen alles. Viele Mitspieler haben bestätigt, dass ich gut mitgemacht habe und sie nicht verstehen würden, wenn ich gecuttet werde. Am dritten Tag wusste ich, dass etwas im Busch ist, als beim Team-Mittagessen plötzlich ein paar Namen laut ausgerufen wurden und es hieß: "Kommt mal mit uns." Das waren die Aussortierten. Ich ging also mit und hatte das Gespräch mit dem Bundestrainer und den beiden Assistenten. Muki Mutapcic fing gleich an und versuchte, alles zu begründen. Ich hätte nur die NBA im Kopf und wäre nicht loyal zu meinem Land. Und im Gegensatz zu den anderen Summer-League-Teilnehmern sei es in den letzten beiden Jahren nicht möglich gewesen, mich in der BBL zu beobachten. Ich entgegnete, dass jedes D-League-Spiel bei Youtube zu sehen ist und jemand persönlich in die USA hätte kommen können. Ich ahnte, dass das Argumentieren ohnehin nichts bringt, habe viel Glück gewünscht und bin gegangen.
SPOX: Was ging in Ihrem Kopf vor?
Ohlbrecht: Ich dachte an einen schlechten Witz. Ich fliege extra aus den USA ein, bekomme nicht einmal in einem Testspiel eine Chance und werde nach drei Tagen rausgeschmissen?
SPOX: Suchten Sie den Kontakt mit Radegast?
Ohlbrecht: Ich fand es schade, dass Peter und der Vorstand sich ein bisschen versteckt hatten. Ich bin zu ihnen gegangen und habe Peter direkt gefragt, dass genau das passiert ist, was nicht hätte passieren dürfen, und ich jetzt vor allen bloßgestellt bin. Er und Vize-Präsident Armin Andres antworteten, dass ich es verstehen müsste, weil ich ein Jahr nicht dabei war und ich mehr Kontakt pflegen muss mit dem DBB.
SPOX: Genauso erklärte Bundestrainer Mutapcic die Entscheidung bei "Sport1": "Den habe ich 15 Mal angerufen und er hat nicht geantwortet."
Ohlbrecht: Irgendwann fragte mich mein Berater, ob Muki mich erreicht hätte. Bis dahin hatte es mit einem Gespräch nicht geklappt. Ich habe es dann dreimal bei ihm versucht. Er nahm jedoch nie ab, wahrscheinlich, weil er mit den Bayern mitten in den Playoffs und den Finals war. Ich schrieb daraufhin eine lange SMS von wegen: "Es tut mir leid, dass ich nicht zurückrufen konnte. Jetzt bin ich erreichbar und gehe immer ran, wenn du anrufst." Danach kam nichts mehr.
SPOX: Wie kommt die Zahl 15 zustande?
Ohlbrecht: Ganz ehrlich: keine Ahnung. Es ist bitter zu hören, dass hier so unnötig nachgetreten wird. Das Ding war schon durch, in dem ich aussortiert wurde. Mit dieser Aussage denken erst recht alle, dass mehr dahintersteckt und mit Ohlbrecht was nicht stimmt.
Seite 1: Ohlbrecht über seinen turbulenten Sommer 2014 und den "Shot Doctor"
Seite 2: Ohlbrecht über seine Aussortierung beim DBB und Bundestrainer Mutapcic
Seite 3: Ohlbrecht über die deutsche Basketball-Kultur und seinen NBA-Traum
SPOX: Sollte es so gewesen sein: War es eine Verkettung unglücklicher Umstände - oder eine gezielte Demontage des DBB von Ihnen?
Ohlbrecht: Ich frage mich immer noch, warum sie mich einfliegen lassen, nur um mich wieder auszusortieren. Ich verstehe es nicht, warum der DBB mich wieder in diese Schublade geschoben und mich ins schlechte Licht gerückt hat. Ich wollte mit dem Wechsel nach Ulm endlich wieder in Deutschland Fuß fassen und etwas Neues beginnen, aber jetzt denken wieder viele, dass ich schlecht bin. Ich muss mich für Dinge rechtfertigen, die ich nicht verursacht habe und nicht beeinflussen kann. Das kann ich nur so erklären, dass der Verband nach den ganzen Summer-League-Ausflügen eingeschnappt war und die Oberen ein Statement setzen wollten an alle Nationalspieler: "Euch droht das gleiche Schicksal wie Ohlbrecht."
SPOX: Und es geschah wirklich nichts, was Ihnen vorzuwerfen wäre? Sie kamen nicht ein paar Tage später als verabredet oder dergleichen?
Ohlbrecht: Die Termine waren alle abgesprochen. Der Flug aus den USA wurde sogar vom DBB bezahlt und ich trainierte wie besprochen am selben Tag mit, damit wir keine Zeit verlieren. Ich ließ mir nichts zu Schulden kommen.
SPOX: In der Summer-League-Debatte meldete sich Ihr zukünftiger Teamkollege Per Günther mit erfrischender Ehrlichkeit zu Wort und sagte, dass er den Schritt voll verstehen könnte, es in den USA zu versuchen und erst verspätet beim DBB einzusteigen. Wie empfanden Sie seine Stellungnahme?
Ohlbrecht: Ich hatte mit Per lange über das Thema gesprochen. Wir haben die gleiche Sichtweise und ich finde es cool, dass er seine Meinung öffentlich gemacht hat. Ganz unabhängig von mir: Ich kann es nur befürworten, wenn so viele deutsche Spieler anders als in den Jahren davor die Gelegenheit erhalten, an der Summer League teilzunehmen, und NBA-Scouts Interesse zeigen. Das kann nur gut für den deutschen Basketball sein, wenn die Miami Heat zu Danilo Barthel sagen, dass sie ihn gut finden und ihn ihm Blick behalten. Der DBB muss verstehen, dass das nur positiv ist und nicht negativ. Es ist eine Frage der Perspektive!
SPOX: Steht diese Summer-League-Debatte für eine gewisse Basketball-Kultur in Deutschland? Dirk Nowitzki erzählt im SPOX-Interview, dass selbst er zu Beginn seiner Karriere verspottet wurde wegen seines Traums, in die NBA zu gehen.
Ohlbrecht: Ich will Deutschland nicht schlecht reden, ich liebe meine Heimat, wobei es irgendwie typisch ist. Wenn hierzulande jemand hart arbeitet, erfolgreich ist, Geld verdient und sich einen Porsche leistet, ist er gleich ein Prolet. Und wenn sich jemand traut, seinen eigenen Weg zu gehen, um sich den Traum zu verwirklichen, wird er belächelt. In den USA werden solche Menschen eher respektiert. Wenn man in Deutschland offen sagt, dass man es in die NBA schaffen will, und man dafür jede Entbehrung in Kauf nimmt, heißt es häufig: "Übertreibe mal nicht, du bist Deutscher und du schafft es sowieso nicht in die NBA." Förderlicher wäre die Reaktion: "Cool, da traut sich einer, aus seiner Wohlfühlzone rauszugehen und etwas Neues zu versuchen."
SPOX: Selbst bei Hawks-Point-Guard Dennis Schröder, dem neuen Hoffnungsträger, gab es aus dem DBB zahlreiche skeptische Stimmen.
Ohlbrecht: Ich kenne nicht die Details.Der Verband und alle in Deutschland sollten jetzt glücklich sein, ihn zu haben, um Sponsoren zu finden und die Aufmerksamkeit auf den Basketball zu lenken.
SPOX: Nach den Vorkommnissen im diesem Sommer: Denken Sie an einen Rücktritt aus der Nationalmannschaft?
Ohlbrecht: Ich bin immer noch gekränkt, doch da muss ich drüberstehen. Wie gesagt: Ich möchte nicht den DBB für alles verantwortlich machen. Die Sache ist nur: Ich muss mich ebenfalls zu Wort melden, damit die Öffentlichkeit beide Seiten kennt. Der DBB hatte seine Gründe für die Kaderzusammenstellung, er qualifizierte sich für die EM und er machte damit in den eigenen Augen alles richtig. Das ist das gute Recht, so zu denken. Jetzt lassen wir alles sacken und nächstes Jahr können wir uns gerne zusammensetzen und alles besprechen. Dann gibt es keinen Grund, nicht mehr zusammenzukommen.
SPOX: Zumal Sie auf der Center-Position eine gute Ergänzung wären neben Tibor Pleiß und Maik Zirbes.
Ohlbrecht: Deswegen freue ich mich auf die Saison in Ulm. Der Klub hatte eine Lücke auf der Center-Position und ich kann die Rolle so ausfüllen, dass ich auch mal von der Dreierlinie abdrücken darf, so wie früher John Bryant. Daher kann ich es mir vorstellen, dass ich mich gut mit Tibor und Maik ergänze. Die Voraussetzungen in Ulm sind perfekt - und jetzt liegt es an mir zu zeigen, dass ich wirklich in die Nationalmannschaft gehöre.
SPOX: Was ist mit der Rückkehr in die NBA?
Ohlbrecht: Einen Lebenstraum legt man nicht einfach so ab. Allerdings denke ich mittlerweile anders. Wenn in dieser Saison alles super läuft und Ulm sagt: "Hör' mal, willst du nicht vorzeitig verlängern?", würde ich antworten: "Warum denn nicht?" Ich finde, dass man nicht alles bis zum Letzten ausreizen und nicht alle Optionen offen halten muss. Ich könnte jedes Jahr auf die NBA hoffen, hoffen und hoffen. Ich setze heute andere Prioritäten: Wenn in Ulm alles passt und wir uns weiter wohlfühlen, möchten wir bleiben. Ein Sommer ohne Unsicherheiten ist ein Gedanke, den ich schön finde.
Seite 1: Ohlbrecht über seinen turbulenten Sommer 2014 und den "Shot Doctor"
Seite 2: Ohlbrecht über seine Aussortierung beim DBB und Bundestrainer Mutapcic
Seite 3: Ohlbrecht über die deutsche Basketball-Kultur und seinen NBA-Traum
Alles zur neuen BBL-Saison