SPOX: Herr Heatley, wir machen uns ein wenig Sorgen um Ihre Mutter. Sie dürfte innerhalb Ihrer Familie nicht viel zu sagen haben...
Dany Heatley: Da haben Sie leider recht. (lacht) Für sie ist es mit drei Eishockey-Spielern zuhause manchmal nicht leicht.
SPOX: Sie sprechen es bereits an, sie sind eine eishockeyverrückte Familie. Ihr Vater war bereits Profi, Ihr Bruder ist Profi und Sie ebenfalls. Eine andere Option als Eishockey-Spieler dürften Sie nicht ernsthaft in Erwägung gezogen haben, oder?
Heatley: In der Tat war mein Leben seit meiner Geburt durch das Eishockey geprägt. Mein Vater hat mich und meinen Bruder schon auf Schlittschuhe gestellt, als wir drei oder vier Jahre alt waren. Mein ganzes Leben dreht sich seither um diesen Sport.
SPOX: Dabei sind Sie eigentlich in Deutschland geboren, wo der Fußball doch naheliegender wäre als das Eishockey.
Heatley: Vermutlich, ja. Ernsthafte Gedanken an einen anderen Sport habe ich aber nie verschwendet. Auch weil mein Vater beim ERC Freiburg Eishockey spielte. Außerdem war ich noch sehr jung und wir sind relativ bald nach Kanada, das Heimatland meines Vaters, umgezogen.
SPOX: Wie ging es für Sie dort weiter?
Heatley: In Kanada bedeutet Eishockey ungefähr das, was der Fußball für Deutschland bedeutet. Du gehst mit deinen Freunden raus und spielst Eishockey, tagtäglich. Dort ist das Spiel alles. In Calgary bin ich sehr schnell in den Juniorenteams gelandet und von da an ging es stetig bergauf.
SPOX: Nicht umsonst ist Kanada die größte Eishockeynation der Welt, was aber auch bedeutet, dass es sehr viel Konkurrenz gibt. Wie setzt man sich schon in jungen Jahren gegen so viele Konkurrenten durch?
Heatley: Das Wichtigste ist, so oft auf dem Eis zu stehen wie möglich. Klar gibt es Spieler, die einfach besser sind als andere Spieler. Aber wenn du das Spiel liebst und jede Minute damit verbringen willst, hast du eine Chance. Das heißt natürlich auch: Trainieren, trainieren, trainieren. Ich bin zwar auch etwas älter geworden, aber ich trainiere immer noch gerne.
SPOX: Das hat sich für Sie wahrlich ausgezahlt, Sie haben sich selbst in der Nationalmannschaft unsterblich gemacht. An Ihre 20 Scorerpunkte bei der Weltmeisterschaft 2008 ist noch niemand vor und nach Ihnen in Ihrem Heimatland herangekommen.
Heatley: Das macht mich wirklich unglaublich stolz. Allein für Kanada spielen zu dürfen, ist schon ein großes Glück. Es gibt nun mal keine größere Eishockeynation, da macht jede WM Spaß. Und dadurch, dass jedes Jahr eine Weltmeisterschaft stattfindet, habe ich gleichzeitig auch einiges von der Welt sehen können.
SPOX: Dennoch dürfte der Sieg bei den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver alles andere in den Schatten gestellt haben.
Heatley: Das war das Highlight meiner Karriere, definitiv. Ich werde nie vergessen, wie Sidney Crosby Ryan Miller die Scheibe durch die Beine ins Tor schob. Wir hatten das Spiel ja erst kurz vor dem Ende ausgeglichen. Wir waren in der Verlängerung ein bisschen nervös, aber dann umso erleichterter, als er endlich das Siegtor erzielte.
SPOX: Das ganze Land glich anschließend einer einzigen Partymeile. Haben Sie die Party Ihres Lebens gefeiert?
Heatley: (lacht) Das kann ich nicht leugnen. Aber das kann ich hier leider nicht weiter ausführen. Ich kann nur so viel sagen: Wir hatten wirklich eine ganz besondere Zeit, insbesondere dadurch, dass durch die Spiele im eigenen Land auch unsere Familien und Freunde hautnah mit dabei waren. Wer darf so etwas schon erleben?
SPOX: Es hätte für Sie aber auch ganze anders kommen können. Schließlich haben Sie einen deutschen Pass und hätten so auch für die deutsche Nationalmannschaft spielen dürfen. Gab es jemals eine Anfrage vom DEB?
Heatley: Das ist schon so lange her, dass ich mich an eine Anfrage des DEB ehrlich gesagt gar nicht mehr erinnern kann. Wenn du die Chance hast für Kanada Eishockey zu spielen, dann kannst du das so und so nicht ablehnen. Und für mich war von Anfang an klar, dass ich für Kanada spielen will. Meine Familie und ich zogen so früh dorthin, dass ich mich sehr schnell als Kanadier fühlte.
SPOX: Hatten Sie nach dem Umzug dennoch noch Kontakt in Ihr Geburtsland?
Heatley: Ja, der Kontakt ist nie abgerissen. Ich habe zum Beispiel eine Oma, die in Berlin lebt. Außerdem haben wir viele alte Freunde hier, die wir oft besucht haben und die bei uns in Kanada Urlaub gemacht haben.
SPOX: Die deutsche Sprache haben Sie über die Jahre ebenfalls nicht verlernt.
Heatley: Das habe ich vor allem meiner deutschen Mutter zu verdanken. Wir haben nach dem Umzug weiterhin ein bisschen Deutsch gesprochen, vor allem als mein Bruder und ich noch jünger waren. Das wurde aber schnell durch das Englische ersetzt.
SPOX: Nun sind Sie wieder zurück in Deutschland. Wie groß ist der Unterschied zwischen Ihrem Leben hier und in Nordamerika?
Heatley: Der erste Monat in Deutschland war zugegebenermaßen wie ein Trainingscamp für mich. Ich kam ja erst im September hier her und musste meine neue Umgebung von Grund auf neu kennenlernen. Wo kann ich einkaufen gehen? Wie fahre ich richtig Auto? Aber mittlerweile ist alles gut und Nürnberg ist eine schöne Stadt. Und es gibt sehr viele Feste. Oktoberfest, Altstadtfest, Weihnachtsmärkte. Langweilig ist es also nie. (lacht)
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