"Keine Ausreden mehr für Schumacher"

Alexander Mey
23. März 201117:48
Michael Schumacher tritt im zweiten Jahr im Teamduell bei Mercedes gegen Nico Rosberg anxpb
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Wie immer gilt auch 2011 wieder die alte Formel-1-Binsenweisheit: Zuerst muss jeder Fahrer seinen Teamkollegen schlagen. Für einige Pflicht, für einige aussichtslos - oft aber auch ein knallharter Zweikampf. SPOX stellt zusammen mit F-1-Experte Marc Surer die Teamkollegen aller zwölf Teams gegenüber.

SPOX

Sebastian Vettel: 62 Rennen, 10 Siege, 15 Poles, 1 WM-Titel

Für den Last-Minute-Champion von 2010 zählt nur die Titelverteidigung. Der jüngste Weltmeister aller Zeiten ist er schon. Jetzt kann er daran gehen, weitere Rekorde zu jagen. Der größte Druck ist weg, das sollte ihm noch mehr Rückenwind verleihen.

Mark Webber: 157 Rennen, 6 Siege, 6 Poles

Eine undankbare Aufgabe für einen Mann, der 2010 selbst schon fast wie der Weltmeister aussah, bevor ihm in den letzten Rennen die Puste ausging. Angeblich hat er sein Motivationsloch nach dem verpassten Titel überwunden. Dennoch wird er es gegen den lockeren Vettel unglaublich schwer haben. Er braucht unbedingt einen guten Saisonstart.

Surers Einschätzung: "Eine ganze schwierige Situation für Webber. Vettel geht die Sache sehr entspannt an, das ist sein großer Vorteil. Die Verkrampfung, die man im vergangenen Jahr bei ihm ab und zu noch gesehen hat, ist weg. Er ist jetzt Weltmeister, er muss niemandem mehr etwas beweisen. Das macht ihn noch besser."

SPOX-Prognose: Vorteil Vettel

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Lewis Hamilton: 71 Rennen, 14 Siege, 18 Poles, 1 WM-Titel

Die große Frage ist, wie er damit umgehen wird, offenbar nicht von Beginn an um Siege fahren zu können. 2009 kam er mit dieser Situation sehr gut klar, aber seine Geduld könnte auf eine harte Probe gestellt werden. Fährt er zu aggressiv, wird er zudem schnell Probleme mit den Reifen bekommen, da hilft ihm dann auch seine überlegene Grundschnelligkeit nicht.

Jenson Button: 189 Rennen, 9 Siege, 7 Poles, 1 WM-Titel

Schonender Umgang mit den Reifen und Rennintelligenz sind seine beiden Trümpfe. Ist der neue McLaren tatsächlich nicht gut genug für die Spitze, dann hat er das Talent, das Beste aus jedem Rennen herauszuholen. Das hat er schon oft bewiesen. In schwierigen Situationen trifft er oft die besseren Entscheidungen als Hamilton.

Surers Einschätzung: "Das Team wollte mit dem neuen Auto zu viel und hat es irgendwie vermurkst. Daraus müssen die Fahrer jetzt das Beste machen. Hamilton ist der Schnellere der beiden, keine Frage. Button könnte dagegen durch seine schonende Fahrweise mit den diffizilen Pirelli-Reifen besser zurechtkommen. Außerdem spricht bei den wahrscheinlich unübersichtlicheren Rennen seine Rennintelligenz für ihn. Die Frage ist: Was zählt mehr?"

SPOX-Prognose: Unentschieden

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Fernando Alonso: 107 Rennen, 26 Siege, 20 Poles, 2 WM-Titel

Die Frage ist, wie er das bittere WM-Finale 2010 verarbeitet hat. Nutzt er es als Motivation, um noch perfekter zu sein, oder will er zu viel und versucht zu verbissen, sich bei Vettel zu revanchieren. Sicher scheint, dass er noch schneller als 2010 intern klarmachen wird, wer die Nummer eins bei Ferrari ist.

Felipe Massa: 133 Rennen, 11 Siege, 15 Poles

Nach dem schwachen Jahr 2010 kommt bei ihm alles auf den Saisonstart an. Er muss Alonso in den ersten Rennen schlagen, um nicht schon frühzeitig ein tristes Dasein als Nummer zwei zu fristen. Früher oder später wird es aber so kommen, wenn er nicht dauerhaft über sich hinauswachsen kann. Schade eigentlich, denn bei den Tests machte Massa einen starken Eindruck.

Surers Einschätzung: "Massa ist wieder aufgewacht, ihm scheinen die Pirelli-Reifen zu liegen. Alonso hat also wieder einen echten Gegner im Team. Aber ich denke, dass Ferrari das schon regeln wird. Alonso wird nach den Erfahrungen von 2010 auf jeden Fall darauf pochen, von Anfang an die Nummer eins zu sein."

SPOX-Prognose: Vorteil Alonso

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Michael Schumacher: 268 Rennen, 91 Siege, 68 Poles, 7 WM-Titel

Das Jahr der Wahrheit für den Rekordchampion. Die Eingewöhnungszeit nach dem Comeback ist vorbei. Um die Öffentlichkeit, das Team und wohl auch sich selbst zufrieden zu stellen, muss er Rosberg Paroli bieten und ihn bestenfalls schlagen. Ist dazu das Auto noch so gut, wie es bei den letzten Tests aussah, dann muss das Ziel Podium und GP-Sieg lauten.

Nico Rosberg: 89 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Auch für ihn ist es ein Jahr, in dem sich die Richtung seiner Karriere entscheidend ändern kann. Er muss endlich den Ruf des ewigen Supertalents, das aber nichts gewinnt, loswerden. Das geht nur, wenn er erneut Schumacher schlägt, dabei diesmal aber auch Rennen gewinnt.

Surers Einschätzung: "Für Schumacher gibt es keine Ausreden mehr. Er hatte im Gegensatz zu 2010 diesmal direkten Einfluss auf die Entwicklung des Autos. Dazu hat er die Pirelli-Reifen, die ihm offensichtlich besser liegen. Das konnte man schon bei den Tests sehr gut beobachten. Jetzt ist die Frage, ob er sich mit seiner Erfahrung gegen Rosbergs Jugend durchsetzen kann. Bei den Tests sah er besser aus, weil immer er es war, dem eine gute Rundenzeit geglückt ist. Aber die Wahrheit werden wir wie immer erst in Melbourne erfahren."

SPOX-Prognose: Unentschieden

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Nick Heidfeld: 172 Rennen, 0 Siege, 1 Pole

Die Chance seines Lebens. Dank des Ausfalls von Robert Kubica sitzt Heidfeld urplötzlich in einem Auto, mit dem er sogar aufs Podium fahren kann. Das muss ihm dann aber auch gelingen, wenn er über diese Saison hinaus in der Formel 1 bleiben will. Gutes Mittelmaß reicht nicht.

Witali Petrow: 19 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Der Russe hatte seine Sternstunde beim Saisonfinale 2010 in Abu Dhabi. Zumindest aus Sicht der Vettel-Fans. Alonso-Anhänger werden in dagegen für seine Dauerblockade verfluchen. Auch dieses Rennen hat aber nichts daran geändert, dass Petrow kein Spitzenfahrer ist. Wenn er sich auch ohne seine russischen Millionen etablieren will, muss er unbedingt konstanter werden.

Surers Einschätzung: "Heidfeld ist ein ganz heißer Kandidat. Achtung, er hat alle Karten in der Hand, mindestens aufs Podest zu fahren. Das Auto ist meiner Meinung nach stark genug dafür. Petrow hat jedenfalls keine Chance gegen Heidfeld, dafür ist er nicht gut genug."

SPOX-Prognose: Vorteil Heidfeld

Teil 2: Neulinge Maldonado und Perez - von wegen Paydriver!

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Rubens Barrichello: 304 Rennen, 11 Siege, 14 Poles

Der zweitälteste Fahrer der Formel 1 nach Schumacher kann einfach nicht genug bekommen. Er geht in seine 19. Saison und scheint zumindest ein schnelles Auto zu haben. Dass es aber auch zuverlässig ist, scheint sehr fraglich. Trotzdem wird ihm seine Erfahrung gegenüber seinem jungen Teamkollegen einen Vorteil verschaffen.

Pastor Maldonado: 0 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Der Neuling zeigte bei den Tests Licht und Schatten. Manchmal ließ der amtierende GP2-Champion seinen Speed aufblitzen, oftmals fabrizierte er aber auch Kleinholz. Maldonado hat nur aufgrund seiner Mitgift aus Venezuela das Cockpit von Nico Hülkenberg bekommen. Jetzt muss er es sich auch fahrerisch verdienen.

Surers Einschätzung: "Maldonado war bei den Tests schnell. Im Vergleich zu Barrichello sprachen die Zeiten für ihn. Klar hat er ein paar Fehler gemacht, aber die muss man ihm zugestehen. Wichtig ist, dass er den Speed hat. Von diesem Bezahlfahrer-Gerede halte ich gar nichts. Warum legen ihm die Leute zur Last, dass er einen Sponsor mitbringt? Er ist immerhin GP2-Meister, genauso wie Nico Hülkenberg, Nico Rosberg oder Lewis Hamilton vor ihm."

SPOX-Prognose: Vorteil Barrichello

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Adrian Sutil: 71 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Sutil steht nach den Testeindrücken vor einem ganz schweren Jahr. Das Auto läuft nicht, der Kampf gegen Williams, Sauber und sogar Toro Rosso droht aussichtslos zu werden. Umso wichtiger ist es aber für ihn, das Teamduell klar zu gewinnen, um endlich ein konkurrenzfähiges Cockpit zu bekommen.

Paul di Resta: 0 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Der DTM-Champion ist fraglos ein schneller Mann und ein Talent, aber sein Start wird wohl in dem schwachen Force India sehr undankbar werden. Für ihn kann es nur darum gehen, gegen Sutil gut auszusehen. Mehr scheint im Moment nicht drin zu sein.

Surers Einschätzung: "Di Resta ist talentiert und kann schnell Auto fahren, aber normalerweise muss ihn Sutil im Griff haben. Er hat auch schon andere Gegner dominiert. Ich hoffe nur, dass er irgendwann mal eine Chance bekommt, ein besseres Auto zu fahren, denn Force India stürzt ab."

SPOX-Prognose: Vorteil Sutil

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Kamui Kobayashi: 21 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Der Japaner war eine der positivsten Überraschungen 2010. Er zeigte sensationelle Überholmanöver, hatte Pedro de la Rosa klar im Griff und sah sogar neben Nick Heidfeld gut aus. Seine Unbekümmertheit war seine Stärke. Jetzt ist die Frage, ob er auch als Teamleader funktioniert.

Sergio Perez: 0 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Der Mexikaner kam nur wegen der Millionen aus der Heimat ins Cockpit, zeigte aber bei den Tests keine Anzeichen eines typischen Bezahlfahrers. Er war konstant schnell und glänzte sogar mit Bestzeiten. Gut möglich, dass er Kobayashi im einen oder anderen Rennen ärgern wird.

Surers Einschätzung: "Für Perez gilt das gleiche wie für Maldonado. Sponsoren haben schon andere bei ihren Debüts mitgebracht. Ein Michael Schumacher zum Beispiel. Er ist gut und talentiert, hat in der GP2 Rennen gewonnen. Vor allem hat er aber keinen Druck. Den hat Kobayashi. Er muss in seinen jungen Jahren allein das Auto entwickeln, das wird seiner Unbekümmertheit aus dem vergangenen Jahr sicher schaden. Es könnte bei ihm auf und ab gehen."

SPOX-Prognose: Vorteil Kobayashi

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Sebastien Buemi: 36 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Der Schweizer hatte 2010 überraschend viele Probleme mit seinem spanischen Kollegen. So große sogar, dass er 2011 definitiv um seine Zukunft in der Formel 1 fährt. Er muss unbedingt das Teamduell gewinnen.

Jaime Alguersuari: 27 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Für den Spanier gilt das gleiche wie für Buemi. Die beiden liefern sich mit dem hoch gelobten Testfahrer Daniel Ricciardo im Nacken einen echten Shootout um die Zukunft bei Toro Rosso. Das passende Auto dafür scheinen sie zu haben. Es sieht aus, als könne man das Duell nur gewinnen, wenn man in die Punkteränge fährt.

Surers Einschätzung: "Buemi war schon immer der Schnellere der beiden. Das Problem ist, dass er es nicht umgesetzt hat. Wenn es darauf ankam, hat er mentale Probleme bekommen. Bei den Tests hat er wieder einmal gezeigt, dass er besser ist als Alguersuari, aber erst im Qualifying und im Rennen in Melbourne kommt es darauf an. Das muss ihm gelingen, denn man kann davon ausgehen, dass der Schlechtere der beiden am Saisonende für Ricciardo Platz machen muss. Vielleicht sogar schon früher."

SPOX-Prognose: Unentschieden

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Heikki Kovalainen: 70 Rennen, 1 Sieg, 1 Pole

Dem Finnen geht es wie Sutil. Er muss sich im schwachen Auto für ein besseres Cockpit empfehlen. Das geht nur durch einen Sieg gegen Trulli. Ihm könnte zugute kommen, dass der neue Lotus deutlich stärker zu sein scheint als sein Vorgänger.

Jarno Trulli: 234 Rennen, 1 Sieg, 4 Poles

Der Italiener kann es nicht lassen. Er will es offensichtlich aber auch noch nicht lassen. Und das, obwohl ihm im Gegensatz zu Kovalainen die Perspektive über Lotus hinaus fehlt. Kaum vorstellbar, dass Trulli noch einmal ein konkurrenzfähiges Cockpit bekommt.

Surers Einschätzung: "Gegen Trulli spricht die Motivation. Woher nimmt er die noch? Warum soll er es sich in seinem Alter noch antun, am hinteren Ende des Feldes herumzufahren? Bei Kovalainen ist das etwas ganz anderes. Wenn er sich bei Lotus etabliert, hat er die große Chance, in der Formel 1 zu bleiben. Und die Chancen stehen gar nicht so schlecht. Ich befürchte sogar für Adrian Sutil, dass Lotus Force India schlagen könnte."

SPOX-Prognose: Vorteil Kovalainen

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Narain Karthikeyan: 19 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Der Inder gehört eigentlich nicht in die Formel 1, so ehrlich muss man sein. Er hat das Glück, in dem Jahr, in dem die Königsklasse in Indien debütiert, der beste verfügbare Inder gewesen zu sein. Von ihm und seinem Auto ist nichts zu erwarten.

Vitantonio Liuzzi: 63 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Wenn jemand das ungetestete Auto zumindest etwas nach vorne bringen kann, dann Liuzzi. Einen besseren Fahrer konnte HRT auf den letzten Drücker nicht mehr verpflichten. Aber auch er wird sich an Startplatz 23 schon mal gewöhnen müssen.

Surers Einschätzung: "Immerhin kommt das Auto in einem Stück beim ersten Rennen an. Das ist ja schon mal ein Vorteil gegenüber vergangenem Jahr. Testerfahrung haben die beiden Fahrer trotzdem überhaupt keine. Karthikeyan ist der einzige wirklich politische Fahrer im Feld. Er ist in den Jahren, in denen er draußen war, sicher nicht schneller geworden. Liuzzi war der beste verfügbare Fahrer, der das Auto zumindest einigermaßen schnell bewegen soll. Eine logische Wahl."

SPOX-Prognose: Vorteil Liuzzi

SPOX

Timo Glock: 54 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Eine extrem undankbare Saison liegt vor dem Deutschen. Virgin schwebt im Niemandsland zwischen Lotus und HRT, dazu hat er nach seiner Blinddarm-Operation auch noch Trainings- und Testrückstand. Dabei muss er das Teamduell wieder haushoch gewinnen, um endlich ein besseres Cockpit angeboten zu bekommen.

Jerome d'Ambrosio: 0 Rennen, 0 Siege, 0 Poles

Der Neuling hatte aufgrund von Glocks Krankheit das Glück, extrem viel testen zu können. Damit sollte er besser vorbereitet sein als andere Debütanten. Ob das aber reicht, um Glock gefährlich zu werden, darf bezweifelt werden, auch wenn Surer viel von ihm hält.

Surers Einschätzung: "D'Ambrosio ist mir im vergangenen Jahr schon positiv aufgefallen. Ich glaube, er ist ein Guter. Schade nur, dass sein Team wahrscheinlich keine Gegner haben wird. Lotus ist zu schnell, HRT zu langsam. Es ist vor allem für Glock enttäuschend, dass das Auto offenbar auch 2011 da hinten herumfahren wird. Er hätte etwas Besseres verdient. Aber er ist noch relativ jung und weiß, dass seine Zukunft davon abhängt, wie gut er dieses Auto bewegt. Gegen d'Ambrosio muss er aber aufpassen, denn wie Kobayashi bei Sauber muss auch er allein die Entwicklungsarbeit machen."

SPOX-Prognose: Vorteil Glock

Alle Teams und Fahrer der Saison 2011 im Überblick