Privat wirkte sich das kaum aus. Auch wenn Montezemolo mit Maßanzügen, Luxusuhren und Einstecktüchern nach außen schillerte und aus einer Adelsfamilie mit Generälen und Kardinälen stammt, fuhr er privat in der Stadt einen Fiat 500, in den Bergen einen Fiat Panda 4x4. Das Gehabe der Neureichen, die sich einen Ferrari als Status-Symbol leisteten, war ihm zuwider. Er machte sich mit harter Arbeit einen Namen und kaufte sich erst 1990 einen eigenen Ferrari.
Das Modell 348 war wohl der Auslöser für seine Rückkehr nach Maranello. "Das war das schlechteste Produkt, das Ferrari in langer Zeit geschaffen hatte", gab Montezemolo später zu. Seine Jugendliebe war zu einem Science-Fiction-Unternehmen geworden. Von den Kurven der Gran-Turismo-Modelle aus den 60ern war nichts mehr zu sehen.
Beruflich hatte Montezemolo das Glück, immer dann zu erscheinen, wenn es bei Ferrari kriselte. Als er noch studierte, verteidigte er das Unternehmen mit einem Telefonanruf in einer Radiosendung. Il Commendatore hörte das Gespräch und sendete ihm seine signierte Biographie zu. Montezemolo brach kurze Zeit später sein Studium in New York ab und kam als persönlicher Assistent des Firmengründers nach Maranello.
Erster Abschied nach vier Jahren
Vier Jahre später war er nicht nur Formel-1-Teamchef, sondern der Leiter aller Rennsportaktivitäten von Fiat. Es folgte zu viel Erfolg in zu kurzer Zeit. 1977 verließ die Legende Ferrari schon wieder, weil er bei Fiat die Öffentlichkeitsarbeit leiten sollte und gleichzeitig die Geschäftsführung einer Holding des Konzerns übernahm. Später arbeitete Montezemolo für Spirituosenfirmen, gründete Parteien und eigene Firmen.
Trotzdem blieb Ferrari die Heimat des Geschäftsmannes. Er kehrte zurück, als er gerade von seinem Posten als Generaldirektor des Organisationskommitees der Fußball-WM 1990 abgetreten war. Wieder war Ferrari am Boden. Als Enzo Ferrari 1988 verstarb, war die Sportwagensparte wirtschaftlich unrentabel, das Formel-1-Team schon seit Jody Scheckters Triumph 1979 ohne Titel.
Die Geschichte wiederholte sich. Montezemolo kam, sah und beschloss, dass Änderungen dringend nötig waren. Das Aushängeschild lag brach. Trotz des Vierfachweltmeisters Alain Prost fuhr das Team in der Formel 1 hinterher. Straßenautos scheinen aber nur halb so schön, wenn die Pendants auf der Rennstrecke mit technischen Defekten stehenbleiben.
Ecclestone: "Luca war Ferrari"
Der Erfolg der Todt-Brawn-Schumacher-Ära sicherte auch dem 67-Jährigen eine Ausnahmestellung in der Formel-1-Geschichte. "Montezemolo bei Ferrari gehen zu sehen, das ist für mich gleichbedeutend wie der Tod des großen Enzo Ferrari", sagte Bernie Ecclestone: "Luca war Ferrari."
Mit dem Abschied scheint aber auch endgültig klar, dass es Ferrari in seiner bisherigen Form nicht mehr lange gibt. Marchionne übernimmt selbst die Leitung und will die Traditionsmarke wie Maserati und Alfa Romeo stärker aus der Konzernzentrale steuern. Die Frage ist, was dann mit der Scuderia passiert.
Fernando Alonso hat in dieser Saison schon zwei Freunde im Team verloren: Domenicali und Montezemolo. Schon vor der Bekanntgabe machte der Spanier aus seiner Besorgnis keinen Hehl.
"Wenn das wirklich passieren sollte, dann müssen wir uns unterhalten", sagte er über die Gerüchte über den bevorstehenden Abschied: "Er war in meinen fünf Ferrari-Jahren immer mein Präsident, er war für mich wie eine rechte Hand. Wenn das passiert, dann ändert sich alles."
Alonsos Zukunft offen
Zudem verstarb am Mittwochabend Emilio Botin, der Chef der spanischen Santander-Großbank. Dem Sponsor, der entscheidenden Anteil an der Verpflichtung des zweimaligen Weltmeisters hatte. "Dank ihm erhalten wir eine Unterstützung durch Santander, die weit über die kommerzielle Rolle hinausgeht", erklärte Montezemolo.
Sicher ist: Marchionne wird seine Doppelfunktion bei Ferrari und Fiat-Chrysler nicht ewig ausfüllen, wahrscheinlich rückt Mattiacci zum Präsidenten auf. Eine stärkere Integration von Ferrari in den Gesamtkonzern erinnert an die gescheiterten Konzepte von Honda und Toyota in der V10-Ära.
Ob sich Alonso das antut? Zwar bekräftigte er vor kurzem, er wolle seinen Vertrag mit der Scuderia verlängern, ob das nach den Umwälzungen aber weiterhin gilt, darf angezweifelt werden.
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