Pascal Wehrlein wusste genau, wer ihm seinen Aufstieg in die Königsklasse ermöglicht hat. "Herzlichen Dank für die unglaubliche Unterstützung und Hilfe, dank der ich meinen Traum verwirklichen konnte", wandte er sich an Mercedes und "ganz besonders" Motorsportdirektor Toto Wolff, als ihn Manor den Medien vorstellte.
Über Monate hatte Mercedes im Verborgenen gearbeitet, um seinem talentierten Nachwuchsfahrer den Aufstieg zu ermöglichen. Wolff wollte dafür sogar ein drittes Auto in die Startaufstellung setzen, wie er gegenüber SPOX bestätigte.
"Ihre Frage trifft genau ins Schwarze. Die Antwort ist: Ja", sagte er beim DTM-Finale am Hockenheimring: "Ich finde, ein drittes Auto würde dem Fahrermarkt Bewegung verschaffen und es wäre für die Fans spannend, wie sich ein Wehrlein oder ein Stoffel Vandoorne in diesen Autos gegen die Superstars schlagen."
Manor war die letzte Option
Die anderen Teams sperrten sich gegen noch mehr Silber. Das neue Kundenteam Manor wurde zur einzigen Möglichkeit für Wehrlein.
Doch das Projekt drohte endgültig zu scheitern, weil die Hinterbänkler fast 20 Millionen Euro über ihre Cockpitvergabe einnehmen wollten. "Da schwirren Summen durch den Raum, die so für uns einfach nicht infrage kommen", erklärte Wolff noch im Januar und setzte sich im Endeffekt durch - offiziell ohne Zahlungen. Ein Rabatt bei der Motorenlieferung oder andere technische Unterstützung durch das Werksteam ist aber mehr als nur wahrscheinlich.
Wehrlein kann das egal sein. Er muss nur das machen, was er seit seinem Einstieg in den Formelsport immer getan hat: schnell sein.
Durschlagender Erfolg nach der Kartzeit
Die Formel-ADAC-Masters-Konkurrenten ließ Wehrlein in der Saison 2011 wie Amateure aussehen, als er acht von 16 Rennen gewann und die Meisterschaft für sich entschied. Mit Mercedes-Motor folgte im nächsten Jahr der vierte Platz in der FIA-Formel-3-EM.
Der Angriff auf den Titel war fest eingeplant, das erste Wochenende in Monza mit drei Podiumsplätzen bei einem Sieg erfolgreich bestritten, als Ralf Schumacher kurz vor der Saison 2013 seinen Rücktritt vom aktiven Motorsport bekanntgab.
Wolff hatte als frisch inthronisierter Nachfolger von Mercedes-Motorsportdirektor Norbert Haug ein ernstes Problem. Plötzlich hatte Mercedes ein Cockpit in der DTM frei - und keinen passenden Piloten.
Eine Beförderung als Risiko
Wolff ging das Risiko ein und beförderte Wehrlein ein Jahr früher als geplant. "Unsere Junioren haben alle großes Talent. Pascal Wehrlein zum Beispiel ist sehr jung und hat großes Potenzial. Er hat uns schon in der Formel 3 sehr viel Freude bereitet und kann sicherlich eine sehr erfolgreiche Karriere machen", sagte Wolff damals zu SPOX.
Allein die Resultate stimmten nicht. Drei zehnte Plätze und damit mickrige drei Punkte bescherten dem Junioren den letzten Platz in der Gesamtwertung. Beunruhigen ließ er sich nicht. Wehrlein lernte dazu, er schlug sich die Nächte bei den Meetings der Ingenieure um die Ohren. Mit Erfolg. Am Lausitzring feierte der Nachwuchspilot in der folgenden Saison seinen ersten DTM-Sieg.
Jüngster Rennsieger aller Zeiten. Die Lobeshymnen stellten sich spätestens ein, als Mercedes ihn nur einen Tag später zum Ersatzfahrer des Formel-1-Teams beförderte. Erstmals stand Wehrlein in der breiteren Öffentlichkeit positiv im Rampenlicht. Vier Monate zuvor war das noch ganz anders.
Der Unfall im DFB-Trainingslager
Zusammen mit Nico Rosberg hatte der damals 19-Jährige das DFB-Team bei der WM-Vorbereitung in Südtirol besucht. Bei einer PR-Fahrt sollte ein netter Werbeclip entstehen. Doch die Ausfahrt entwickelte sich zum Desaster.
Wehrlein kam von der abgesperrten Strecke ab. Sein Auto erfasste einen Touristen aus Thüringen, der schwer verletzt und von den Ärzten ins künstliche Koma versetzt wurde.