Zum ersten Mal seit knapp zwei Jahren gewinnt die Scuderia Ferrari wieder ein Formel-1-Rennen. Beim Großen Preis von Bahrain siegt Charles Leclerc vor seinem Teamkollegen Carlos Sainz. Dass die Roten nach einer mehrjährigen Leidenszeit nun sogar als möglicher Titelkandidat gehandelt werden, haben diese vor allem Teamchef Mattia Binotto zu verdanken. Ein Kommentar.
Die Scuderia Ferrari ist laut. Denkt man an die Roten, dann denkt man an frenetisch feiernde Tifosi, die ihr Team auf der heimischen Strecke in Monza um alles in der Welt nach vorne peitschen. Läuft es gut bei der Scuderia, gibt es kaum eine Fanbase im Motorsport, die treuer und entschlossener hinter ihrem Team steht als die Italiener.
Doch nicht nur in Zeiten der Siege und Triumphe sind die Tifosi laut. Bei schlechten Leistungen ihres Teams sind sie die Ersten, die Missstände aufzeigen und offen ansprechen. Hinzu kommt eine wenig gnädige, italienische Presse, die in Krisenzeiten auch gerne mal über das Ziel hinausschießt und Personen anzählt, bevor diese überhaupt zur Debatte stehen.
In den vergangenen beiden Jahren gab es für Fans und Presse reichlich Gründe für Empörung. Nach dem verlorenen WM-Duell 2018 ging es für die Scuderia kontinuierlich bergab. 2019 feierte man immerhin noch drei Siege, spätestens im Jahr danach folgte der Absturz. 2020 beendete Ferrari nur auf Platz sechs der Konstrukteurswertung, auch in der vergangenen Saison hatte man mit dem Titelkampf wenig zu tun.
Dennoch blieb es um die Scuderia in dieser Zeit weitestgehend ruhig. Verdanken ist das vor allem einem Mann: Teamchef Mattia Binotto. Seit der Übernahme des ehemaligen technischen Direktors im Januar 2019, als er das Amt vom durchaus beliebten Maurizio Arrivabene übernahm, durchlief Ferrari nicht wenige Male gefährliche Fahrwasser.
Ferrari: Regelrevolution kommt zur rechten Zeit
Nichtsdestotrotz schaffte es Binotto das Team zusammenzuhalten und weitestgehend aus der Schusslinie der Kritik zu nehmen. Viele - einschließlich mir - hätten das dem eher introvertiert daherkommenden Italiener nicht zugetraut. Mit seiner konzentrierten Art ließ sich der 52-Jährige nicht aus der Ruhe bringen. Dass nie auch nur der Hach einer Debatte um seine Person bei Ferrari aufkam, ist auch ihm selbst zu verdanken.
Neben einem Jahr für Jahr verbesserten Gesamtpaket gelang dem Italiener auch in Sachen Fahrer-Zusammenstellung ein echter Coup. Leclerc bekannte sich trotz der schwierigen Zeiten langfristig zur Scuderia. Mit Sainz packte man einen starken zweiten Fahrer an dessen Seite, der durchaus selbst das Potenzial besitzt, um Siege zu fahren.
Dieses Vertrauen in Binotto könnte sich nun richtig auszahlen. Zum ersten Mal seit besagter Saison 2018 gewinnt die Scuderia den Grand Prix zum Saisonauftakt. Dabei spielten den Roten nicht irgendwelche glücklichen Renn-Ereignisse in die Karten, nein. Auf dem Bahrain International Circuit präsentierte sich der F1-75 als klar stärkerer Bolide in Sachen Performance. Die Regelrevolution scheint für Ferrari gerade zur rechten Zeit gekommen zu sein, um wieder den Anschluss an die Weltspitze zu finden.
"Die vergangenen beiden Jahre waren unglaublich schwierig", sagte Leclerc nach seinem Sieg erleichtert - 910 Tage nach dem letzten Triumph in Rot und der zweitlängste Durststrecke in der langen Geschichte des Rennstalls: "Wir wussten aber, dass diese Reglement-Änderung unsere große Chance ist, und das Team hat uns jetzt dieses großartige Auto gebaut."
Die "Chaos-Truppe" um Ferrari scheint im Jahr 2022 tatsächlich ein fähiger Titelkandidat zu sein. Und das ist vor allem Mattia Binotto zu verdanken.
imago imagesFormel 1: Der WM-Stand (nach 1 von 23 Rennen)
- Fahrerwertung:
Platz | Fahrer | Team | Punkte |
1 | Charles Leclerc | Ferrari | 26 |
2 | Carlos Sainz | Ferrari | 18 |
3 | Lewis Hamilton | Mercedes | 15 |
4 | George Russell | Mercedes | 12 |
5 | Kevin Magnussen | Haas | 10 |
6 | Valtteri Bottas | Alfa Romeo | 8 |
7 | Esteban Ocon | Alpine | 6 |
8 | Yuki Tsunoda | AlphaTauri | 4 |
9 | Fernando Alonso | Alpine | 2 |
10 | Guanyu Zhou | Alfa Romeo | 1 |
- Konstrukteurswertung:
Platz | Team | Punkte |
1 | Ferrari | 44 |
2 | Mercedes | 27 |
3 | Haas | 10 |
4 | Alfa Romeo | 9 |
5 | Alpine | 8 |
6 | AlphaTauri | 4 |
7 | Aston Martin | 0 |
8 | Williams | 0 |
9 | McLaren | 0 |
10 | Red Bull | 0 |