SPOX: Wie läuft es bei Ihnen in Uerdingen?
Ailton: Dienstag nicht so gut. Wir haben gegen Werder sechs Tore kassiert. Aber Bremen hatte auch eine starke Mannschaft. Hunt, Arnautovic, mein Freund Claudio. Die sind sensationell.
SPOX: Herr Ailton, die Frage war: Wie läuft es bei Ihnen in Uerdingen?
Ailton: Na ja, mittlerweile ist es ganz okay.
SPOX: 'Okay' als Antwort ist etwas mager. Ich frage anders: Wie fühlt sich ein früherer Bundesliga-Torschützenkönig in der sechsten Liga?
Ailton: Puuuh. Das kann ich nicht beantworten.
SPOX: Kommen Sie schon.
Ailton: Ja, ich gebe zu: Es ist komisch.
SPOX: Wir fassen zusammen: In Uerdingen ist es okay und komisch.
Ailton: Na ja, in meinen ersten beiden Spielen in der sechsten Liga habe ich mich gefühlt wie vor 20 Jahren. Diese kleinen Stadien, ganz kleine Kabinen und bei den Auswärtsspielen ist tote Hose. Keine Fans, die singen, keine Fahnen. Das ist dann komisch.
SPOX: Willkommen im Amateurfußball.
Ailton: Das habe ich mir auch gesagt.
SPOX: Was haben Sie sich gesagt?
Ailton: Das ist die sechste Liga. Das ist jetzt dein Leben. Jetzt musst du hier Spaß haben.
SPOX: Und wie erfolgreich war Ihre Selbsttherapie?
Ailton: (grinst) Ich weiß es noch nicht. Ich bin noch nicht fertig.
Ailton beim "Tag der Legenden". Alle Infos gibt's hier
SPOX: Fragen Ihre jetzigen Gegner eigentlich schon vor dem Spiel nach einem Autogramm.
Ailton: In der Bundesliga war das immer so.SPOX: Ernsthaft?
Ailton: Nein, natürlich nicht. Du darfst nicht alles glauben, was ich Dir erzähle.
SPOX: Gut. Können Sie die vorige Frage trotzdem beantworten?
Ailton: Klar kommen die Spieler des Gegners zu mir. Ich gebe Autogramme, mache Erinnungsfotos und sie kriegen mein Trikot. Es ist sechste Liga. Normal. Für viele Spieler ist es ein Traum gegen Ailton zu spielen.
SPOX: Alle lieben also Ailton. Warum eigentlich?
Ailton: Das ist eine gute Frage. Ich weiß es nicht. Ich war ja nicht mal ein sensationeller Fußballer. Aber die Leute mögen wohl meine verrückte Art. Ich lache viel, bin immer sympathisch und eine Garantie für gute Laune. Ich bin Spaß.
SPOX: Da passt das nächste Thema. Ich sage nur drei Worte: Splitternackt, München, Entmüdungsbecken.
Ailton: Ja, 2004. Das war der größte Tag meines Lebens. Werder Bremen wird deutscher Meister. Ich schieße ein Traumtor gegen Oliver Kahn. Ein sensationeller Moment.
SPOX: Für uns ebenfalls. Ihr "kleiner Toni" wackelte durch alle deutschen Wohnzimmer. Haben Sie die Szene später bereut?
Ailton: (lacht) Warum? Ich war glücklich. Diese Momente kannst du für kein Geld der Welt kaufen. Außerdem hat Ailton einen schönen Körper.
SPOX: Auch mit 36 noch. Sie wirken tatsächlich fit. Wie lange wollen Sie noch spielen?
Ailton: Ich bin nicht 36. Ich bin 27 oder 28. 36 steht nur im Ausweis. Aber Spaß beiseite. Vielleicht höre ich morgen mit dem Fußball auf. Vielleicht mache ich aber auch noch vier Jahre weiter. Ich kann es Dir wirklich nicht sagen. Entscheidend ist mein Körper. Wenn der nicht mehr kann, ist Schluss. So steht's auch in meinen Vertrag. Ich kann jederzeit und sofort aufhören. Ohne Diskussion.
SPOX: Ein spezieller Ailton-Vertrag also?
Ailton: Nein, ein typischer Ailton-Vertrag. Ich kann kommen und gehen, wann ich will.
SPOX: Aber nach Ihrer Karriere bleiben Sie in Deutschland?
Ailton: Auf jeden Fall. Ich habe auch schon mit Bremen gesprochen.
SPOX: Gibt es ein Comeback bei Werders Amateuren?
Ailton: Nein. Aber ein Abschiedsspiel im Weserstadion. Das ist alles schon mit Klaus Allofs und dem Präsidium geklärt. Werder Bremen war meine erste Station in Deutschland, ich war dort sechs Jahre und habe mit dieser Mannschaft alles gewonnen. Ich liebe Bremen und will zum Schluss noch ein letztes Mal das grünweiße Trikot tragen.
SPOX: Und danach werden Sie Trainer.
Ailton: Definitiv nicht. Da habe ich gar keinen Bock drauf. Jeden Tag trainieren, immer der Erste in der Kabine und pünktlich sein. Das ist nix für mich.
SPOX: Wie wäre es mit einem Managerposten?
Ailton: Nein. Das funktioniert nicht mit mir. Vielleicht werde ich Scout bei Werder Bremen. Ich suche dann Ailtons Nachfolger.
SPOX: Ihr Freund Claudio Pizarro hat Giovane Elbers Rekordmarke mit 133 Bundesligatreffern geknackt und steigt demnächst zum besten ausländischen Torjäger der Bundesligageschichte auf. Das hätte auch Ihr Rekord sein können.
Ailton: Wie viele habe ich gemacht?
SPOX: 106.
Ailton: Das ist doch sehr, sehr gut. Aber ich habe einen Fehler gemacht. Ich bin von Deutschland in die Türkei.
SPOX: Zu Besiktas Istanbul.
Ailton: Und da passte nix zusammen. Ich kam mit den Leuten nicht zurecht. Und der Fußball, den die spielen wollten, passte null zu Ailton. Lass uns gar nicht darüber reden. Gibt es noch ein anderes Thema?
SPOX: Sie waren auch in China bei Chongqing Lifan FC.
Ailton: Oh ja. Und den Fußball in China kannst du noch mehr vergessen. Aber da ging es eh nur ums Geld.
SPOX: Können wir das so schreiben: "Es ging nur ums Geld"?Ailton: Warum nicht? Das Finanzielle war ja auch super. In vier Monaten kannst du einfach kaum mehr verdienen. Nur China hat ja so eine ganz andere Mentalität. Länger als vier Monate hätte ich es dort auch nicht ausgehalten.
SPOX: Franck Ribery, Arjen Robben, Edin Dzeko... Wer ist der beste Fußballer der Bundesliga?
Ailton: Claudio Pizarro. Er ist perfekt. Claudio ist kopfballstark, hat einen riesigen Körper und im Torabschluss gehört er zu den Besten auf der Welt. Er macht den Ball immer rein. Und das schon seit über zehn Jahren.
SPOX: Wäre Claudio Pizarro der einziger Stürmer, über den Sie sagen würden: Der ist besser als Ailton.
Ailton: Niemals. Ich bin doch mit meinen 36 Jahren immer noch schneller als er. Ailton ist einzigartig.