Kritik am neuen Glücksspielstaatsvertrag

SID
Private Wettanbieter wollen den neuen Glücksspielvertrag kippen
© Getty

Mit massivem wirtschaftlichen Druck wollen die privaten Wettanbieter den neuen Glücksspielstaatsvertrag kippen. Am Mittwoch drohten die Unternehmen mit einer "Insellösung" in Schleswig-Holstein.

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Mit massivem wirtschaftlichen Druck wollen die privaten Wettanbieter den neuen Glücksspielstaatsvertrag kippen.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch drohten die Unternehmen mit einer "Insellösung" in Schleswig-Holstein, das sich als einziges Bundesland in der vergangenen Woche gegen den neuen Entwurf ausgesprochen und einen eigenes Gesetz angekündigt hatte.

"Wenn der Glücksspielstaatsvertrag so kommt, werden sich die privaten Wettanbieter um Lizenzen in Schleswig-Holstein bewerben", sagte Jörg Wacker, Deutschland-Direktor des Wettanbieters bwin.party: "Wir würden uns wünschen, wenn die anderen Länder den Entwurf als Basis nehmen und ihre Eckpunkte noch einmal überdenken."

Gleichzzeitig kündigte Wacker an, "alle rechtlichen Mittel" ausschöpfen zu wollen, sollte der Vertrag ratifiziert werden.

Öffnung des Sportwettenmarktes

Die Ministerpräsidenten der übrigen 15 Bundesländer hatten sich in der vergangenen Woche auf die Eckpunkte für die Öffnung des Sportwettenmarktes für private Anbieter geeinigt. Nach dem neuen Vertrag soll es sieben bundesweite Konzessionen für private Wettanbieter geben. 16,66 Prozent des Einsatzes bei einem Wettanbieter sollen demnach als Konzession an den Bund gehen.

Die Ratifizierung des neuen Glücksspielstaatsvertrages soll frühestens am 9. Juni erfolgen, gültig würde er ab 1. Januar 2012. Lediglich in Schleswig Holstein soll es keine Beschränkung der Lizenzen geben und eine deutlich geringere Besteuerung erfolgen.

Zum Scheitern verurteilt

Den Staatsvertrag sehen die Unternehmen bereits vor der geplanten Ratifizierung im Sommer am Ende. "Die neue Fassung ist wie bereits die alte zum Scheitern verurteilt", sagte Wacker: "Er wird ebenfalls gegen EU-Recht verstoßen."

Harsch wurde besonders die nach Angaben der Anbieter zu hohe Abgabe an den Staat kritisiert. "Dadurch gibt es keine Möglichkeit ein wettbewerbsfähiges Produkt anzubieten", sagte Wacker. Weiter ging Peter Reinhardt, Zentraleuropa-Chef des englischen Anbieters betfair. "Was die Ministerpräsidenten beschlossen haben, ist die Weiterführung des Monopols", sagte Reinhardt. Die Hürden für private Anbieter seien so hoch, dass es keine privaten Anbieter geben werde.

Austrocknung des Schwarzmarktes

Wacker verdeutlichte, dass die Margen der Anbieter bei 100 Euro Einsatz lediglich zehn Prozent (10 Euro) betragen würden. Nach dem neuen Staatsvertrag müssten die Unternehmen demnach 16,66 Euro an den Staat abgeben.

"Wir können dann zwar die Quoten abändern, aber dann wettet keiner mehr. Im Internet sind sie mit zwei Klicks auf einer anderen Seite", erklärte Wacker. Auch sei damit nicht wie angedacht eine "Austrocknung" des Schwarzmarktes zu erreichen. Der Entwurf Schleswig-Holsteins sieht dagegen vor, den Bruttorohgewinn (10 Euro) mit 20 Prozent zu besteuern.

"Realitätsfremdes" Verbot von Online-Poker

Ebenfalls kritisiert wurde das weiter bestehende "realitätsfremde" Verbot von Online-Poker und Online-Casinos. Der Schwarzmarkt für diese Produkte sei derzeit größer als der Markt für Online-Sportwetten.

Der Poker-Anbieter Pokerstars, für den auch der dreimalige Wimbledon-Sieger Boris Becker wirbt, kündigte sogar die Ansiedlung eines Firmensitzes in Schleswig-Holstein an, sollte die dort geplante Regelung in Kraft treten. "Wir wären die ersten, die sich um eine Lizenz bewerben", sagte Pokerstars-Manager Sven Stiel.

Trikot- und Bandenwerbung möglich

Zurzeit garantiert der derzeit gültige Glücksspielstaatsvertrag das staatliche Monopol. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 8. September 2010 sehen sich die privaten Sportwettanbieter bestätigt, dass die Einschränkungen auf dem deutschen Wettmarkt nicht mehr der aktuellen Rechtslage entsprechen und das Monopol des Staates überholt ist.

Erlaubt werden sollen künftig auch Trikot- und Bandenwerbung von privaten Wettanbietern bei Sportveranstaltungen werden. Fernsehwerbung im Umfeld von Sportübertragungen soll jedoch verboten bleiben. Live-Wetten im Internet sollen nur auf das Endergebnis möglich sein.

Milliarden-Potenzial in Deutschland

Der Sportwettenmarkt in Deutschland hat im Falle einer Öffnung laut Expertenmeinung ein Milliarden-Potenzial. Klaus Goldhammer vom Beratungsunternehmen Goldmedia rechnet im Falle einer moderaten Marktöffnung mit der Zulassung privater Onlineanbieter mit einem jährlichen Wachstum der Bruttospielerträge im Online-Gamingmarkt um acht Prozent pro Jahr.

Damit würde innerhalb von fünf Jahren ein Bruttospielertrag von rund 1,5 Milliarden Euro in Deutschland erreicht. Dies hatte Goldhammer unlängst auf dem Sportbusiness-Kongress SpoBiS in Düsseldorf gesagt.

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