SPOX: Momente, die Ihnen der Fußball nicht mehr zu geben scheint. Sie haben einmal gesagt, dass es Ihnen schwerfalle, über 90 Minuten konzentriert ein Fußballspiel zu verfolgen.
Feiersinger: Das kommt einfach durch die vielen Spiele, die heutzutage gezeigt werden. Da hat sich bei mir eine Übersättigung eingestellt. Der Fußball wird heute ausgeschlachtet bis zum Gehtnichtmehr, mir ist das zu übertrieben. Das Spiel steht nicht mehr im Vordergrund, das Event Stadionbesuch ist vielen wichtiger als die eigentliche Partie. Früher gab es ja noch Spieler, die ihre ganze Karriere bei einem Verein verbracht haben. Da war noch eine glaubhafte Hingabe dabei. Mittlerweile hat sich in meinen Augen das Profi- zum Söldnertum gewandelt. Diese Veränderungen, die mit den Jahren kamen, haben meinem Interesse nicht gut getan (lacht).
SPOX: Dabei waren Sie vor Ihrer Zeit auf der Alm noch von 2006 bis Ende Mai 2008 Trainer der U-17-Mannschaft des zu Red Bull Salzburg gehörigen Bundesnachwuchszentrums. Wie ist es damals dazu gekommen?
Feiersinger: Ich habe nach meiner Karriere wie viele andere die Trainerausbildungen absolviert. 2005 ist dann Heimo Pfeifenberger, mein ehemaliger Mitspieler bei Austria Salzburg, Jugendkoordinator in der Akademie von Red Bull Salzburg geworden. Die befand sich damals noch im Aufbau und Heimo fragte mich, ob ich mir das vorstellen könnte. Das hat mir auch von Beginn an Spaß gemacht, es war toll, den Jugendlichen Dinge mit auf den Weg zu geben, die ich während meiner eigenen Karriere gelernt habe. Es ging aber nicht weiter, weil die personelle Fluktuation bei Red Bull auf vielen Positionen weiterging und irgendwann auch mal ich dran glauben musste.
SPOX: Wie sehr reizt Sie heute noch eine Rückkehr in den Jugendfußball?
Feiersinger: Gar nicht mehr. Ich bin jetzt schon Jahre raus und habe nun einen vollkommen anderen Lebensmittelpunkt. Müsste ich jetzt beispielsweise für einen Job im Fußball in Wien leben, würde ich das wohl nicht verkraften. Die Leidenschaft für das Leben, das ich jetzt lebe, übersteigt die für den Fußball.
SPOX: Dennoch muss ich noch einmal auf Ihre aktive Karriere zu sprechen kommen.
Feiersinger: Sie haben es jetzt auch lange genug hinausgezögert (lacht).
SPOX: Sie wissen, was kommt, oder?
Feiersinger: Natürlich. Schießen Sie los!
SPOX: Ihre Nichtberücksichtigung für das Champions-League-Finale 1997 war die bitterste Stunde Ihrer Karriere. Sie zeigten in den Spielen zuvor bravouröse Leistungen, das Endspiel mussten Sie nach der Wiedergenesung von Libero Matthias Sammer aber auf der Tribüne verfolgen. Haben Sie mit Ottmar Hitzfeld mittlerweile noch einmal darüber gesprochen?
Feiersinger: Wir haben uns seitdem zweimal wieder gesehen, glaube ich. Da haben wir natürlich ganz normal miteinander geredet. Er beteuert ja bis heute, dass das die schwierigste Entscheidung seines Lebens war. Ich kann mir davon aber leider rein gar nichts kaufen. Der Stachel sitzt immer noch tief. Als der BVB im Mai im Champions-League-Finale stand, sind schon alte Wunden wieder aufgebrochen. Das kam einfach total unerwartet damals.
SPOX: Warum?
Feiersinger: Ich muss das von vorne erzählen: Wir sind drei Tage vor dem Finale nach München gefahren, um uns vorzubereiten. In keiner der Trainingseinheiten, die dort absolviert wurden, war es für mich zu erahnen, dass Matthias spielen würde. Er war ja ein paar Wochen verletzt und hatte nur wenig Spielpraxis gesammelt. Am Spieltag hat mich Hitzfeld dann mittags angerufen und zu sich gebeten. Ich dachte, da geht es um die letzten taktischen Feinheiten.
SPOX: Der Rest ist Geschichte.
Feiersinger: Das Schlimmste an der Botschaft, dass ich nicht spielen werde, war, aus taktischen Gründen auch gar nicht erst im Kader zu stehen. Damals waren nur 16 Spieler im Kader erlaubt. Er hat es auch begründet, aber die Begründung war mir letztlich auch scheißegal (lacht). Ich stand total neben den Schuhen, auch noch nach dem Triumph.
SPOX: Hatten Sie keinerlei Vorahnung, dass Sie von Sammer verdrängt werden könnten, sobald er wieder fit ist?
Feiersinger: Nein, überhaupt nicht. Wie gesagt, er war eine Zeit lang raus und ich in ordentlicher Form, gerade im Champions-League-Halbfinale gegen Manchester United habe ich ein gutes Spiel abgeliefert. Matthias kam nach dem Finalsieg direkt auf mich zu und versuchte mich zu trösten, aber das hat nicht viel gebracht.
SPOX: Welche Beziehung haben Sie derzeit noch zum BVB?
Feiersinger: Den Verein werde ich immer im Herzen tragen. Ich werde die Begeisterung und Leidenschaft, die die Dortmunder ihrem Klub entgegenbringen, niemals vergessen. Ich habe die Erfolgsgeschichte der letzten Jahre natürlich verfolgt. Es freut mich sehr, dass der sportliche Aufstieg auch ohne Investoren oder sofortige Millionenausgaben möglich war und sich das Gerüst der Mannschaft trotz des Erfolgs nur unwesentlich verändert hat. Ich habe mir bereits vorgenommen, mal wieder ins Stadion zu gehen, aber zuletzt lagen die Spieltage irgendwie schlecht. Ich möchte aber unbedingt nochmal die Atmosphäre inhalieren, keine Frage.
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