Das Abarbeiten geht weiter

Jochen Tittmar
16. Januar 201419:04
Jürgen Klopp war mit den Testspielen im Trainingslager in La Manga nicht zufriedengetty
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Borussia Dortmund reist am Freitag aus dem Trainingslager im spanischen La Manga ab. Der BVB hat intensiv an seinen Problemfeldern gearbeitet. Die Testspiele ließen Trainer Jürgen Klopp allerdings nicht in Jubel ausbrechen. Personell gibt es fast nur gute Nachrichten - wäre da nicht Sorgenkind Ilkay Gündogan.

"Es ist ein großes Feld, das es für uns abzuarbeiten gilt", sagte Trainer Jürgen Klopp zu Beginn des Trainingslagers von Borussia Dortmund im spanischen La Manga.

Am Freitag ist die Zeit am Mittelmeer schon wieder beendet, dann reist der BVB auf direktem Wege zum Testspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern. Ab dann bleibt der Borussia eine Woche Zeit, um das Abarbeiten abzuschließen.

SPOX zieht ein Fazit des Aufenthalts an Spaniens Ostküste und gibt einen Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse.

Die Trainingseinheiten:

Ein klareres Umschaltspiel - in beide Richtungen des Spielfelds -, eine höhere Effizienz im Abschlussdrittel und das Einstudieren von Offensiv- sowie Defensivstandards sind die Schwerpunkte, die das Dortmunder Trainerteam in der Vorbereitung setzt.

SPOX

Das Trainieren der Standardsituationen blieb ohne einen neu-modernen Ansatz, stattdessen knallten Marco Reus, Nuri Sahin, Marcel Schmelzer, Jakub Blaszczykowski sowie Ilkay Gündogan die Bälle ganz klassisch in einer Vielzahl vor den Kasten. Mal von der Eckfahne aus, mal aus dem Halbfeld, mal flach, mal scharf, mal mit Schnitt.

Fiel kein Treffer, da die verteidigende Formation die Situation klärte, stritt man sich um den zweiten Ball. Klopp ließ das Spiel dann bis zum nächsten Torabschluss laufen, um eben auch die Zielstrebigkeit vor dem Kasten nicht auszulassen.

Die war in einigen Situationen zwar gegeben, eine vitale Verbesserung der Standardschwäche konnten die Beobachter allerdings weder im Training, noch bei den Testspielen ausmachen. Schmelzer bestätigte das Dilemma auf der mittäglichen Pressekonferenz am Mittwoch: "Entweder wir laufen schlecht ein und die Ecke kommt gut oder die Ecke kommt schlecht und wir laufen gut ein."

Schnelles Umschaltspiel im Fokus

Die intensivsten Einheiten spulte der BVB dann ab, wenn das Umschaltverhalten geschult wurde. Dies ging naturgemäß auf einem größeren Spielfeld als bei den Standards vonstatten. Anders als noch im Sommer-Trainingslager unterbrach Klopp hier nie den Spielfluss, sondern ließ alle Angriffe zu Ende spielen, um auch dort den Torabschluss im Ablauf zu verankern.

Eine Übung zur Veranschaulichung im Detail: Ein Neun-gegen-Neun-Spiel auf zwei Tore, die 50 Meter voneinander entfernt stehen. Mehrere Spieler von Team A sind entlang des Strafraums positioniert und schießen in schneller Abfolge nacheinander auf den Kasten. Die restlichen Feldspieler stehen tiefer und beobachten zunächst.

Auf der Grundlinie des Tores wartet das gesamte Team B, nur in der Mitte des Feldes ist ein Zielspieler postiert. Nach der Schussfolge wirft Co-Trainer Zeljko Buvac, der die Einheit federführend leitet, einen Ball in Richtung Zielspieler. Team B, das jetzt in Ballbesitz ist, stürmt in diesem Moment von der Grundlinie aufs Spielfeld und zwingt Team A zum Umschalten auf Defensive. SPOX

Klopp greift häufig ein

Eine offene Spielform folgt, deren Ziel es ist, schnellstmöglich nach vorne zu spielen und den Abschluss zu suchen. Gelingt dies nicht oder dauert zu lange, beendet Buvac durch einen weiteren Ballwurf den jeweiligen Ballbesitz abrupt und es geht wieder in die andere Richtung.

Klopp schaute sich das aus verschiedenen Perspektiven an, lief immer wieder am abgesteckten Spielfeld entlang. Der Coach griff grundsätzlich öfter ein als noch im Sommer. Diesmal vor allem, um die Spieler anzuweisen, auf dem Feld häufiger miteinander zu sprechen. "Dafür hat Gott uns die Sprache gegeben", rief er einmal.

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Seite 4: Klopps Fazit

Die Testspiele:

Die beiden Partien gegen Standard Lüttich (2:0) und den VfL Bochum (2:1) konnten zwar siegreich gestaltet werden, die Beteiligten waren mit den gezeigten Leistungen allerdings nicht vollends einverstanden.

Gegen die Belgier sah Klopp noch "viele gute Dinge, aber auch manche, die noch nicht so gut waren". Das war im kleinen Revierderby in San Pedro del Pinatar gänzlich anders, die nahe der Stammformation agierende Truppe in der ersten Hälfte zog den Zorn des Trainers auf sich.

"Die ersten 45 Minuten waren weit neben dem, was wir uns vorstellen. Wir hatten ein, zwei gute Momente, sonst war gar nichts. Kein Gegenpressing, nichts. Das hat mir gar nicht gefallen, um es klar zu sagen. Wenn Dinge schlecht sind, muss man es sagen. Und heute war es schlecht", wütete Klopp - und hatte Recht.

Dortmund, das mit Pierre-Emerick Aubameyang in vorderster Front und Robert Lewandowski leicht versetzt dahinter agierte, trat gegen den Zweitligisten zu pomadig auf. Das Passspiel geriet häufig unsauber, die Angriffsbemühungen waren leicht durchschaubar.

Experiment mit Mkhitaryan

"Wir müssen uns viel mehr bewegen", wurde Schmelzer noch gegen Lüttich deutlich und forderte einen konsequenteren Zugriff in der Defensive: "Es geht nicht nur darum, in den Zweikämpfen dabei zu sein und zu schieben, sondern auch darum, den Ball zu erobern und schnell nach vorn zu spielen."

Klopp ließ Henrikh Mkhitaryan beide Male auf der zurückgezogenen Position im Mittelfeld auflaufen, im Verbund mit Sahin bildete er die offensive Acht. "Es ist grundsätzlich immer mal eine Überlegung wert, ihn aus der Tiefe kommen zu lassen", erklärte Klopp im Anschluss an das Duell gegen Lüttich.

Der Armenier verzeichnete seine besten Aktionen durch gelungene Ballan- und -mitnahmen bei schnellen Tempogegenstößen, leistete sich aber einige leichtfertige Ballverluste im Aufbauspiel - ein Spiegelbild seiner Auftritte in der Hinrunde.

"Er war natürlich heute auch nicht gut. Manchmal ist er einfach zu verkrampft", sagte Klopp und kündigte an, genau deshalb demnächst das Gespräch mit seinem Neuzugang zu suchen. "Ob diese Experimente abgebrochen sind, muss ich mal gucken. Vielleicht geht es ja doch."

"Hau den Scheiß-Ball einfach weg"

Da Mats Hummels das Auftaktheimspiel gegen den FC Augsburg verpassen wird, testete der Coach weitere Alternativen in der Innenverteidigung. Manuel Friedrich erwies sich als extrem lautstarker Antreiber, der trotz seines erst kurzen Aufenthalts beim BVB nicht davor zurückschreckte, auch einem Routinier wie Sebastian Kehl Anweisungen zuzubrüllen.

Marian Sarr spielte vor allem gegen Bochum so, als ob die Partie die zweite Halbzeit des letzten Rückrundenspiels gegen Hertha BSC sei, als der Youngster vor dem Gegentreffer zum 1:2-Endstand folgenschwer patzte. Der 18-Jährige hatte selbst mit dem Passspiel, seiner Königsdisziplin, zu kämpfen und wirkte unsicher. "Hau den Scheiß-Ball einfach weg", entfuhr es Klopp in einer Szene, als Sarr wie gegen die Berliner zu lange mit einer Entscheidung zögerte.

Den besten Eindruck machte da noch Sven Bender, der gegen Bochum in der Viererkette auflief und es häufig mit dem bulligen Richard Sukuta-Pasu zu tun bekam. Bender erledigte seine Aufgaben unaufgeregt, diszipliniert und hielt robust dagegen. Sollte es bei den Sechsern keinen personellen Engpass geben, darf er sich gute Chancen ausrechnen, gegen den FCA neben Sokratis nominiert zu werden.

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Die Personalien:

Die ganz große Verletzungsmisere beim BVB ist weitestgehend behoben. Neben dem langzeitverletzten Neven Subotic, der in Dortmund blieb und nach einer weiteren Untersuchung um eine zweite Operation herumkommt, ist Ilkay Gündgogan das einzige Sorgenkind. Der am Rücken lädierte Nationalspieler fing sich in La Manga eine Bronchitis ein und flog frühzeitig nach Deutschland zurück.

"Ilkay befindet sich bereits auf dem Weg der Besserung. Weil er bis zum Ende des Trainingslagers aber ohnehin nicht mehr ins Mannschaftstraining hätte zurückkehren können, haben wir gemeinsam entschieden, dass er nach Hause fliegt, wo wir auch medizinisch noch bessere Möglichkeiten haben", ließ Mannschaftsarzt Dr. Markus Braun verlauten.

"Das sind natürlich keine guten Nachrichten. Wir hätten ihn zum Rückrundenstart gern dabei gehabt. Es deutet sich an, dass das nicht gehen wird", sagte Klopp.

Ilkay Gündogan: Das Rätsel

Hummels hingegen macht täglich Fortschritte und fühlt sich fit. Das erste Auswärtsspiel des Jahres bei Eintracht Braunschweig ist sein Ziel. In Spanien riss Hummels mehrfach Überstunden ab. Während die Teamkollegen bereits mit dem Bus gen Hotel gebracht wurden, lief er seine Runden über den Platz und trainierte im koordinativen Bereich.

Piszczek: "Bin bei 100 Prozent"

"Die Fortschritte sind gut. Für mich ist wichtig, dass ich eine ganze Trainingswoche mitgemacht habe, bevor ich wieder ein Spiel absolvieren kann. Fünf, sechs, sieben Einheiten vielleicht. Ich hoffe, dass ich nach dem Augsburg-Spiel wieder einsteigen kann", ließ er wissen. "Er ist einen großen Schritt nach vorne gekommen", freute sich der Trainer.

Nuri Sahin brach sich zwar am Mittwoch die Nase, der Bruch ist jedoch glatt und bereitet damit keine größeren Komplikationen. Er wird aller Voraussicht nach noch in Spanien wieder das Training aufnehmen. Ein Ausfall ist nicht zu befürchten.

Lukasz Piszczek hat die Leidenszeit nach seiner Hüftoperation dagegen längst überstanden. In der Hinrunde sammelte er bereits 244 Pflichtspielminuten. "Ich trainiere jeden Tag und werde die Vorbereitung bis zum Ende durchziehen. Dann werden wir sehen, aber ich denke, dass ich schon jetzt wieder bei 100 Prozent bin", sagte der Pole im Gespräch mit SPOX. Dies gibt Klopp neue Möglichkeiten an die Hand, sein Stellvertreter Kevin Großkreutz ist also ab sofort auch wieder für Aufgaben im Mittelfeld frei.

Jordanov: "Es macht Spaß"

Blieben noch Lewandowski und Edisson Jordanov. Der Bald-Münchner ist 2014 zwar noch torlos, trainierte aber professionell wie gewohnt und scherzte hier und da mit seinen Kameraden. Die zurückgezogene Rolle im Test gegen den VfL füllte er allerdings nicht mit Leben, hatte keinen Torabschluss und war generell zu weit weg, um frühzeitig den Aufbau des Gegners zu stören.

Jordanov dagegen ist das erste Mal bei den Profis dabei gewesen. Der Mittelfeldspieler, der gegen Bochum links in der Offensivreihe auflief und ein Abstaubertor erzielte, kam vor der Saison von Hansa Rostock zum BVB und absolvierte bei den Amateuren in der 3. Liga 18 Partien (zwölf von Beginn an, 1 Tor).

"Man muss sich daran gewöhnen, aber es macht Spaß. Ich denke, zum Weiterentwickeln ist es toll. Es wird mit jedem Training besser, aber ich brauche natürlich noch ein bisschen Zeit", bilanziert der Sohn eines bulgarischen Vaters.

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Seite 4: Klopps Fazit

Klopps Fazit:

Dortmunds Coach grübelte bei der abschließenden Presserunde am Donnerstag kurzzeitig darüber nach, ob seine Ansprüche manchmal zu hoch seien, weil ihm die Testspiele trotz der beiden Siege nicht gefallen haben.

In der Tat ist noch längst nicht alles perfekt beim BVB, inwiefern die Galligkeit einen Unterschied zur Hinrunde ausmachen wird, zeigt sich erst in den Pflichtspielen.

"Es war ein ganz intensives Programm und ein wichtiges Trainingslager", so Klopp. "Eigentlich ist bis auf die Geschichte mit Ilkay alles gut verlaufen, kleinere Wehwehchen sind immer dabei. Wir haben große Umfänge trainiert, die auch notwendig sind. Irgendwann kommt nämlich wieder der Zeitpunkt, an dem wir kaum trainieren und nur noch regenerieren können. Die Jungs haben sich bis an den Rand der Erschöpfung verausgabt. Wir brauchen für die Spiele noch die Robustheit und ein paar andere Dinge, um in den schwierigen Momenten bestehen zu können. Ich bin mit dem Stand total zufrieden, wir sind auf einem sehr guten Weg. Nächste Woche ist normaler Rhythmus und wir werden normal trainieren." Das Abarbeiten beim BVB geht also weiter.

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