Als am Sonntagnachmittag das Ende der heilen Mainzer Welt verkündet wurde, durfte Thomas Tuchel gar nichts mehr sagen.
In Abwesenheit des 40-Jährigen sprach FSV-Manager Christian Heidel mit blumigen Worten über das Ende der Zusammenarbeit mit dem vertraglich weiterhin gebundenen Trainer - das eine eigentlich höchst erfolgreiche Saison tief in den Schatten stellt.
"Er hat mir klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass er seine Mission als beendet ansieht", berichtete Heidel über die Gespräche mit dem Coach, die der Klub wochenlang vor der Öffentlichkeit geheim gehalten hatte: "Es war eine sehr emotionale Situation. Fakt ist, dass Thomas sich gestern (Samstag, d. Red) von der Mannschaft mit bewegenden Worten verabschiedet hat."
Vertrag steht - Tuchel unzufrieden
Fakt ist aber auch, das bekräftigte Heidel in aller Deutlichkeit und immer wieder, dass Tuchels noch bis zum 30. Juni 2015 laufender Vertrag nicht aufgelöst werden wird. Auf dem Papier bleibt Tuchel damit auch in der kommenden Saison Trainer der Rheinhessen.
Ebenso Fakt ist, dass Tuchel mit der Situation äußerst unzufrieden zu sein scheint. "Meinem Wunsch nach einer einvernehmlichen Lösung ist seit Januar ebenso wenig entsprochen worden, wie die Möglichkeit einer gemeinsamen öffentlichen Erklärung", ließ Tuchel per schriftlichem Statement am Sonntagnachmittag ausrichten: "Beides bedauere ich sehr. Ich hoffe nach wie vor auf eine zeitnahe Lösung."
Unbezahlter Urlaub?
Auch Heidel sei "an einer Lösung interessiert, aber Verträge sind Verträge und die werden bei Mainz 05 erfüllt. Ihm war immer klar, dass es einen Vereinswechsel ohne Mainz 05 nicht geben wird", sagte Heidel. Die Situation sei ein "Novum", auch juristisch. "Für mich persönlich wäre das eine Katastrophe, wenn sich Thomas Tuchel und Mainz 05 vor einem Arbeitsgericht wiederfinden."
Eine Lösung könne ein Jahr unbezahlter Urlaub sein, Tuchel habe schließlich zu verstehen gegeben, dass er in der kommenden Saison keine Mannschaft betreuen wolle. "Aber jetzt müssen erst einmal die Emotionen raus", sagte Heidel und gab sich deutlich Mühe, die Eindrücke einer zerrissenen Mainzer Welt zu überspielen.
"Von mir wird nie ein böses Wort über Thomas kommen", sagte der Manager, der über einen "überragenden Trainer" sprach: "Es gibt keinen Grund nach fünf Jahren, dass wir uns jetzt irgendwie anfangen zu fetzen."
Keine Chance auf einen Wechsel
Allerdings bestätigte Heidel Tuchels geheimen Gespräche mit Schalke 04, die ihm deutlich auf den Magen geschlagen haben dürften. Auch mit Bayer Leverkusen hatte Tuchel verhandelt. "Ich weiß, dass er da ab und zu andere Ansichten hat", sagte Heidel diplomatisch. Allen Interessenten habe Heidel zu verstehen gegeben, dass "die Chance bei 0,0 Prozent liegt, dass Thomas am 1. Juli Trainer bei einem anderen Verein ist."
Tuchel meinte dazu: "In keinem Gespräch mit einem Verantwortlichen von Mainz 05 habe ich um eine Freigabe für einen anderen Verein oder um die Auflösung meines Vertrages gebeten."
Europa-League-Quali ausgiebig gefeiert
Die Mannschaft hatte der Trainer erst nach dem 3:2 (1:1) gegen den Hamburger SV und dem Einzug in die Europa League in Kenntnis gesetzt, erst während des anschließenden Mannschaftsessens und der Party bis in die frühen Morgenstunden im Hofgut Laubenheimer Höhe überbrachte Tuchel der Mannschaft die Nachricht.
Der frühere Jugendtrainer Tuchel hatte den FSV 2009 von Jörn Andersen übernommen und in den vergangenen Jahren fest im Bundesligamittelfeld etabliert. Immer wieder wurde Tuchel in den vergangenen Monaten mit vakanten Trainerstellen bei größeren Klubs in Verbindung gebracht.
Die Trainerentlassungen der Saison 2013/2014:
1. Bruno Labbadia (VfB Stuttgart) 26. August 2013 (Nachfolger: Thomas Schneider)
2. Thorsten Fink (Hamburger SV) 17. September 2013 (Nachfolger: Bert van Marwijk)
3. Michael Wiesinger (1. FC Nürnberg) 7. Oktober 2013 (Nachfolger: Gertjan Verbeek)
4. Mirko Slomka (Hannover 96) 27. Dezember 2013 (Nachfolger: Tayfun Korkut)
5. Bert van Marwijk (Hamburger SV) 15. Februar 2014 (Nachfolger: Mirko Slomka)
6. Thomas Schneider (VfB Stuttgart) 09. März 2014 (Nachfolger: Huub Stevens)
7. Sami Hyypia (Bayer Leverkusen) 5. April 2014 (Nachfolger: Sascha Lewandowski)
8. Gertjan Verbeek (1. FC Nürnberg) 23. April 2014 (Nachfolger: Roger Prinzen)
9. Thomas Tuchel (FSV Mainz 05) 11. Mai 2014 (Nachfolger noch offen)
Mainz 05 im Steckbrief