SPOX: Kaan Ayhan, Roberto di Matteo sagt, das Pensum sei in so einem Trainingslager für junge Spieler ungewohnt. Können Sie sich noch an Ihr erstes Trainingslager bei den Profis erinnern?
Kaan Ayhan: Das war ebenfalls hier in Katar vor zwei Jahren. Was der Trainer sagt, traf damals auch auf mich zu. Es ist vor allem mental schwieriger, weil man angespannter und nervöser als sonst ist. Es ist tatsächlich nicht so einfach, wenn ich das nach zwei Jahren mal so sagen darf (lacht).
SPOX: Sie sind erst 20, gehören aber hier in Doha schon fast zu den Älteren. Geben Sie schon Tipps oder halten Sie sich noch zurück?
Ayhan: Ich bin noch in der Phase, in der ich selbst noch Tipps einhole und noch viel lerne. Ich muss zusehen, dass ich mich selbst in jeder Trainingseinheit verbessere. Für die Tipps sind in erster Linie die Führungsspieler, die wir in der Mannschaft zu Genüge haben, verantwortlich. Das machen sie gut.
SPOX: Die Berührungsangst, wenn die Jungen zu Ihnen kommen, ist vielleicht kleiner.
Ayhan: Klar, wenn ich mal einen Zimmerpartner oder einen Spieler habe, den ich aus der Jugend kenne, sage ich schon mal: "Hey, das habe ich vor zwei Jahren auch falsch gemacht, den Tipp haben mir andere schon gegeben. Mach' das lieber so." Wir haben hier ja auch so etwas wie einen Freundeskreis. Es sind mindestens sechs Spieler hier, mit denen ich in der Jugend schon gespielt habe. Das macht vieles einfacher. Als Max Meyer und ich vor zwei Jahren hochgekommen sind, war das noch anders. Da gab es noch nicht so viele Jugendspieler.
SPOX: Tipps können Sie den jungen Spieler geben, wie man hier in Doha die Freizeit verbringt. Was machen Sie denn, wenn Sie gerade nicht trainieren?
Ayhan: Wir haben ein Tablet auf dem Hotelzimmer, mit dem wir alles steuern können. Manchmal ändert man die Farbe der Lichter in den Räumen. Die Gardinen gehen auch mit dem Tablet auf und zu. Dabei fühle ich mich ganz wohl (lacht).
SPOX: Für Sie als Technikfreak das gefundene Spielzeug.
Ayhan: Ja, wobei wir hier gar nicht so viel Freizeit haben. Wir waren im großen Einkaufszentrum um die Ecke, doch leider vergeblich, denn da haben die Kreditkarten irgendwie nicht funktioniert.
Kaan Ayhan im Steckbrief
SPOX: Im Vordergrund steht hier natürlich die Vorbereitung für die Rückrunde. Für Trainer Roberto di Matteo ist es auch die erste Gelegenheit, länger mit der Mannschaft am Stück zu trainieren. Hat er seine Philosophie bereits an den Mann gebracht?
Ayhan: Damit ist er zum Ende der Hinrunde schon sehr weit fortgeschritten. Die hat er uns trotz der knappen Zeit eingeimpft. Wir haben vor allem vom Systemwechsel zur Dreierkette profitiert, wie man auch an den Ergebnissen sehen kann. Jetzt geht es darum, die Automatismen zu festigen und jedem klarzumachen, welche Aufgaben er hat. Ein Beispiel...
SPOX: Gerne.
Ayhan: Den klassischen Innenverteidiger gibt es nicht mehr wie bei der Viererkette. Es gilt zum Beispiel zu verstehen, wann ich als Mitglied der Dreierkette rausrücke oder zur Absicherung stehen bleibe.
SPOX: Was hat sich für Sie konkret verändert?
Ayhan: Es ist in erster Linie die Positionierung. Beim Spielaufbau stehe ich viel weiter außen, um von dort verstärkt das Spiel zu gestalten. Das ist eine Gewöhnungssache, aber für einen Innenverteidiger ein Vorteil, von weiter außen aufzubauen als in zentraler Position. Der Gegner kann dich dort nach außen drängen und somit verringern sich die Anspielstationen.
SPOX: Di Matteo fordert nicht nur, dass Sie das neue System beherrschen, sondern auch, dass Sie lauter werden und noch mehr Einfluss nehmen. Wie weit sind Sie?
Ayhan: Sagen wir so: Es ist noch Verbesserungspotenzial da. Es ist auf jeden Fall besser geworden im Vergleich zu der Zeit davor und ich versuche das auch hier im Training umzusetzen. Ich hatte die Automatismen angesprochen: Kommunikation gehört zum Automatismus dazu. Das muss auch in meinen Kopf.
SPOX: Der Klub hat für Ihre Position Matija Nastasic von Manchester City verpflichtet. Wie nimmt man das als Profi wahr, wenn der Verein einen Spieler für die eigene Position holt?
Ayhan: Ganz egal ist es einem nicht. Wir haben zwar auf der Position jetzt drei statt zwei Spieler, aber dennoch ist klar, dass das erst einmal ein Konkurrent mehr ist. Es spornt mich an, aber auf der anderen Seite erhöhen sich für die Mannschaft die Möglichkeiten.
SPOX: Haben sich mal Google angeworfen, um zu schauen, wer das ist und was er kann?
Ayhan: Im Fall von Matija Nastasic nicht. Natürlich kriegt man mit, was das für ein Spieler ist, was er kann und wo er spielt. Aber ich gucke mir keine Videos an, wie man es vielleicht als Kind getan hat.
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