Zukunft in Volkes Hand

Frank Oschwald
30. Januar 201513:03
Wie geht es weiter in der Stadionfrage des SC Freiburg?getty
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Der SC Freiburg steht vor einer der wichtigsten Entscheidung der Vereinsgeschichte. Am Sonntag wird bei einem Bürgerentscheid über ein neues Stadion abgestimmt. Sollten sich die Anwohner gegen einen Neubau aussprechen, droht der Abschied aus der Bundesliga. SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen vor der Abstimmung.

Worum geht's bei der Abstimmung?

Seit mehreren Jahren darf der SC Freiburg seine Bundesliga-Heimspiele nur aufgrund einer Sondergenehmigung austragen. Der Platz des Stadions an der Schwarzwaldstraße ist knapp 4,5 Meter zu kurz, in Nord-Süd-Richtung herrscht ein Gefälle von knapp einem Meter. Immer wieder deutete der Verband an, dass früher oder später eine Lösung für dieses Problem gefunden werden muss. Auch deshalb beauftragte der SC im Sommer 2012 eine externe Firma, ein Gutachten zu erstellen.

Dieses sollte Klarheit schaffen, ob sich ein Umbau des aktuellen Stadions lohne oder ein Neubau finanziell attraktiver wäre. Das Ergebnis war deutlich: Eine Investition in die alte Arena ist aus wirtschaftlicher Sicht unsinnig und nahezu gleich teuer wie ein neues Stadion. Der Entschluss für den Neubau fiel schnell. "Es geht um die Zukunftssicherung des SC und den Erhalt des Profifußballs in der Region. Wir hinken der Entwicklung im deutschen Profifußball einfach hinterher", so SC-Präsident Fritz Keller.

Die Frage nach dem Standort blieb zunächst jedoch unbeantwortet. Stadt und Verein prüften unzählige Optionen, recht schnell kristallisierte sich der Standort am "Wolfswinkel" in der Nähe des Flugplatzes als Favorit heraus. Die Anwohner im angrenzenden Wohngebiet zeigten sich wenig begeistert und deuteten Proteste an.

Eine Gemeinderatsitzung im November 2014 gab letztlich mit deutlicher Mehrheit grünes Licht für einen Stadionneubau an diesem Standort. Zeitlich wurde jedoch - erstmals in der Stadtgeschichte - auf Initiative des Rates hin ein Bürgerentscheid ins Leben gerufen. Dieser soll nun Klarheit darüber schaffen, ob auch die Anwohner Freiburgs hinter dem Millionenprojekt stehen.

Dazu sind am Sonntag gut 168.000 Bürger wahlberechtigt. Sollte der SC die Unterstützung der Anwohner bekommen, könnte ab 2017 mit dem Bau für das 35.000 Zuschauer fassende Stadion begonnen werden. Die Bauzeit würde gut zwei Jahre betragen.

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Seite 2: Was spricht für den Stadionneubau?

Seite 3: Was sagen die Gegner?

Seite 4: Wie soll das Stadion finanziert werden?

Seite 5: Wie sehen die Alternativen aus?

Was spricht für den Stadionneubau?

Am offensichtlichsten wird das Bedürfnis nach einem neuen Stadion beim Blick auf den Zuschauerschnitt. Mit rund 24.000 Gästen liefert sich der Sport-Club seit Jahren mit den Aufsteigern ein Rennen um den letzten Platz. Höhere Einnahmen durch Tickets können nicht generiert werden, obwohl der Bedarf bei einer Auslastung von 97 Prozent vorhanden wäre.

Zudem sitzt dem SC die DFL im Nacken. Seit Jahren trägt Freiburg aufgrund des zu kurzen Platzes die Heimspiele mit einer Ausnahmegenehmigung aus. Wie lange diese noch erteilt wird, ist nicht zu sagen. Auch die Lage des Stadions, so romantisch es für manchen Fan auch sein mag, entspricht nicht dem Bundesliga-Standard.

Öffentlich ist die Arena nur mit einer stets überfüllten Straßenbahn zu erreichen, Parkplätze im nahen Umfeld sind rar. Das Stadion steht außerdem mitten im Wohngebiet. Bereits vor Jahren beschwerten sich Anwohner über den Lärm an Wochenenden.

Die ökonomischen Vorteile des Stadionneubaus wiegen jedoch wohl noch schwerer. Dem SC selbst fehlt im alten Stadion jegliche professionelle Vermarktungsmöglichkeit. Businesslogen sind erst gar nicht vorhanden, zusätzliche Einnahmen im Ticketing, Sponsoring und Catering sind aufgrund der beschränkten Kapazitäten nicht realisierbar. Schätzungen zufolge fehlen dem SC drei bis fünf Millionen Euro an Einnahmen pro Jahr im Vergleich zur Konkurrenz. SPOX

Mit dem alten Stadion sei der Abstieg in die 2. Liga nur noch eine Frage der Zeit, betonen die Verantwortlichen. Die Voraussetzungen, die das alte Stadion bietet, seien zu schlecht und nicht für die Bundesliga ausgerichtet. "Ohne das neue Stadion werden wir uns im Haifischbecken Bundesliga nicht halten. Wir brauchen es für die erste, im Falle eines Abstiegs aber auch dringend für die zweite Liga", so Präsident Keller.

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Was sagen die Gegner?

Der extreme Gegenwind bleibt beim SC erspart, da mit dem Gemeinderat und Oberbürgermeister Salomon inzwischen wichtige Säulen der lokalen Politik deutlich hinter dem Projekt stehen. Dennoch wird im hin und wieder kritischen Freiburger Umfeld ein solch großes Projekt hinterfragt.

Den Gegnern sind dabei vor allem zwei Dinge ein Dorn im Auge. Auf der einen Seite ist das die Finanzierung. Die Stadt will sich mit 38 Millionen Euro an der Infrastruktur rund um das Stadion beteiligen. Eine Summe, die zahlreiche Bürger gerne an anderer Stelle investiert sehen.

Der zweite Kritikpunkt ist die Wahl des Standorts. Sowohl das gesteigerte Verkehrsaufkommen an Spieltagen als auch der Lärm soll zu großen Problemen an Spieltagen führen. Zudem soll der SC bei der Standortsuche ökologische Aspekte ignoriert haben, sagen Kritiker. Natur- und Lebensraum für schützenswerte Arten würden zerstört werden. Der Standort falle zudem exakt in die seit Jahren geschützte Klima- und Kaltluftschneise. Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.com

Zu guter Letzt melden sich auch die Mitglieder des Flughafens zu Wort. Inwiefern der Flugverkehr bei einem Stadionbau allerdings behindert wäre, ist noch nicht abschließend geklärt. Beim örtlichen Fallschirmspringer-Verein soll es jedoch zu erheblichen Einschränkungen kommen.

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Wie soll das Stadion finanziert werden?

Rund 70 Millionen Euro hat der Verein für die Baukosten des Stadions eingeplant. Davon soll der Sport-Club gut 20 Millionen Euro aus der eigenen Tasche zahlen. Aktuell ist vorgesehen, dass der Verein zunächst die bereits gesparten Rücklagen in Höhe von 15 Millionen Euro einbringt und in den folgenden fünf Jahren jeweils eine Million Euro beisteuert. Hinzu kommt mit der Rothaus Brauerei ein typischer stiller Gesellschafter, der sich mit knapp 13 Millionen Euro beteiligen würde.

Auch das Land Baden-Württemberg würde laut den Planungen zehn Millionen Euro "plus eine Summe X" beisteuern. Die restlichen rund 27 Millionen Euro sollen über Darlehen finanzieren werden. Diese Summe wäre durch eine 80-prozentige Bürgschaft der Stadt Freiburg abgesichert.

Die anfallenden Kosten in Höhe von 38 Millionen Euro für die Infrastruktur rund um das Stadion würde die Stadt nahezu komplett übernehmen. Darunter fallen hauptsächlich Parkplätze und Zufahrten, die jedoch auch von der naheliegenden Universität genutzt werden sollen. Dies sei Teil einer "breit angelegten Nutzungskooperation mit erheblichen Synergien". So soll beispielsweise auch die Mensa der Uni ins Stadion verlegt werden.

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Seite 5: Wie sehen die Alternativen aus?

Wie sehen die Alternativen aus?

Grundvoraussetzung für einen gültigen Bürgerentscheid ist, dass 25 Prozent der berechtigten Personen am Sonntag zur Urne gehen. Sollte dies nicht geschehen, wäre der Entscheid ungültig und der Gemeinderat hätte die alleinige Entscheidungsgewalt. Sollten hingegen genug Freiburger gegen das Projekt stimmen, wäre ein Stadionbau am Wolfswinkel ausgeschlossen.

Zwar wäre diese Restriktion zunächst nur für diesen Standort bindend, doch da das Finanzierungskonzept der Stadt und des Vereins explizit auf dieses Gebiet ausgelegt ist, wäre ein Neubau für die nächsten Jahre erst mal vom Tisch. Die 38 Millionen, die die Stadt zur Verfügung stellt, wären dann zunächst hinfällig.

"Dann müssten wir eine riesige Schleife drehen", bestätigt SC-Pressesprecher Rudi Raschke. Einen groß angelegten Umbau des aktuellen Stadions wird es allerdings auch nicht geben. Das Stadion an der Schwarzwaldstraße kann aufgrund einer Beschränkung nur um 1000 Sitzplätze ausgebaut werden. Die Kosten, die der SC dafür aufbringen muss, stehen wirtschaftlich in keinem Verhältnis.

"Wir werden sicher keine 50 Millionen in das alte Stadion investieren, um am Ende 1000 Sitze mehr zu haben", so Raschke. Wie der SC letztlich vorgeht, wenn der Entscheid negativ ausfällt, scheint noch nicht festzustehen. Sicher ist jedoch, dass die Bürger am Sonntag die Weichen der Zukunft des Sport-Clubs stellen.

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