SPOX: Bis das passierte, mussten Sie zwei Jahre lang warten. Die Warterei wurde Ihnen auch bei Manchester City zu viel. Wie kam damals denn der Kontakt nach Mainz überhaupt zustande?
Karius: Ganz klassisch über meinen Berater. Ich wollte in einem Profiteam spielen, doch diese Perspektive sah ich in Manchester irgendwann nicht mehr. Ich wollte dann den Verein wechseln, um nicht noch länger nur in der Reserve-Mannschaft aufzulaufen. Das Angebot vom FSV hat letztlich einfach am besten gepasst, da ich dort die größte Möglichkeit sah, als junger Keeper durchstarten zu können.
SPOX: Wie sind Sie dann mit der Wartezeit in Mainz umgegangen, Ihr Vorhaben ließ sich ja auch dort nicht sofort umsetzen?
Karius: Ich war anfangs zu ungeduldig. Ich dachte, ich würde einen Schritt zurück gehen, um gleichzeitig zwei nach vorne machen zu können. Deshalb war ich zunächst schon ein wenig geknickt, nicht sofort die Nummer eins geworden zu sein. Das war aber der falsche Ansatz, wie ich jetzt weiß. Ich habe vergessen zu bedenken, dass ich noch sehr jung war und einfach noch etwas Zeit brauchte.
Loris Karius im Steckbrief
SPOX: Wie kamen Sie zu dieser Einsicht?
Karius: Schleichend (lacht). Ich habe mit der Zeit gelernt, meine Situation anzunehmen und versuchte dann, einfach kontinuierlich hart zu trainieren. Nur so und nicht anders kann man die Entscheidung des Trainers beeinflussen. Ich weiß jetzt, dass ich nur auf mich zu schauen habe und gucke nicht mehr so sehr auf die anderen.
SPOX: Wann war Ihnen klar, dass es in England nichts mehr für Sie wird?
Karius: Kurz bevor ich nach Mainz wechselte, fiel ich wegen eines Handbruchs aus. City hat sich deshalb entschieden, einen weiteren Torhüter zu verpflichten. Sie wollten nicht nur mit Joe Hart und mir in die Champions-League-Saison gehen. Ich sah meine Chancen allmählich einfach schwinden und dachte mir dann: Soll nur deshalb bleiben, um sagen zu können, dass ich bei Manchester City spiele? Ich wollte eine Nummer eins werden. Das bin ich nun und deshalb kann ich jetzt sagen, dass der Schritt nach Mainz genau richtig war. Es ist aber auch beileibe nicht so, dass ich die Zeit in England bereue. City hat mich sportlich und privat sehr geprägt.
SPOX: In Manchester haben Sie Freundschaften zu Jerome Boateng und Mario Balotelli geschlossen. Haben Sie zu beiden noch einen Draht?
Karius: Mit Mario weniger, mit Jerome dagegen schon. Wir waren damals die beiden einzigen Deutschen und haben viel zusammen unternommen. Ihn würde ich als Freund bezeichnen. Wir schreiben uns ab und zu und tauschen bei unseren Duellen die Trikots (lacht).
SPOX: Wie war's denn so mit dem sagenumwobene Balotelli?
Karius: Ganz normal, er ist ein völlig normaler Typ. Er kam damals neu zum Verein und war ungefähr in meinem Alter, so dass wir einiges an Zeit miteinander verbracht haben. Ihm hängt aktuell seine Vergangenheit etwas nach, er erscheint medial fast immer in einem falschen Licht. Für mich gehört er rein sportlich zu den besten Stürmern der Welt. Er ist jetzt auch im besten Alter, das allen zu beweisen - aber es liegt an ihm.
SPOX: Das könnte man beim Thema U-21-Nationalmannschaft auch über Sie sagen. Im Sommer steht die EM in Tschechien an. Bislang steht für Sie ein Länderspiel zu Buche. Inwiefern schielen Sie auf dieses Turnier?
Karius: Ich will mit dabei sein, keine Frage. Aber ich denke, dass ich nicht in der Position bin, irgendwelche Forderungen zu stellen. Es ist, wie Sie sagen: Es liegt an mir, dauerhaft meine Leistung in Mainz zu bringen und mich weiter zu entwickeln. Alles andere liegt nicht in meiner Hand. Man wird sehen, inwiefern mir das hilft, mit nach Tschechien fahren zu dürfen.
SPOX: Ihre Konkurrenten im Team von Horst Hrubesch heißen Marc-Andre ter Stegen, Timo Horn und Bernd Leno. Das ist ein ganz schönes Pfund, oder?
Karius: Natürlich. Am Ende können nur drei von uns vieren mitfahren. Natürlich rechne ich mir Chancen aus, mache mich deswegen aber auch nicht verrückt. Im Fußball kann dir niemand eine Garantie für irgendetwas geben, es ist wirklich ein reines Tagegeschäft. Wenn man sich in der Gegenwart zu sehr mit der Zukunft beschäftigt, hilft es einem nicht sehr weiter. Schon morgen können sich Situationen plötzlich ganz anders darstellen.
SPOX: Denkt man da nicht manchmal, dass die hohe Qualität deutscher Torhüter Fluch und Segen zugleich ist?
Karius: Nein. Man muss das als Ansporn verstehen, sich in diesem Kreis durchsetzen zu wollen, um irgendwann auch einmal in der A-Nationalmannschaft dabei sein zu können. Für ein Land zu spielen, das keine Chancen auf Titelgewinne hat, ist auf Dauer vielleicht auch nicht ausschließlich reizvoll. Momentan haben wir mit Manuel Neuer eine klare Nummer eins, die gesetzt ist. Für mich gilt: Ich bin erst 21 Jahre alt und habe hoffentlich noch einige Jahre vor mir. Ich habe für meine Karriere keinen Zeitplan, weiß aber, dass es im Fußball Geduld braucht und es auch schnell gehen kann. Schauen wir mal, was noch alles kommt (lacht).
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