Werder Bremen gelang in der letzten Saison die Wende vom Abstiegskandidaten zum Europa-League-Anwärter. Nun soll der nächste Schritt gemacht werden, die ersten Verstärkungen sind schon eingetroffen. Für weiteren Handlungsspielraum muss allerdings erstmal der XXL-Kader ausgemistet werden - auf Thomas Eichin wartet noch ein Haufen Arbeit.
Tor
Das Personal: Raphael Wolf, Raif Husic, Michael Zetterer
Abgänge: Koen Casteels (Wolfsburg, war ausgeliehen), Richard Strebinger (Rapid Wien)
Zugänge: Felix Wiedwald (Eintracht Frankfurt)
Offene Positionen: Keine
Kandidaten: Keine
Seit dem Abgang von Tim Wiese nach Hoffenheim (2012) ist bei Werder auf der Torwartposition keine Ruhe mehr eingekehrt. Sebastian Mielitz konnte nicht in die großen Fußstapfen treten und spielt inzwischen bei Greuther Fürth, sein Nachfolger Raphael Wolf wurde im April von Cheftrainer Viktor Skripnik abgesetzt. Zwischenzeitlich übernahm Koen Casteels den Job zwischen den Pfosten - doch der war nur ausgeliehen und wechselt zum VfL Wolfsburg.
Mit der Verpflichtung von Felix Wiedwald aus Frankfurt erhoffen sich die Bremer endlich Konstanz auf der Sorgenposition. Der 25-Jährige, der in der vergangenen Saison zehn Mal mit Erfolg Kevin Trapp vertreten durfte, ist ein Altbekannter. Er durchlief von 1999 bis 2011 Werders Jugendmannschaften bis zur U23 und soll nach einem Umweg über Duisburg und Frankfurt nun also bei den Profis mitmischen. "Bremen ist mein Verein. Es ist ein super Gefühl für mich, wieder hier zu sein", sagt der Keeper.
Nur: Wolf ist noch nicht als erster Torwart abgeschrieben. Der 27-Jährige wird allerdings aufgrund einer Operation den ersten Teil der Saisonvorbereitung verpassen, ein klarer Nachteil gegenüber Wiedwald. Trotzdem gibt er sich angriffslustig, will um die Nummer eins kämpfen und wird laut Eichin den Verein nicht verlassen. Der Manager sieht vielmehr "eine wunderbare Konkurrenz-Situation", deren Ausgang offen sei: "Der Beste wird sich bei Viktor durchsetzen."
Hinter den beiden positionieren sich die Talente Raif Husic und Michael Zetterer. Husic hütete zuletzt den Kasten der U23, während sich Zetterer noch von einem Kahnbeinbruch erholt.
Seite 1: Tor - Endlich Konstanz nach der Wiese-Ära?
Seite 2: Abwehr - Das Gerüst steht
Seite 3: Mittelfeld - Wer nimmt die Unerwünschten?
Seite 4: Sturm - Di Santo pokert - Ujah steht bereit
Abwehr
Das Personal: Jannik Vestergaard, Luca Caldirola, Assani Lukimya, Theodor Gebre Selassie, Janek Sternberg, Santiago Garcia, Alejandro Galvez, Marnon Busch, Luca-Milan Zander
Abgänge: Sebastian Prödl (FC Watford)
Zugänge: Ulisses Garcia (Zürich), Mateo Pavlovic (Ferencvaros, war ausgeliehen), Oliver Hüsing (Hansa Rostock, war ausgeliehen)
Offene Positionen: Innenverteidiger
Kandidaten: Rodrigo Ely (AS Avellino)
Ganze zwölf Verteidiger tummeln sich im aktuellen Werder-Kader, da wird Eichin noch Hand anlegen müssen und den einen oder anderen Akteur abgeben. Spektakuläre Neuzugänge sollten dagegen nicht erwartet werden, auch wenn Werder in der abgelaufenen Saison zusammen mit Paderborn die meisten Buden kassierte (65) und es den ehemaligen Abwehrchef Prödl ablösefrei auf die Insel zog.
Unter Skripnik kehrte defensiv zumindest phasenweise Stabilität ein, Winterneuzugang Vestergaard ist als Innenverteidiger gesetzt, genauso wie der Spanier Galvez. Standen die beiden zusammen auf dem Feld, gewann Werder immer. Das Problem: In der Rückrunde war dies nur drei Mal der Fall, da beide immer wieder verletzungsbedingt ausfielen. Vor allem bei Galvez zieht sich dieses Schicksal wie ein roter Faden durch seine (noch kurze) Werder-Karriere.
Mit Lukimya steht zwar ein fähiger Backup bereit, doch sein Spiel weist traditionell Licht und Schatten auf. Eine weitere Verstärkung auf der Vier sollte also durchaus in Betracht gezogen werden. Der von einer Leihe zurückgekehrte Pavlovic sowie der Italiener Caldirola kommen für diese Rolle wohl nicht mehr in Frage, beide Spieler sind Kandidaten für einen Verkauf. Bei Caldirola soll zuletzt der 1. FC Köln angeklopft haben.
Auf der rechten Seite führt kein Weg an Gebre Selassie vorbei, der unter Skripnik regelrecht aufblühte und seinen Vertrag jüngst bis 2018 verlängerte. "Theo ist ein ganz wichtiger Spieler für uns und ein außergewöhnlicher Mensch, der auch innerhalb der Mannschaft größtes Vertrauen genießt", sagte Eichin im Februar. Dahinter wartet mit Busch ein 20-jähriger Perspektivspieler, der, wenn er nicht gerade verletzt war, sein Talent in neun Liga-Spielen immer wieder aufblitzen ließ.
Auf links gibt es den doppelten Garcia. Santiago dürfte erster Kandidat sein, der 19-jährige Neuzugang Ulisses aus Zürich soll dem Argentinier, der sich durch seine ungestümen Aktionen immer wieder selbst in Schwierigkeiten bringt, aber Druck machen. Gleiches gilt für den 22-jährigen Sternberg, der zuletzt noch nicht gefestigt genug für die 1. Liga schien.
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Mittelfeld
Das Personal: Cedrick Makiadi, Felix Kroos, Zlatko Junuzovic, Levin Öztunali, Fin Bartels, Clemens Fritz, Levent Aycicek, Özkan Yildirim, Philipp Bargfrede, Izet Hajrovic, Julian von Haacke, Maximilian Eggestein, Lukas Fröde, Marcel Hißner
Abgänge: Keine
Zugänge: Ludovic Obraniak (Rizespor, war ausgehliehen), Eljero Elia (Southampton, war ausgehliehen)
Offene Positionen: Zentrales Mittelfeld, Offensives Mittelfeld
Kandidaten: Andres Tello (Juventus), Niklas Stark (Nürnberg), Zdravko Kuzmanovic (Inter), Moritz Stoppelkamp (Paderborn)
Im Mittelfeld wartet noch jede Menge Arbeit auf Eichin. Zunächst gilt es, die Rückkehrer Elia und Obraniak loszuwerden. Obraniak erklärte das Werder-Kapitel eigenhändig für beendet, der türkische Klub Rizespor hat seine Kaufoption allerdings verstreichen lassen. Auch Elia hat offen zugegeben, keine Lust mehr auf Werder zu haben, doch Southampton sind die in der Kaufoption festgesetzten 5,5 Millionen Euro zu viel. Zurzeit wird über einen neuen Preis verhandelt.
Wohl nicht verhandelbar ist dagegen die Skripnik-Raute. In dieser dürfte Philipp Bargfrede als Sechser gesetzt sein, wenn er denn fit ist. Da dies allerdings eher die Ausnahme denn die Regel darstellt, stehen Felix Kroos oder Cedrick Makiadi bereit - beides keine Optimal-Lösungen. Kein Wunder, dass sich die Bremer auf dem Markt nach Verstärkungen umschauen: Da wäre zum Beispiel der kolumbianische Mittelfeld-Allrounder Tello, der zurzeit in Juventus' Reserve zum Einsatz kommt und verliehen werden soll. Eichin bestätigte Gespräche: "Er ist ein gefragter Junge. Wir werden sehen, was das Beste für ihn und Juve ist. Wir haben gute Chancen."
Mehr als gute Chancen auf einen Stammplatz haben Bartels und Junuzovic, vor allem der Österreicher ist unverzichtbar. Mit 18 Scorerpunkten war er die Lebensversicherung an der Weser, um ihn herum wird Skripnik sein Mittelfeld aufbauen. Bartels kann dabei, abgesehen von der Sechs, überall spielen, fühlt sich aber im linken oder rechten Mittelfeld am besten aufgehoben. Auch Kapitän Fritz steht ein weiteres Jahr zur Verfügung. Wie weit ihn seine 34-jährigen Knochen tragen werden, ist aber fraglich.
Hinter diesem Quartett platzieren sich einige Hoffnungsträger und einige Fragezeichen. Gespannt sein darf man auf Leverkusens Leihgabe Öztunali, der zum Ende der Rückrunde zum Leistungsträger wurde und Ansprüche auf einen Startplatz fordern dürfte. Eine zweite Chance erhofft sich dagegen Hajrovic, der letzten Sommer mit vielen Vorschusslorbeeren zu den Hanseaten kam, sein Potenzial bisher aber viel zu selten abrufen konnte.
Was fehlt, ist ein Zehner, der in der Raute den Spielmacherpart übernimmt. Der Wechsel von Wunschkandidat Tjaronn Chery kam nicht zustande, stattdessen kursierte Inters Zdravko Kuzmanovic immer wieder durch die Gerüchteküche. Da Inter mehr als drei Millionen Euro fordert und der Serbe kein klassischer Zehner ist, dürfte der Transfer allerdings kaum zustande kommen.
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Sturm
Das Personal: Franco Di Santo, Melvyn Lorenzen
Abgänge: Davie Selke (RB Leipzig)
Zugänge: Anthony Ujah (Köln), Martin Kobylanski (Union Berlin, war ausgehliehen)
Offene Positionen: Mindestens ein Mittelstürmer
Kandidaten: Marius Wolf (1860 München), Nikolaos Karelis (Panathinakos), Michael Gregoritsch (Bochum)
Selke ist schon weg - folgt Di Santo? Die Posse um den Argentinier, dessen Vertrag 2016 ausläuft, nimmt kein Ende. Werder würde mit seinem Top-Stürmer gerne verlängern, der lässt seinen Klub jedoch zappeln und verschiebt seine Entscheidung beinahe wöchentlich. Angeblich wartet er auf ein Angebot eines Top-Klubs, das bis jetzt aber ausblieb. Stand jetzt gilt es als wahrscheinlich, dass die Nummer Neun auch in der nächsten Saison für Werder aufläuft - mit oder ohne verlängertem Vertrag.
Da Skripnik gerne mit zwei Spitzen spielen lässt, ist es umso wichtiger, dass in Anthony Ujah bereits ein Neuzugang feststeht. Der Nigerianer kam für rund 4,5 Millionen Euro aus Köln, wo er letzte Saison zehn Tore erzielte. Er ist ein abschlussstarker Stürmer, der auch etwas mit dem Ball am Fuß anfangen kann, was wichtig ist, da sich Bremens Stürmer gerne mal fallen lassen und den Ball selber abholen müssen. "Er ist im richtigen Alter, hat Geschwindigkeit, Robustheit, eine gute Einstellung. Wir sind überzeugt, dass er bei uns den nächsten Schritt machen kann und dass er perfekt zu Werder Bremen passt", sagt Eichin.
Im Doppelpack mit Di Santo würde Ujah einen konkurrenzfähigen Sturm bilden, dahinter wird's allerdings mau. Der von Union zurückgekehrte Kobylanski hat im Klub keine Zukunft, Lorenzen ist mit seinen 20 Jahren bereits extrem verletzungsanfällig.
Als mögliche Verstärkung mit Perspektive bringt Bild Marius Wolf ins Spiel, der beim 1860 München zuletzt einer der wenigen Lichtblicke war. Etwas weiter in seiner Entwicklung ist der Grieche Nikolaos Karelis von Panathinaikos, der laut Gazzetta intensiv von den Norddeutschen beobachtet wurde. Er erzielte in der abgelaufenen Saison 13 Buden und lebt vor allem von seiner Schnelligkeit.
Um sich einen weiteren Stürmer leisten zu können, muss Werders XXL-Kader allerdings erstmal an anderen Stellen verkleinert werden.
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