SPOX: Ihre Vertragsverlängerung wurde noch im selben Jahr auf der Mitgliederversammlung feierlich bekannt gegeben. Was war das für ein Gefühl, plötzlich der Star der Mannschaft zu sein?
Kringe: Das war eine riesengroße Ehre für mich. So ein Feedback in dem Verein zu bekommen, bei dem man seit dem 13. Lebensjahr spielt, ist Wahnsinn. Ich hatte damals auch Angebote anderer Vereine, die sportlich und wirtschaftlich besser aufgestellt waren als Dortmund. Aber der BVB war mein Verein und für mich hat nur gezählt, wie wohl ich mich dort gefühlt habe.
SPOX: Welche Vereine hatten damals Interesse?
Kringe: Befasst haben wir uns mit Angeboten aus Leverkusen, Hamburg und Bremen. Da aber der BVB sehr engagiert um mich gekämpft hat, kam ein Wechsel für mich nicht in Frage.
SPOX: Resultiert daraus auch Ihre enge Verbundenheit zu den Fans des Klubs? Sie galten als einer der wenigen Spieler, die auch nach Niederlagen immer zu den Anhängern gingen. Einmal wurden Sie sogar mit einem Bierbecher beworfen...
Kringe: Darauf werde ich auch heute noch oft angesprochen. Mir war das damals gar nicht bewusst, dass das so besonders aufgenommen wird. Dabei ist es gerade in solchen Situationen wichtig, die Distanz zu verringern. Viele Spieler würden sich einen Gefallen damit tun, dies öfter zu beherzigen. Klar sind die Fans erstmal enttäuscht von der Leistung und machen ihrem Ärger Luft. Sätze wie ‚Der verdient so und so viel, der soll jetzt mal mehr laufen und von dem Arsch muss eh mehr kommen', fallen aber nur, wenn die Distanz zu groß ist. Es macht viel mehr Sinn, aufeinander zuzugehen, sich für die Unterstützung zu bedanken und zu erklären, wie die Stimmung ist oder was passiert ist.
SPOX: Die BVB-Fans nennen Sie noch heute "der Fette mit die Sechs". Wie ist der Spitzname entstanden?
Kringe: Eine Dortmunder Ska-Band hat ein Lied gemacht, in dem das zum ersten Mal vorkam. Ich fand das immer lustig, habe mir aber nie mehr Gedanken darüber gemacht.
SPOX: Ihre Situation sollte sich aber schon bald wieder verändern: Doll nahm seinen Hut und Jürgen Klopp kam, um den Umbruch einzuleiten. Hatten Sie damals das Gefühl, diesem zum Opfer fallen zu können?
Kringe: Nein, anfangs nicht. In der ersten Saison unter ihm war ich in der Hinrunde ja auch gesetzt, in der Rückrunde habe ich mir die Einsatzzeit meist mit Nuri Sahin geteilt. Dann ging die Vorbereitung auf die neue Saison los und da habe ich bereits gemerkt, dass ich keine richtige Rolle mehr spiele. Als ich dann im Pokal erstmals nicht einmal im Kader stand, wurde mir bewusst, dass man nicht mehr mit mir plant.
SPOX: Wie haben Sie reagiert?
Kringe: Zunächst war ich sehr irritiert und habe um ein Gespräch gebeten. Leider hat man mich vier bis fünf Wochen darauf warten lassen. Für mich persönlich war das sehr bitter, zumal es mit zunehmender Zeit immer schwerer wurde, überhaupt eine Alternative zu finden. Gemessen an der Zeit, wie lange ich im Verein war, fand ich das nicht sauber. Im Endeffekt sind wir aber trotzdem im Guten auseinander gegangen und ich fand in Berlin einen sehr attraktiven neuen Klub.
SPOX: Bei dem Sie allerdings die schwerste Zeit Ihrer Karriere durchlebten und sich gleich im ersten Spiel den Fuß brachen. Wie blicken Sie auf das Kapitel Hertha BSC zurück?
Kringe: Das war total neu für mich. Ich kannte mich mit Verletzungen überhaupt nicht aus und fand es immer albern, wenn andere Spieler gesagt haben, sie bräuchten mal eine Pause. Und dann erwischt es mich direkt am ersten Tag, nach zehn Minuten, Wahnsinn! Dabei war ich voller Tatendrang und wollte allen zeigen, dass ich es noch drauf habe. Auf der Tribüne zu sitzen und nicht helfen zu können, ist schlimmer als auf dem Platz zu stehen und zu verlieren.
SPOX: Weil Sie sich nur fünf Monate nach ihrem Comeback erneut den Fuß brachen, haben Sie nur zwölf Bundesliga-Partien für die Hertha absolviert. Hatten Sie überhaupt Hoffnung auf Einsätze, als Sie nach der Leihe zurück nach Dortmund kamen?
Kringe: Mir war klar, dass es sehr schwierig werden würde, aber es gab auch keine Alternativen. Nach zwei Brüchen in ein paar Monaten kommt ja kein Verein daher und bietet dir einen schmucken Vierjahresvertrag an.
SPOX: Klopp brachte in der Zwischenzeit den Erfolg zurück nach Dortmund. Wie haben Sie ihn kennengelernt?
Kringe: Jürgen hat dem ganzen Verein unheimlich gut getan. Er hat es aus dem Stegreif geschafft, alle mitzunehmen und für sich zu gewinnen: die Spieler, die Fans, das gesamte Umfeld. Seine rhetorischen Fähigkeiten sind außergewöhnlich. Ich erinnere mich an eine Sponsoren-Veranstaltung, die Oliver Welke moderiert hat. Jürgen ging dann auf die Bühne und hat den ganzen Laden fast besser unterhalten als der Entertainer.
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