SPOX: Nachdem man Ihren Vertrag auch in Dortmund auslaufen ließ, zog es Sie zum FC St. Pauli. Wie ist der Kontakt damals zustande gekommen?
Kringe: Das ist meinem Freund Marius Ebbers zu verdanken, den ich aus unserer Zeit in Köln kenne. Wir hatten seitdem immer Kontakt und Marius hat immer spaßeshalber gesagt, ich könne auch zu Pauli kommen. Ich habe dann lange gesucht und mich umgehört, aber einfach nichts gefunden. Als die Mannschaften dann mit der Vorbereitung angefangen haben, stand ich immer noch ohne Verein da. Für mich war das eine ganz neue Situation: Plötzlich war ich zum ersten Mal vertrags- und vereinslos. Anfangs bin ich jeden Tag durch den Kölner Grüngürtel gerannt, um mich fit zu halten. Nach einem Treffen mit Rachid Azzouzi durfte ich dann tatsächlich bei St. Pauli mittrainieren. Glücklicherweise habe ich mich dann nicht ganz blind angestellt und konnte die Verantwortlichen von mir überzeugen.
SPOX: Der FC St. Pauli ist ein einzigartiger Klub, der den Spagat zwischen Kult und Kommerz seit vielen Jahren meistert. Wie haben Sie die Vereinsphilosophie kennengelernt?
Kringe: Es ist eine besondere Herausforderung, genau diesen Mittelweg zu finden. Auf der einen Seite ist der Verein sehr eng mit dem Stadtteil verbunden, steht für die dort gelebten Werte und nimmt eine Position ein, die es bei keinem anderen Klub gibt. Allerdings kann man sich dem Kommerz gleichzeitig nicht komplett verschließen, wenn man konkurrenzfähig bleiben möchte und es im bezahlten Fußball weitergehen soll. Dafür müssen aber beide Seiten, Fans und Verein, bereit sein, Abstriche zu machen beziehungsweise Kompromisse einzugehen.
SPOX: Während all Ihrer Stationen wurden Sie von Thomas Kroth betreut, mit dem Sie ein freundschaftliches Verhältnis hegen. Wie haben sie zueinander gefunden?
Kringe: Wie das halt immer läuft. (lacht) Er hat mich beziehungsweise meine Eltern angesprochen, als ich in der Jugend des BVB gespielt habe und uns zu einem unverbindlichen Treffen eingeladen. Wir hatten dann schnell ein gutes Gefühl und haben bereits in jungen Jahren gemerkt, dass die Art und Weise, wie er dieses Geschäft angeht, genau in unserem Sinne ist.
SPOX: Was heißt das konkret?
Kringe: Er hat die Situation immer weitsichtig beurteilt und nicht versucht, mich so teuer wie möglich zu verhökern, nur um schnell an mir zu verdienen. Es ging immer erst um die sportliche Situation. Thomas hat mir damals auch zum Wechsel nach Köln geraten und gesagt, dass es kein Rückschritt ist, sondern eine Chance, mich zu zeigen und durchzusetzen.
SPOX: Denken Sie, andere Spieler sind schlecht beraten? Viele meinen zum Beispiel, Mario Götze hätte sich besser entwickelt, wenn er Dortmund nicht so früh verlassen hätte.
Kringe: Bei Mario scheiden sich die Geister. Als er angefangen hat, bei uns mit zu trainieren, war schon zu sehen, was für ein Ausnahmetalent er ist. Er hatte eine unfassbare Technik, der Ball hat an seinem Fuß geklebt. Aber er war auch sehr ehrgeizig und hatte große Ambitionen. Vermutlich hat er die Chance, diesen gerecht zu werden, bei den Bayern höher eingeschätzt. Inwiefern das mit seinem Berater zusammenhängt, kann ich nicht beurteilen.
SPOX: Was macht einen guten Berater aus?
Kringe: Das ist gar nicht so einfach, zumal es von Spieler zu Spieler unterschiedlich ist. Es gibt da schon ein paar Spieler, die recht unselbstständig sind und am Tag mehrfach mit ihrem Berater telefonieren müssen und über jede Kleinigkeit diskutieren. Thomas und ich haben auch mal mehrere Wochen nichts voneinander gehört, ich habe das nie gebraucht oder gewollt. Gleichzeitig wusste ich aber, dass ich ihn zu jeder Tag- und Nachtzeit anrufen kann.
SPOX: Bei Ihrem letzten Vertrag verzichtete er sogar auf seine Provision. Wie kam es dazu?
Kringe: Aufgrund meiner vielen Verletzungen war klar, dass das jetzt verhältnismäßig kein Luxusvertrag werden würde und ich nur für ein Jahr verlängern konnte. Thomas wusste, dass ich es trotzdem gerne machen wollte. Durch seinen Verzicht wurde das Angebot dann noch attraktiver für mich.
SPOX: Wie hat er Ihr Karriereende aufgenommen? Ist es auch Aufgabe des Beraters, einen Spieler darauf vorzubereiten?
Kringe: Auch das kann dazugehören. Nach dem Ende der Karriere muss man erst einmal seinen Platz finden - und dabei kann der Berater sicher hilfreich sein. In meinem Fall ging es sogar so weit, dass Thomas mir angeboten hat, bei ihm einzusteigen.
SPOX: Als Spielerberater?
Kringe: Genau. Thomas weiß, dass ich sportlich einiges erlebt habe, positiv wie negativ, und auch nicht ganz auf den Kopf gefallen bin.
SPOX: Wie überzeugt der Spielerberater Florian Kringe ein junges Talent davon, sich in seine Obhut zu begeben?
Kringe: Noch ist das sehr abstrakt für mich, aber grundsätzlich werde ich einen ähnlichen Ansatz wie Thomas wählen. Die meisten vergessen, dass ein Berater nicht nur Verträge aushandelt, er ist auch ein bisschen Lebensberater und begleitet bei der persönlichen Entwicklung.
SPOX: Was kann man sich darunter vorstellen?
Kringe: Als Fußballer gibt es für gewöhnlich viele Schulterklopfer im Umfeld. Für meine Entwicklung war es aber immer wichtig, Menschen um mich zu haben, die bei aller Unterstützung auch mal kritisch sind - wie etwa meine Familie, meine Freunde und auch mein Berater. Hans Meyer hat einmal gesagt: "Irgendwann ist es vorbei mit dem Fußball und dann beginnt das richtige Leben." Manche Spieler haben nicht so ein gesundes Umfeld. Dann sind die Berater erst recht gefordert, dem Spieler Hinweise für seine sportliche Laufbahn, aber auch für das, was danach kommt, an die Hand zu geben.
Seite 1: Kringe über Völlers Jansen-Kritik und die Suspendierung durch Doll
Seite 2: Kringe über andere Angebote, Klopps Stärken und den Bierbecher-Wurf
Seite 3: Kringe über seinen Spitznamen, Götzes Wechsel und seinen neuen Job