Ist Müllers Verletzung James' Chance?

SPOX
25. Oktober 201710:37
James Rodriguez lieferte in Hamburg ein schwaches Spiel abgetty
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Max Meyer lenkt das Schalker Spieler aus einer neuen Position und scheint wieder eine Zukunft bei den Königsblauen zu haben. Nicht so gut sind dagegen die Aussichten von James Rodriguez beim FC Bayern. Außerdem: Die bizarre Diskussion um Gideon Jungs Rote Karte, Heiko Herrlichs erstes Ausrufezeichen und die Spuck-Attacke gegen Julian Schuster.

Max Meyer hat wieder eine Perspektive

Bis vor wenigen Wochen schien für Max Meyer eine Verlängerung des auslaufenden Vertrages beim FC Schalke nahezu ausgeschlossen, im königsblauen System ohne klassischen Spielmacher schien kein Platz für den U21-Europameister. Gegen Hoffenheim beorderte Domenico Tedesco den 22-Jährigen in Abwesenheit von Nabil Bentaleb erstmals neben Weston McKennie ins defensive Mittelfeld, wo Meyer erwartungsgemäß Probleme mit dem veränderten Anforderungsprofil offenbarte.

Was zunächst als Notlösung anmutete, scheint sich aktuell aber als durchaus zukunftsfähige Alternative im Schalker Spielsystem zu etablieren. Sowohl gegen Hertha BSC als auch gegen Mainz gab Meyer im 3-5-2 als alleiniger Sechser den Spielgestalter aus der Tiefe, während sich Bentaleb auf der Ersatzbank wiederfand. Im Duell mit den Rheinhessen wartete Meyer zudem mit der zweitbesten Zweikampfquote seines Teams auf und entzog sich immer wieder geschickt dem Mainzer Pressing.

"Ich glaube, dass technisch starke Spieler überall spielen können. Max kann es auf der Acht, er kann es auf der Zehn und dementsprechend auch auf der Sechs", erklärte Tedesco. Auch Meyer scheint sich mit seiner neuen Rolle immer mehr anzufreunden und schloss zuletzt im klubeigenen TV sogar eine Verlängerung seines auslaufenden Vertrages nicht aus.

"Ich fühle mich so wohl wie lange nicht mehr - und das ist auch ein wichtiger Faktor", gab Meyer einen Blick in sein inneres Befinden. Den Gelsenkirchenern wäre es vermutlich nur allzu recht, könnten sie nach Joel Matip und Sead Kolasinac einen weiteren ablösefreien Abgang eines Eigengewächses verhindern.

Ist das noch Gelb oder muss der raus?

Umso länger in Hamburg über das Foul von Gideon Jung an Kingsley Coman diskutiert wurde, desto mehr redeten sich die Hamburger ein, dass sie ungerecht behandelt worden seien. "Hummels oder Boateng hätten für die Szene keine Rote Karte gesehen", sagte gar Dennis Diekmeier.

Diekmeiter weiter: "Das war ganz klar keine Rote Karte. Ich war der letzte Mann, ich hätte den Ball noch ablaufen können." Was das in dieser Situation genau für eine Rolle spielen sollte, bleibt wohl Diekmeiers Geheimnis.

Um die Frage nach einer Verhinderung einer klaren Torchance, also einer Notbremse um allgemeinen Sprachgebrauch, ging es hier nicht. Etwas näher an den entscheidenden Kriterien war da schon Andre Hahn, der sagte: "Es war kein brutales Foul, sondern ein taktisches. Gelb hätte gereicht." Ein taktisches Foul schließt aber Brutalität nicht aus.

Natürlich kann man sich diverse Wiederholungen dieses Fouls ansehen und nach der x-ten Zeitlupe vielleicht sogar erkennen, dass Jung irgendwann mal den Ball spielt. Aber man muss schon die Raute im Herzen tragen, um die Entscheidung von Marco Fritz in Zweifel zu ziehen.

Nur so ist auch die Aussage von Sportdirektor Jens Todt zu verstehen: "Wir finden Rot zu hart. Da kann man auch Gelb geben. Jung war bemüht, den Ball zu treffen." Bemüht den Ball zu treffen, ah ja.

Dass Jungs Grätsche keineswegs zum handelsüblichen Werkzeug der Bundesliga gehörte, zeigt auch die Tatsache, dass Jung Coman zuerst am Knie erwischt, ehe der Fuß des Hamburgers nach unten geht und er Coman dann auf Knöchelhöhe umsenst. Es war auch deutlich zu erkennen, dass Jung nicht den Ball im Visier hatte, sondern nur den Angriff stoppen wollte.

Die Brutalität dieser Aktion steht außer Frage und das ist ein entscheidendes Kriterium bei der Frage nach Rot oder Gelb.

Was vermutlich auch zur Hamburger Erregtheit beigetragen hat, war das Foul von Marc Bartra im Spiel von Borussia Dortmund gegen Eintracht Frankfurt an Sebastian Haller. Der Spanier sah für seine Grätsche von hinten in die Beine nur Gelb. Für Verschwörungstheoretiker a la Diekmeier natürlich eine Steilvorlage, wobei die Sachlage recht einfach ist. Gelb für Bartra war eine Fehlentscheidung von Schiedsrichter Robert Hartmann, auch Bartra hätte Rot sehen müssen.

Wie geht's weiter mit James beim FC Bayern?

Kaum ein Transfer wurde in den letzten Jahren einem Trainer in München derart ans Bein gebunden wie die Verpflichtung von James Rodriguez. "Wir verlassen uns da voll auf Carlo Ancelotti, der ihn im Gegensatz zu uns viel besser kennt. Das ist der Wunschspieler von ihm und den hat er jetzt gekriegt", sagte Hoeneß.

Auch in der offiziellen Pressemitteilung wurde nach Vollzug des Transfers nochmal auf die besonderen Bande zwischen Ancelotti und James hingewiesen. Dass James einen besonderen Einfluss auf das Spiel der Bayern nehmen kann, hat er bei seinem sehr gelungenen Auftritt auf Schalke schon bewiesen. Aber da war auch Ancelotti noch Trainer beim FC Bayern.

Mit der Verpflichtung von Heynckes ist James' Standing schlagartig gesunken. Der neue Trainer setzt wieder deutlich klarer auf ein Flügelspiel mit Außenstürmern wie Arjen Robben und Kingsley Coman. Im Zentrum ist Thomas Müller erste Wahl, in den kommenden Tagen wird sich zeigen, ob James die erste Alternative ist oder ob er Thiago eine Position nach vorne zieht.

In einem Interview hat er neulich seine Wertschätzung für München und das entspannte Leben in der Stadt zum Ausdruck gebracht. In Hamburg übertrug sich diese Gelassenheit aber auch auf den Platz.

Der Kolumbianer konnte auf der Zehn keine Werbung in eigener Sache machen. In den ersten 45 Minuten kam er zwar auf 40 Ballaktionen, brachte aber nur 71 Prozent seiner Pässe zu Mann (sogar nur 58 Prozent in der gegnerischen Hälfte) und war an keinem Torschuss beteiligt. Dafür verlor er 14 Mal den Ball. Heynckes brachte Thiago.

Der Ausfall von Müller dürfte ihm bald schon die nächste Chance eröffnen. Ist der deutsche Nationalspieler aber fit, wird für James kein Platz sein, er bleibt dauerhaft wie in Madrid nur Ergänzungsspieler. James Hoffnung auf eine tragendere Rolle als bei Real Madrid wird sich zumindest in dieser Saison in München nicht erfüllen.

Herrlichs erstes großes Ausrufezeichen als Leverkusen-Trainer

Dieses rheinische Duell zwischen Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen war eines der absurdesten Bundesligaspiele der jüngeren Vergangenheit: Im eigenen Stadion dominierte Gladbach die Partie bis zur Pause fast nach Belieben, Trainer Dieter Hecking sprach sogar von der "besten Halbzeit der Saison", ehe Leverkusen-Trainer Heiko Herrlich umstellte - und das Spiel entschied.

Er wechselte Julian Brandt ein, beorderte Kevin Volland in die Zentrale, Leon Bailey auf seinen angestammten rechten Flügel und Leverkusen zeigte daraufhin begeisternden, rasanten und zielstrebigen Gala-Fußball. Das Spielbild drehte sich um 180 Grad, Gladbach war fortan chancenlos und ging letztlich mit 1:5 unter.

"Der Trainer hat in der Pause gesagt, dass wir hier nicht nur Unentschieden spielen, sondern gewinnen wollen", sagte Sportdirektor Rudi Völler. Eine gewagte Vorgabe, die Herrlichs Mannschaft aber entschlossen und furios umsetzte. "Jeder unserer Konter war dann brutal gefährlich", sagte Sven Bender und Jonathan Tah fügte an: "Wenn wir wie in der zweiten Halbzeit spielen, dann ist es schwer, uns aufzuhalten."

In der Tat ist das offensive Potenzial von Leverkusen beachtlich: Neben Brandt, Bailey und Volland stehen auch noch Kai Havertz, Joel Pohjanpalo, Admir Mehmedi, Karim Bellarabi und Lucas Alario zur Verfügung. Letzterer war jedoch der große Verlierer des Spiels in Gladbach: In der ersten Halbzeit gänzlich abgemeldet, musste Alario zur Pause runter und erlebte das Schützenfest von der Bank aus.

Besondere Genugtuung war dieses Schützenfest letztlich für Trainer Herrlich. Von den Buchmachern vor der Saison als einer der Favoriten auf eine baldige Entlassung eingestuft, lief es dann wie prognostiziert nur mäßig. Zwei deutlichen Siege (4:0 gegen Freiburg, 3:0 gegen Hamburg) standen drei Niederlagen und drei Remis gegenüber. Und nun also dieser 5:1-Sieg auf fremdem Platz, noch dazu bei einem Rivalen um die Europapokal-Startplätze. Es ist das erste große Ausrufezeichen von Herrlich, denn entscheidend waren seine taktischen und personellen Umstellungen zur Halbzeit.

Spuck-Attacke auf Schuster: Hertha sollte ein Zeichen setzen

Viel wurde diskutiert über die TakeAKnee-Aktion von Hertha BSC am vergangenen Spieltag. "Selbstgerecht, eitel, narzisstisch", war zum Beispiel die Meinung der Süddeutschen Zeitung. Ob man den Kniefall nun als "gefälschtes Pathos" mit einer Werbeangentur im Hintergrund einstufte, oder als großartiges Zeichen, einig waren sich alle, dass die aus den USA stammende Pose eigentlich für die richtigen Werte steht.

"Hertha BSC steht für Vielfalt, Toleranz und Verantwortung! Für ein Berlin, dass auch in Zukunft weltoffen ist!" Diese Sätze postete der Verein samt Bild vom Kniefall vergangene Woche.

Dem Klub dürfte das Auftreten seiner Anhänger in Freiburg daher alles andere als gefallen haben. Mitte der ersten Halbzeit wurde Freiburgs Kapitän Julian Schuster aus dem Hertha-Block angespuckt. Ein Verhalten aus der untersten Schublade.

"Man hat ja die Bilder gesehen. Ich habe mir bei der Ecke relativ viel Zeit gelassen. Es war eine unschöne Szene. Man kann vieles zu mir sagen. Aber wenn gespuckt wird, geht es einfach zu weit", sagte Schuster. Sky-Experte Didi Hamann forderte eine Kollektivstrafe gegen die Hertha-Fans: "Denn: Wie willst du den finden, der das war? Es kann nicht sein, dass ein Spieler zur Ecke geht und bespuckt wird."

Von Seiten der Berliner gab es bisher keinen Kommentar zum unrühmlichen Höhepunkt der Partie. Es wäre aber wünschenswert, wenn Hertha auch hier ein Zeichen für Respekt und Toleranz setzen würde.