Armin Veh vom 1. FC Köln im Interview: "Wir können natürlich auch alles abschaffen"

Armin Veh arbeitet als Geschäftsführer beim 1. FC Köln.
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SPOX: Muss man denn idealerweise Profi gewesen sein?

Veh: Selbstverständlich nicht. Es kommt darauf an, wie man Menschen und eine Mannschaft führt, wie man methodisch arbeitet, welcher Typ man ist, wie viel Charisma man hat und ob man sich auch mal autoritär präsentieren kann. Früher gab es gefühlt einen Kreis von 18 Trainern und wenn einer rausgeschmissen wurde, bekam er woanders sofort einen neuen Job. Da gefällt mir die heutige Mischung viel besser. Die müssen wir beibehalten, anstatt sie zu hinterfragen oder nur schwarz-weiß zu sehen.

SPOX: Bekommen die Trainer heute deshalb früher eine Chance, weil sie schlichtweg besser sind als zu Ihrer Anfangszeit?

Veh: Sie sind vor allem besser ausgebildet. Heute gibt es viele, die schon mit 20 Jahren anfangen, eine Trainerausbildung zu machen. Das geht aber nur, wenn du in dem Alter nicht selbst auf Profi-Niveau spielst. Methodisch werden sie daher sicherlich besser arbeiten als jemand, der bis 33 Fußball spielt und dann erst in den Trainerjob einsteigt. Letztlich ist es wichtig, dass man das Erlernte - in welchem Alter auch immer - entsprechend an eine Mannschaft weitergeben kann.

SPOX: Damit kommen wir direkt zu der Frage, ob sich das Niveau in der Bundesliga verschlechtert habe?

Veh: Ich sehe jedenfalls nicht, dass der Fußball qualitativ besser geworden ist. Deshalb wäre ich vorsichtig zu behaupten, jüngere Trainer seien besser als ältere. Das spiegelt sich in der Qualität der Spiele aktuell nicht wider. In diesem Jahr ist die Qualität der Bundesligapartien nicht sehr hoch.

SPOX: Welche Liga ist in Ihren Augen die beste?

Veh: Spanien ist in der Gesamtheit immer noch führend. Da Geld Tore schießt und verhindert, sind in England einige Teams aufgrund ihrer herausragenden Spieler befähigt, tollen Fußball zu spielen. Und auch wenn die Bundesligaspiele in dieser Saison nicht besonders attraktiv waren, haben wir hier immer noch ein ausgezeichnetes Produkt. Wir müssen allerdings aufpassen, dass wir dieses Niveau halten.

Veh über die Diskussion um 50+1 und die Kritik an Montagsspielen

SPOX: Was muss dafür getan werden?

Veh: Wir machen viele Dinge richtig gut, gerade in den Nachwuchsleistungszentren und der Ausbildung. Wir müssen aber auch mal wieder Fünfe gerade sein lassen, zumindest ab und an. Wenn ein Spieler im Jugendbereich individuell Dinge tut, die dem Spiel vielleicht nicht auf den ersten Blick dienlich sind - zum Beispiel drei Spieler auszudribbeln und auch noch am vierten vorbei zu wollen -, dann sollte man demjenigen diese Freiheit lassen, damit solche Qualitäten für später erhalten bleiben. Ich habe den Eindruck, dass wir gut passen und verschieben können, aber nach vorne keine Eins-gegen-eins-Situationen mehr gewinnen. Das sollte man im Jugendbereich wieder mehr zulassen. Wenn einer mal über die Stränge schlägt, weil er eben noch ein Jugendlicher ist, muss man ihn nicht gleich aus dem Internat schmeißen. Wir müssen darauf achten, den vermeintlich schwierigeren Spieler nicht gleich zu eliminieren.

SPOX: Wo auch etwas getan werden muss, ist das Thema 50+1. Die erste Sitzung lief relativ verheerend, unter anderem bekriegten sich Karl-Heinz Rummenigge und Andreas Rettig vom FC St. Pauli. Es gibt sehr viele unterschiedliche Meinungen in dieser Debatte, die offenbar sehr emotional geführt wird.

Veh: (unterbricht) Gott sei Dank.

SPOX: Aber auf was wird das am Ende alles hinauslaufen?

Veh: Von einer Reform bis zu einer Abschaffung der Regel ist alles möglich. Ich finde, dass wir bis jetzt grundsätzlich gut mit 50+1 leben. Ob das in Zukunft so bleibt, steht aber auf einem anderen Blatt. Denn 50+1 gibt es bei einigen Vereinen gar nicht, andere dagegen halten die Regel ein. Eine Lösung zu finden, die allen gerecht wird, ist eine große Herausforderung. Letztlich müssen alle damit leben können - nicht nur die Vereine, sondern gerade auch die Fans.

SPOX: Wie aber soll eine gemeinschaftliche Lösung gefunden werden, wenn es bereits nach der ersten Sitzung dazu schon derart eskaliert?

Veh: Man muss sich ausreichend Zeit dafür nehmen und vielleicht tatsächlich mal in Klausur gehen, um ernsthaft und in Ruhe darüber zu diskutieren.

SPOX: Was halten Sie davon, die Handhabe letztlich jeden Verein selbst regeln zu lassen beziehungsweise seine Mitglieder darüber abstimmen lassen?

Veh: Das klingt nach einem sehr vernünftigen Gedanken. Bravo! (lacht)

SPOX: Auch das Thema Montagsspiele sorgt für Kontroversen. Müssen die Fußballfans begreifen, dass ihre favorisierte Mannschaft bei der heutigen Belastung größere Chancen auf einen Sieg hat, wenn sie nach einem Europa-League-Spiel am Donnerstag erst montags wieder ran muss?

Veh: Wenn die fünf Montagsspiele, die wir in dieser Bundesligasaison hatten, ein riesengroßes Problem für die Fans sind, dann können wir sie wieder abschaffen, den Mannschaften weniger Pause geben und nach einem EL-Spiel eben wieder samstags spielen. Dann darf sich aber auch niemand über die kurzen Pausen zwischen den Spielen beschweren, dann müssen auch die Vereine in den sauren Apfel beißen.

SPOX: Ist die Befürchtung der Fans für Sie nachvollziehbar, dass Dinge wie Halbzeitshows im DFB-Pokal-Finale oder GoPro-Kameras an Biergläsern nur der Anfang seien?

Veh: Wir sind in Deutschland den Fans am nächsten, im europäischen Vergleich sind wir da wirklich der letzte Dinosaurier. Das muss man ganz klar feststellen und festhalten. Deshalb kann ich das nicht so richtig nachvollziehen. Wenn man vernünftig ist, muss man auch verstehen, dass man Geld einnehmen muss, um konkurrenzfähig zu sein - anders funktioniert dieses System nicht. Wir können natürlich auch alles abschaffen und jede Mannschaft nur noch mit Spielern aus der Region auflaufen lassen, aber dann schaffen wir uns eben sportlich ab. Das ist die Realität.