Im Januar 2017 war Thomas Delaney 25 Jahre alt und entschloss sich, den FC Kopenhagen zu verlassen. Vier Mal wurde er zuvor dänischer Meister und viermal Pokalsieger, Europa League spielte er und auch Champions League. Er hatte alles erreicht, was er bei einem dänischen Verein erreichen konnte. Und dann wechselte er zu Werder Bremen.
"Alle im Verein wussten, dass er Kopenhagen verlassen musste, um sich weiterzuentwickeln", erinnert sich sein damaliger Co-Trainer Brian Riemer. "Und jeder freute sich für ihn, dass der Wechsel klappte."
Keine Misstöne, kein Hadern mit dem Abschied eines Leistungsträgers, keine Missgunst. Nein, Stolz, dass er es geschafft hat. Er, einer von ihnen.
Thomas Delaney: Führungsqualitäten und Fernstudium statt FIFA
Delaney wurde im Großraum Kopenhagen geboren und schloss sich mit fünf Jahren der Nachwuchsabteilung des Kjobenhavns Boldklub an. Es ist der älteste Klub des Landes, im Profibereich tritt er aber gemeinsam mit dem Boldklubben 1903 als FC Kopenhagen an.
Delaney durchlief alle Nachwuchsmannschaften, mit 15 Jahren wurde Riemer sein Trainer. "Thomas war laufstark, aggressiv, motiviert und ein absoluter Leader", erinnert sich Riemer an seine ersten Eindrücke. "Er war schon früh ein sehr, sehr offener Charakter, kommunizierte hervorragend mit seinen Mitspielern und verstand von klein auf die Wichtigkeit von Führungsqualitäten." Mit "extremen Motivationsfähigkeiten und einer Siegermentalität" riss Delaney seine Mannschaften mit. "Wenn er auf dem Platz stand, hatte ich stets das Gefühl, dass wir die wichtigen Spiele gewinnen", sagt Riemer, "selbst dann, wenn wir nur Außenseiter waren."
In allen Jugendmannschaften fungierte Delaney als Kapitän, er war Ansprechpartner des Trainers und Integrationsfigur in der Mannschaft. Das lebte er nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz aus. "Mit seinen Witzen sorgte er für eine gute Atmosphäre", erinnert sich Riemer. "Thomas wusste genau, wann Zeit für Spaß und wann für Ernsthaftigkeit war. Er hielt das Team auch abseits des Fußballs sozial zusammen."
Delaneys persönliche Herangehensweise abseits des Platzes war seit jeher eine besondere, eine andere. Nachdem er die Schule abgeschlossen hatte, begann er mit einem Online-Fernstudium der Wirtschaft. "Thomas ist ein intelligenter Junge und wollte sich immer weiter bilden, immer mehr wissen", sagt Riemer. "Er wollte seine Zeit nie mit FIFA oder solchen Sachen verschwenden, sondern sinnvoll nutzen." Während die anderen vor der Konsole saßen, las Delaney und lernte.
Thomas Delaney beim FC Kopenhagen: "Legende und Idol"
2009 gelang ihm der Sprung in Kopenhagens Profimannschaft, mit 17 feierte er sein Debüt. Zunächst spielte er jedoch nicht auf seiner Lieblingsposition in der Zentrale, sondern links oder rechts im Mittelfeld oder gar als Linksverteidiger. "Aber jeder wusste, dass er eigentlich ein zentraler Mittelfeldspieler ist", sagt Riemer. Ohne Murren oder Meckern habe Delaney seine Aushilfsrolle damals jedoch angenommen.
Mit 20 erkämpfte er sich schließlich einen Stammplatz. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er wieder mit Riemer zusammen, der ein Jahr nach Delaneys Aufrücken zum Co-Trainer der Profimannschaft befördert worden war. Delaney optimierte fortan vor allem seine spielerischen Qualitäten, kämpferische hatte er ohnehin schon immer. "Diese Kombination machte ihn zu einem dynamischen Mittelfeldspieler, der in den Strafraum eindringen und Tore erzielen kann", findet Riemer. In 246 Pflichtspielen für Kopenhagen gelangen Delaney 24 Treffer, 17 weitere bereitete er vor.
Nur zwei Spieler in der Vereinsgeschichte absolvierten mehr Partien für die Profimannschaft. "Er ist eine Legende in unserem Klub", findet Riemer. Wenn Delaney gerade auf Heimatbesuch ist oder wegen eines Spiels mit der dänischen Nationalmannschaft in Kopenhagen weilt, schaut er immer auch bei seinem Jugendverein vorbei. "Dann spricht er mit den Nachwuchsspielern und gibt ihnen Tipps", sagt Riemer. "Für sie ist er ein Idol."
Thomas Delaneys Leistungsdaten in den nationalen Ligen
Saison | Verein | Spiele | Tore | Assists | Gelbe Karten | Platzverweise |
2009/10 | FC Kopenhagen | 9 | - | - | 1 | - |
2010/11 | FC Kopenhagen | 16 | 1 | - | 1 | - |
2011/12 | FC Kopenhagen | 19 | 1 | - | 1 | - |
2012/13 | FC Kopenhagen | 21 | 1 | 3 | 7 | - |
2013/14 | FC Kopenhagen | 32 | 3 | 1 | 6 | - |
2014/15 | FC Kopenhagen | 27 | 2 | 2 | 6 | - |
2015/16 | FC Kopenhagen | 29 | 5 | 5 | 7 | - |
2016/17 | FC Kopenhagen | 19 | 6 | 2 | 7 | - |
2016/17 | Werder Bremen | 13 | 4 | 1 | 3 | - |
2017/18 | Werder Bremen | 32 | 3 | 5 | 5 | - |