Außerdem erklärt der 64-Jährige, warum er trotz der Schnelllebigkeit des Profigeschäfts immer noch Freude an seinem Beruf hat, warum er überhaupt keinen Druck mehr verspürt und niemals Trainer im Ausland war.
SPOX/Goal: Herr Funkel, was ist der Kern des Fußballs?
Friedhelm Funkel (lacht): Der Kern des Fußballs ist, gewinnen zu wollen. Ganz einfach. Man will sich sportlich mit anderen messen, dazu gehört aber natürlich auch Fairplay und der respektvolle Umgang miteinander. Das sind für mich die Kernpunkte des Fußballs.
SPOX/Goal: Vor ein paar Wochen haben Sie gesagt, man müsse mehr zum Kern des Fußballs zurückkommen. Da meinten Sie aber nicht unbedingt das Fairplay.
Funkel: Die Frage hieß damals glaube ich, ob der Fußball wieder zu alten Tugenden zurückkehren müsse. Das heißt, dass man wieder mehr auf die Menschen zugeht, mehr auf die Fans zugeht, sich einfach wieder mehr auf das Kerngeschäft des Fußballs konzentriert.
SPOX/Goal: Was bedeutet das für Sie?
Funkel: Den Fußball wieder in den Mittelpunkt zu stellen, anstelle von irgendwelchen Parolen oder Marketinggeschichten. Das habe ich damit gemeint.
SPOX/Goal: Nach der WM standen jene Parolen und Marketinggeschichten des DFB, sowie die mangelnde Fannähe der Mannschaft im Zentrum der Kritik. Nach dem öffentlichen Training in Berlin vor 5000 Zuschauern war die Rede von einem eingelösten Versprechen. Wie sehen Sie die Entwicklung in den vergangenen Wochen bezüglich der Nationalmannschaft?
Funkel: Die geht nur ganz langsam voran. Die Tatsache, dass die Nationalspieler jetzt wieder näher an die Fans rangehen und den Wünschen nach Autogrammen oder Fotos nachkommen, müsste noch viel mehr mit Überzeugung kommen. Man muss einfach wissen, was für einen Stellenwert die Nationalmannschaft in Deutschland hat. Die Deutschen lieben ihre Nationalmannschaft, sie wollen ihre Nationalmannschaft beim Training erleben, warten freundlich vor dem Hotel, wenn die Spieler ankommen und fragen nach Autogrammen. Da kann man nicht einfach wort- und grußlos vorbeigehen. Das mag seit der WM ein kleines bisschen besser geworden sein, aber da ist noch großes Verbesserungspotenzial vorhanden.
Funkel übt Medienkritik: "Journaille treibt Trainer immer mehr in die Ecke"
SPOX/Goal: Verlangen Sie das von Ihren Spielern bei Fortuna Düsseldorf?
Funkel: Bei mir ist das selbstverständlich, dass ich stehen bleibe, wenn irgendjemand ein Foto von mir will, oder ich ihm mit einem Autogramm eine Freude machen kann. So viel Zeit muss immer sein, ich kenne das nicht anders. Das erwarte ich auch von meinen Jungs. Auch da muss ich ab und zu mal nachhaken und sie zurechtweisen, was aber sicherlich der heutigen Zeit geschuldet ist. Anders kann ich mir das nicht erklären.
SPOX/Goal: Wenn wir über die heutige Zeit sprechen, ist diese für Trainer bekanntermaßen nicht leicht. Gefühlt ist man als Bundesliga-Trainer gestern der Held und heute der Depp, der vom Hof gejagt wird.
Funkel: Diese Schnelllebigkeit ist eine Respektlosigkeit gegenüber den Trainern. Besonders das, was im Vorfeld mit den Trainern veranstaltet wird. Daran hat die Journaille die Hauptschuld, weil sie die Trainer immer mehr in die Ecke treibt. Durch eine respektlose Berichterstattung über einen Trainer, der vielleicht gerade mal zwei Spiele verloren hat. Das muss man sich mal vorstellen: Da verliert man zwei Spiele und schon ist man ein schlechter Trainer und wird in einer Art und Weise von den Medien als Sündenbock dargestellt, die früher nicht so war. Früher sind Journalisten respektvoller mit der Situation und auch mit den Menschen umgegangen.
SPOX/Goal: Ist das, was in München beim FC Bayern gerade mit Niko Kovac passiert, ein Beleg für den Verlust dieses Respekts?
Funkel: In dem Fall finde ich es respektlos von Spielern zu behaupten, man habe keine Spielidee und kein gutes Offensivspiel oder es würden falsche Räume angelaufen. Die Superstars sollen sich an die eigene Nase fassen und schauen, was sie falsch machen. Drei Wochen vorher war noch alles in Ordnung mit dem, was der Trainer gesagt hat. Und jetzt ist alles falsch? Wenn man sieht, wie die Spieler bei den Gegentoren gegen Borussia Mönchengladbach am Gegenspieler vorbeilaufen, dann frage ich mich, was der Trainer dafür kann. Nämlich überhaupt nichts. Wenn diese Mannschaft nicht selbstständig ein gutes Offensivspiel auf den Platz bringen kann, dann ist das ein Offenbarungseid.