Friedhelm Funkel im Interview: "Druck ist komplett aus meinem Leben verschwunden"

Von Jonas Rütten
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SPOX/Goal: Als Offenbarungseid gilt für viele auch die Entlassung von Tayfun Korkut beim VfB Stuttgart. Sportdirektor Michael Reschke hatte dem Trainer nach der Niederlage gegen Hannover noch öffentlich den Rücken gestärkt, nur um ihn wenige Stunden später zu beurlauben.

Funkel: Das ist natürlich nicht richtig gewesen. Da muss ich andere Formulierungen finden, wenn ich doch weiß, dass ich abends mit dem Vorstand darüber diskutiere. Da hat sich der Micha (Michael Reschke, Anm. d. Red.) unglücklich ausgedrückt und ich glaube, dass er das auch mittlerweile bereut. In der ein oder anderen Situation kann man mal ein bisschen flunkern, aber so krass? Das ist nicht in Ordnung.

SPOX/Goal: Punktemäßig ist Ihre Situation die gleiche, wie die des VfB unter Korkut. In Düsseldorf kommt aber niemand auf die Idee, dass ihr Stuhl wackeln würde.

Funkel: Weil wir über grundlegend andere Voraussetzungen sprechen. Sie müssen immer auch von den Zielsetzungen ausgehen. Bei uns wäre es eine Sensation, wenn wir in der Bundesliga bleiben. Wir machen unsere Sache bisher sehr, sehr gut, auch wenn wir drei oder vier Punkte zu wenig haben, die wir aufgrund unserer Leistung verdient gehabt hätten. Aber diese Leistung wird honoriert - und sie muss auch honoriert werden. Der VfB Stuttgart hat aber die Mannschaft für 40 Millionen Euro verstärkt und eine ganz andere Zielsetzung. Dass da Unruhe aufkommt, ist verständlich, auch wenn erst fünf oder sechs Spieltage vorbei sind.

SPOX/Goal: Womit wir wieder beim Thema Schnelllebigkeit wären.

Funkel: Es wird dir nun mal nirgendwo mehr Zeit gelassen. In dieser Situation denkt keiner mehr darüber nach, dass Tayfun Korkut dem VfB Stuttgart im letzten Jahr den Arsch gerettet hat. Da hat man doch gesehen, dass er ein guter Trainer ist. Er ist an der übertriebenen Erwartungshaltung gescheitert, die mit diesen 40 Millionen Euro gekommen ist. Wir haben in Düsseldorf gerade einmal zwei Millionen Euro investiert.

SPOX/Goal: Sie sagten, ein Klassenerhalt der Fortuna wäre eine Sensation. Mit Ihnen als Trainer verbinden viele Düsseldorfer die Hoffnung, dass diese Sensation eintritt. Verspüren Sie trotz der gedämpften Erwartungshaltung nicht doch ein wenig Druck?

Funkel: Ich verspüre schon lange keinen Druck mehr. Druck ist komplett aus meinem Leben verschwunden. Ich mache meinen Job noch, weil ich Spaß daran habe und mich daran freue, was wir in den letzten zwei Jahren mit dem Bundesliga-Aufstieg geschafft haben. Was wir hier als Verein, gemeinsam mit dem Trainerteam und den Spielern aufgebaut haben, ist sensationell.

SPOX/Goal: Was haben Sie Ihrer Mannschaft vor Beginn des Abenteuers Bundesliga gesagt?

Funkel: Dass wir überhaupt keinen Druck verspüren. Jeder sagt sowieso, dass die Fortuna Abstiegskandidat Nummer eins ist und überhaupt nicht drin bleiben kann. Aber dass wir trotz allem mithalten können, haben wir gezeigt. Jetzt müssen wir gucken, dass wir das ein oder andere Spiel mal gewinnen.

Funkel über die sozialen Medien: "Was soll ich damit? Das ist Humbug!"

SPOX/Goal: Am Freitag haben Sie die nächste Chance darauf. Dann geht es gegen Eintracht Frankfurt (20.30 Uhr im LIVETICKER). "Ausgerechnet", möchte man in Ihrem Fall fast sagen.

Funkel: Natürlich ist Frankfurt immer noch etwas Besonderes für mich. Dort war ich fünf Jahre lang erfolgreich und am Freitag nochmal als Trainer zurückzukehren, in dieses super Stadion mit diesen tollen Fans, das ist schon etwas Besonderes.

SPOX/Goal: Verraten Sie uns, wie Sie trotz der Schnelllebigkeit und allen Entbehrungen des Trainer-Daseins immer noch so eine Freude an Ihrem Job haben und so gut abschalten können.

Funkel: Vielleicht kann ich das besser als andere, weil ich älter bin und nicht mehr alles so ernst nehme, was geschrieben und gesagt wird. Das stört mich überhaupt nicht mehr. Soziale Netzwerke kenne ich nicht. Was soll ich damit? Das ist Humbug. Da wird maßlos übertrieben, du wirst in der Anonymität beschimpft und bedroht. Das interessiert mich alles gar nicht.

SPOX/Goal: Der Verzicht auf die sozialen Medien ist eine Sache. Sie haben aber auch mal gesagt, dass man öfter in die Oper gehen solle.

Funkel: Ich weiß gar nicht, ob ich das wirklich mal gesagt habe, aber nein, ich bin kein Opernfreund. Ich höre querbeet deutsche Musik, ansonsten bin ich gar kein großer Musikfan. Ich gehe lieber mit Freunden aus, gehe gerne ins Kino oder spiele Tennis. Dinge, die ich auch nach den Spielen tue. Vor zwei Wochen haben wir 0:2 gegen Schalke verloren, soll ich deswegen schlechte Laune haben?

SPOX/Goal: Sagen Sie es uns.

Funkel: Wir haben in besagtem Spiel Dinge, die wir uns vorgenommen haben, gut umgesetzt. Das ist zunächst mal das, was ein Trainer sehen will. Das Ergebnis ist natürlich nicht unwichtig, aber manchmal kann man mit Niederlagen auch gut umgehen.

SPOX/Goal: Für Sie steht fest, dass Düsseldorf Ihre letzte Trainerstation sein wird. Eine von vielen in der Bundesliga. Mehr als 700 Mal standen Sie bei Profispielen in Deutschland an der Seitenlinie. Stationen im Ausland sucht man in Ihrem Lebenslauf hingegen vergeblich. Haben Sie niemals Fernweh gehabt?

Funkel: Nein, weil ich immer Möglichkeiten gehabt habe, in Deutschland zu arbeiten. Es ist ein wunderbares Land, in dem man sehr, sehr gut leben und im Fußball arbeiten kann. Mich hat nie irgendwas anderes gereizt.

Friedhelm Funkel: Stationen als Trainer

VereinAmtsantrittAmtsaustrittFunktionSpielePunkte/Spiel
Fortuna Düsseldorf14.03.2016-Trainer1291,53
1860 München07.09.201306.04.2014Trainer241,21
Alemannia Aachen19.09.201101.04.2012Trainer200,85
VfL Bochum01.07.201014.09.2011Trainer451,58
Hertha BSC03.10.200930.06.2010Trainer330,94
Eintracht Frankfurt01.07.200430.06.2009Trainer1941,34
1. FC Köln14.02.200230.10.2003Trainer751,56
Hansa Rostock19.09.200001.12.2001Trainer461,13
MSV Duisburg13.05.199624.03.2000Trainer1481,30
Bayer 05 Uerdingen03.06.199113.05.1996Trainer1861,20
Bayer 05 Uerdingen01.12.199003.06.1991Co-Trainer--
VfR Neuss01.07.198930.06.1990Trainer--
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