Rene Adler im Interview: "Wir bauen den nachhaltigsten Fußballplatz der Welt"

Rene Adler mit Project-Wings-Gründer Marc Helwing.
© Rene Adler
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Was war denn eine unvernünftige Entscheidung, die Sie damals getroffen haben?

Adler: Ich habe mir mal einen Aston Martin für weit über 100.000 Euro gekauft, weil ich unbedingt einen schicken Sportwagen brauchte. Und dann habe ich ihn irgendwann wieder für ein Drittel verkauft. (lacht) Das war eine meiner größten Fehlinvestitionen meines Lebens. Aber solche Erfahrungen gehören dazu. Irgendwann kommt der Tag, an dem du dich fragst, ob du wirklich der große Autofreak bist? Wenn ja, finde ich es auch vollkommen okay, andere kaufen sich teure Uhren oder investieren in Immobilien. Aber wenn du dann merkst, dass dir das gar nichts gibt, dann lass es einfach. Es hat auch Vorteile. In meiner HSV-Zeit bin ich in meinem Polo nach den Spielen immer viel schneller zuhause gewesen, weil die Fans nach den dicken Autos der Spieler geschaut und dann eher meine Kollegen für Autogramme noch angehalten haben. Mich hat niemand bemerkt. Ich habe es nicht mehr gebraucht, auf Dicke hose zu machen und Teil des materiellen Wettrüstens zu sein. Teilweise ist es ja so, dass die Spieler sich überbieten müssen. Wenn der eine sich ein dickes Auto gekauft hat, muss der andere nachziehen.

Hatten Sie früh in Ihrer Karriere einen Finanzberater an Ihrer Seite?

Adler: Am Anfang habe ich alles aus der Hand gegeben, weil ich dachte, ich muss mich komplett auf Fußball konzentrieren und darf den Fokus nicht verlieren. Für diese Einschätzung habe ich viel Lehrgeld bezahlt. In Form von Kapitalverlust. Du darfst das Thema Finanzen nicht zu hundert Prozent an einen Berater abgeben. Da kannst du die Uhr danach stellen, dass es schiefgeht. Da kannst du im Casino auf Rot oder Schwarz setzen und hast eine größere Wahrscheinlichkeit zu gewinnen. Eine der größten Lehren meiner Profikarriere war, dass du mit dem Privileg, viel Geld zu verdienen, auch die Verpflichtung hast, dich darum zu kümmern. Du musst nicht plötzlich der große Experte werden und Bilanzen lesen können, aber du musst dich damit auseinandersetzen. Viele Profis machen das aber aus reiner Bequemlichkeit nicht. Aber wenn du später im Leben noch große Teile deines Geldes haben willst, dann musst du dir zumindest ein Grundverständnis aneignen. Ich muss auch herausfinden, was für ein Typ ich bin? Bin ich eher der Typ fürs Risiko? Bin ich der Typ für Immobilien-Investments? Diese Fragen muss ich für mich klären und ein Team um mich herum aufbauen, das loyal zu mir ist und es gut mit mir meint. Das ist vielleicht die schwierigste Aufgabe, die ein Profi in seiner Karriere überhaupt hat.

Rene Adler beendete 2019 seine Karriere in Mainz.
© imago images / Jan Huebner
Rene Adler beendete 2019 seine Karriere in Mainz.

Rene Adler: "Ich war so oft verletzt und habe sehr gelitten"

Sollten Spieler Ihre Berater bezahlen?

Adler: Ich bin ein großer Verfechter davon, dass Spieler ihre Berater bezahlen. Ich weiß, dass es in diesem Business dann am Ende vielleicht wieder so läuft, dass es hinten herum doch der Verein bezahlt, aber alleine die Tatsache, dass ein Profi auf eine Taste drücken muss, um einen Dauerauftrag zu senden, würde etwas mit ihm machen. Wenn ich 200.000 Euro überweise und mir dann überlege, dass sich der Berater seit einem Jahr nicht mehr gemeldet hat, löst das vielleicht einen Prozess des Hinterfragens aus.

Andre Schürrle hat letztens im Alter von nur 29 Jahren die Karriere beendet und dabei erklärt, dass er den Beifall nicht mehr brauchen würde und er sich oft einsam gefühlt habe. Können Sie das nachvollziehen?

Adler: Absolut. Jeder Mensch hat ja seine eigene Persönlichkeitsstruktur, der eine ist sensibler, der andere wilder. Und in jeder Branche, in der viel Geld im Spiel ist, egal ob im Fußball oder irgendwo anders, werden die Ellenbogen ausgepackt. Das ist einfach so. Das sind die Spielregeln und meine Erfahrung ist, dass man sich seine eigenen Spielregeln definieren muss. Und gemäß diesen Spielregeln konsequent handeln. Es wird ja niemand gezwungen, Fußball zu spielen. Das meine ich völlig wertungsfrei. Es steht jedem frei, zu sagen: Ich höre auf. Und wenn man dabei auf viel Geld verzichtet, ist das eben der Preis. Man kann dann auch nicht alles haben wollen. Ich weiß, dass sich das einfacher anhört, als es in der Realität ist, wenn ich vielleicht fünf oder zehn Millionen wegschmeiße. Natürlich überlegt sich da jeder, ob er nicht nochmal die Arschbacken zusammenkneift.

Schürrle sprach auch davon, dass er im Fußball-Business immer eine Rolle spielen musste.

Adler: Das ist definitiv so und das kann ich gut verstehen. Der Familienvater Rene Adler ist eine ganz andere Person, als es der Torwart Rene Adler war. Ich glaube, das ist ganz normal und gibt es durchaus auch in anderen Berufen. Bei mir war es so, dass ich auch öfters meine Probleme mit der Branche hatte. Ich war so oft verletzt und habe sehr gelitten. Ich war so oft traurig und hatte auch zeitweise keine Lust mehr, mich ein weiteres Mal in der Reha zu quälen. Aber trotz allem habe ich immer eine große Dankbarkeit empfunden, dass mir dieser Beruf so unglaublich viel ermöglicht hat. Für mich war es wichtig, nicht nur fußballerisch zu trainieren, sondern gemeinsam mit einem Coach auch in Sachen Persönlichkeitsentwicklung zu arbeiten.

Rene Adler und Manuel Neuer zusammen bei der Nationalmannschaft.
© imago images / T-F-Foto
Rene Adler und Manuel Neuer zusammen bei der Nationalmannschaft.

Rene Adler: "Manuel Neuer hat eine Weltkarriere gemacht und ich nicht"

Sie haben immer offen gesagt, dass Sie mit Persönlichkeits-Coach Holger Fischer zusammengearbeitet haben. Warum war er so wichtig?

Adler: Er ist auch jetzt noch wichtig für mich als Unternehmer. Holger kennt mich seit Jahren und weiß, wie er mich anpacken muss. Ich bin jemand, dem es nicht guttut, wenn mich jemand tröstet, wenn ich mich ausheulen muss. Das ist bei mir kontraproduktiv und führt nur zur Lethargie. Ich brauche den Arschtritt. Holger war und ist ein ganz wichtiger Teil meines Teams. Genauso wie mein Banker, mit dem ich jeden Tag telefoniere, ein wichtiger Teil ist. Ich muss mir meinen eigenen Kosmos und ein Team schaffen, das perfekt zu mir passt. Und ich muss wissen, welche Rolle ich in meinem Team einnehme. Dass ich derjenige bin, der die Fäden zusammenhält und die Verantwortung trägt. Mit allen Konsequenzen.

Warum machen das viele Profis nicht?

Adler: Viele Profis sind leider zu bequem und lassen sich alles abnehmen. Aber wenn wir sehen, wie den Jugendlichen heutzutage alles abgenommen und sie zur totalen Unselbstständigkeit erzogen werden, wissen wir auch, woher es kommt. Und ja nicht nur im Fußball, es ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Es ist ein Fehler des Systems. Ich schreibe gerade meine Masterarbeit darüber, dass es im Jugendbereich heute gar nicht mehr in erster Linie um die Ausbildung geht, sondern das Abkassieren im Vordergrund steht. Die Jungs werden ja eher als monetäre Assets betrachtet und nicht als Spieler, die zu Persönlichkeiten entwickelt werden sollten. Dabei wissen wir, dass Leistung durch Umfelder entsteht. Es ist ja kein Zufall, dass Freiburg einen Spieler nach dem anderen hervorbringt. Oder dass Bilbao sich selbst freiwillig geografisch begrenzt und damit Erfolg hat. Andere Vereine haben sicher junge Spieler, die nicht schlechter sind als die jungen in Freiburg, aber sie bekommen keine Chance zu spielen und müssen dann nach Belgien oder Holland gehen. Das spielt alles zusammen. Umso dankbarer bin ich, wie es für mich bislang gelaufen ist.

Auch wenn Manuel Neuer jetzt wieder die Champions League gewonnen hat und Sie nicht?

Adler: Es stimmt: Manuel Neuer hat eine Weltkarriere gemacht und ich nicht. Ich gebe auch offen zu, dass es mir nicht immer gelungen ist, alles so rational positiv zu sehen. Ich hatte auch schlechte Gefühle. Aber in diesen Momenten habe ich immer daran gearbeitet, mir bewusst zu machen, welches Glück ich habe. Ich habe mein Hobby zum Beruf machen und damit viel Geld verdienen dürfen. Das ist ein Privileg. Das galt selbst dann, wenn ich mit dem HSV mitten im Abstiegskampf gesteckt bin. Selbst dann musst du es wertschätzen, morgens zum Training zu fahren. Am Ende ist es doch das, wovon du als kleines Kind geträumt hast. Und jetzt habe ich mit 35 die Möglichkeit, mir eine zweite Karriere aufzubauen und dabei vielleicht wieder ein Hobby zum Beruf machen zu können. Für diese Freiheit bin ich sehr dankbar.