Ein Duo schickt sich an, Dortmunds Zentrale neu zu besetzen. Borussia Mönchengladbachs Trainer Marco Rose bietet sich wohl eine letzte Chance, während Schalke auf den Reformer Ralf Rangnick hofft - mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Fünf Thesen zum 25. Spieltag der Bundesliga.
BVB: Bellingham und Dahoud überholen Delaney und Witsel
Vor drei Jahren wollte Borussia Dortmund Körperlichkeit und Mentalität einkaufen für sein defensives Mittelfeld, nach einer völlig verkorksten Saison hatten Sportchef Michael Zorc und sein Team erhebliche Defizite in diesem Bereich ausgemacht. Also holte der BVB Thomas Delaney aus Bremen und Axel Witsel aus der chinesischen Liga. Beides ausgewiesene Mentalitätsspieler, die auch mal hinlangen können und der Mannschaft so etwas wie ein neues Rückgrat geben sollten.
Witsel wurde schnell zu einem neuen Anführer, der ruhigere Delaney sein Adjutant. Noch in dieser Saison könnte sich aber ein Machtwechsel auf der Dortmunder Doppel-Sechs ankündigen. Witsel hatte bis zu seiner schweren Verletzung ganz schön zu kämpfen, wollte einfach nicht so recht in Form kommen. Nun steht in den Sternen, ob und wie der Belgier wieder zurückkommen wird. Delaney ist immer noch ein wichtiger Spieler für den BVB, der Däne bekommt aber auch mächtig Druck von Jude Bellingham und Mo Dahoud.
Der hat sich die Position von Witsel quasi gekrallt und zeigt seit Wochen starke Leistungen. Bellingham legte gegen Sevilla ein unglaubliches Spiel hin und überzeugte auch beim 2:0 gegen die Hertha (Die Highlights im Video). Der Engländer deutet derzeit an, wie wichtig er in den kommenden Jahren noch werden kann. Bellingham ist ja immer noch erst 17 Jahre jung, auch Dahoud mit seinen 25 Jahren ist im Vergleich zu den Routiniers Delaney (29) und Witsel (32) die Zukunft des BVB.
Schalke: Rangnicks Anfang könnte Grammozis' Ende sein
Markus Krösche hat Schalke abgesagt, Leipzigs Sportchef stehe nicht bereit für die Mission Wiederaufbau in Gelsenkirchen. Es läuft wohl darauf hinaus, dass die Entscheider sich doch auf Ralf Rangnick konzentrieren als neuen starken Mann. Dann allerdings auch mit allen Risiken und Nebenwirkungen.
Rangnick ist ein unglaublich guter Entwickler, das hat er in rund zwei Jahrzehnten in der Bundesliga und einigen Ligen darunter bewiesen. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Voraussetzungen auf Schalke ganz andere wären als zuletzt im Red-Bull-Kosmos oder davor in Hoffenheim. Bei Rangnicks letzten Stationen spielte die Bereitstellung der entsprechenden finanziellen Mittel - überspitzt formuliert - keine große Rolle. Geld war genug vorhanden und damit natürlich eine ganz andere Arbeitsbasis als aktuell auf Schalke. Da fehlt es an allen Ecken und Enden. Doch Rangnick braucht eben auch Geld.
Dazu wäre Rangnick keiner, der besonders viele Kompromisse mit anderen Entscheidungsträgern eingehen wollte. Rangnick wird so viel Macht wie möglich einfordern. Das ist legitim, schließlich ist er der Projektleiter. Nur wird das nicht ohne mehrere Wechsel in verschiedenen Ämtern vonstattengehen. Rangnick würde sein Team mitbringen oder es sich nach und nach zusammenstellen. Das muss man als Klub auch zulassen können, was auf Schalke mit seiner enormen Fanbasis und seinen vielen auch politischen Fallstricken gar nicht so einfach ist.
Ganz konkret müsste sich wohl auch der eben erst installierte Dimitrios Grammozis ein paar ernsthafte Gedanken machen. Er wäre nicht der Rangnick-Trainer, der den Klub wieder zurück in die Bundesliga führen soll. Den würde sich der neue starke Mann ziemlich sicher schon selbst aussuchen.
Für mehr Dardai bei der Hertha!
Es wird immer enger für die Berliner, die nun erstmals in dieser Saison auf einen (potenziellen) Abstiegsplatz abgerutscht sind. Trainer Pal Dardai war nach dem 0:2 von Dortmund auch alles andere als erfreut von der Leistung seiner Mannschaft speziell in der zweiten Halbzeit. Immerhin kann sich Dardai Senior in der dunklen Zeit aber über einen Lichtblick freuen: Dardai Junior hat sich einen Stammplatz erkämpft.
Marton Dardai feierte unter Bruno Labbadia im letzten Herbst zwar sein Bundesligadebüt, hatte danach aber einen schweren Stand beim Ex-Coach. Nach einer überstandenen Muskelverletzung ist der 19-Jährige jetzt aber nicht nur körperlich voll auf der Höhe, sondern spielt seinen Part links in der Innenverteidigung ganz vorzüglich. Sehr auffällig, mit welcher Ruhe und Souveränität Dardai auch in Drucksituationen schon spielt und wie er immer Lösungen findet. Das macht Hoffnung auf mehr und womöglich bekommt Dardai junior von Dardai Senior auch in den kommenden Wochen die Gelegenheit dazu. Derzeit sieht es so aus, als habe sich Marton Dardai den Platz in der Abwehrkette gesichert und die Nase vorn vor Omar Alderete. Der Paraguayer hat die letzten vier Begegnungen von der Bank aus verfolgt, kam lediglich auf ein paar Minuten Spielzeit. In Marton Dardai ist Alderete und auch Jordan Torunarigha, beides Linksfüßler, ein starker Kontrahent erwachsen, den die Etablierten erst mal wieder verdrängen müssen.
Marco Rose droht das Tedesco-Schicksal
Am Dienstag steht ein Champions-League-Spiel an für Borussia Mönchengladbach, dann geht es gegen die derzeit vielleicht beste Mannschaft der Welt. Die Partie gegen Manchester City ist allerdings nur ein Nebenkriegsschauplatz, nach dem 0:2 aus dem Hinspiel stehen die Chancen auf ein Weiterkommen nur knapp über Null.
Immerhin ist es ein kurzer, vorerst letzter Ausflug in eine Welt, die die Borussia so schnell wohl nicht mehr erleben wird. Die erneute Qualifikation für die Königsklasse ist nach dem 1:3 gegen Augsburg bei elf Punkten Rückstand in unerreichbare Ferne gerückt, nach der sechsten Niederlage in Folge droht nach dem Aus im Pokal und dem anstehenden Aus in der Champions League nun auch die Saison einfach so auszutrudeln. Selbst das Trostpflaster Europa League ist für die Borussia nur noch schwer zu erreichen.
Nun ist es nicht so, dass die Mannschaft regelmäßig enttäuscht, auch der Auftritt beim FCA (Bundesliga-Highlights im Video) war sehr ordentlich. Aber Gladbach steckt in einer veritablen Ergebniskrise und nun gibt es in der Bundesliga genau noch diese eine Chance, die Gemengelage nicht vollends eskalieren zu lassen: Am Wochenende steht das Spiel gegen Schalke an. Für die Borussia und ihren Noch-Trainer Marco Rose die letzte Chance zur Wende - so Rose bis dahin überhaupt noch auf der Bank sitzen sollte. "Ich wüsste heute nicht, was dazu führen würde, dass er nicht bis zum 30. Juni bei uns Trainer ist", hat Max Eberl am Samstag im "Aktuellen Sportstudio" gesagt. So ähnlich haben sie einst beim kommenden Gegner auch über Domenico Tedesco geredet. Der musste dann Mitte März vor zwei Jahren doch gehen - nach einem 0:7 gegen Manchester City.
Der Gikiewicz-Luthe-Tausch ist ein Win-Win-Geschäft
Rafal Gikiewicz war ein prägendes Gesicht des FC Union Berlin, der Garant für den Aufstieg vor anderthalb Jahren und nicht erst seit seinem beherzten Eingreifen gegen ein paar Randalierer im Derby gegen die Hertha so etwas wie ein Volksheld an der Alten Försterei. Denn ganz nebenbei war und ist Gikiewicz auch ein sehr vorzüglicher Torhüter.
Andreas Luthe war beim FC Augsburg eine Stand-by-Lösung, saß lange auf der Bank, dann durfte er wieder spielen, war wieder draußen und am Ende doch so etwas wie die Nummer eins. Luthe war beim FCA aber immer als wichtige Stimme in der Kabine wichtig, egal ob er spielte oder nicht. Der Tausch beider Spieler vor dieser Saison erzeugte also eine durchaus spannende Situation: Würden Gikiewicz in Augsburg und Luthe in Berlin funktionieren? Nach mehr als zwei Dritteln der Saison lässt sich wohl konstatieren, dass beide Klubs und auch beide Keeper mit dem Tauschgeschäft - das ja streng genommen gar keines war - absolut richtig gelegen haben.
Gikiewicz ist in einer wankelmütigen und fußballerisch limitierten Augsburger Mannschaft eine Konstante, Luthe hat sich bei Union gegen Loris Karius durchgesetzt und liefert verlässlich starke Leistungen ab. Vor der Saison wurden beide Teams als Anwärter auf einen Abstiegsplatz gehandelt, nun wird es aber ziemlich sicher für beide zum Klassenerhalt reichen. Auch dank ihrer überzeugenden Torhüter.
Bundesliga: Die Tabelle nach dem 25. Spieltag
Platz | Team | Sp. | Tore | Diff | Pkt. |
1. | Bayern München | 25 | 74:35 | 39 | 58 |
2. | RB Leipzig | 25 | 47:21 | 26 | 54 |
3. | Wolfsburg | 25 | 43:21 | 22 | 48 |
4. | Eintracht Frankfurt | 25 | 48:34 | 14 | 44 |
5. | Borussia Dortmund | 25 | 52:35 | 17 | 42 |
6. | Bayer Leverkusen | 25 | 43:28 | 15 | 40 |
7. | 1. FC Union Berlin | 25 | 38:27 | 11 | 38 |
8. | VfB Stuttgart | 25 | 47:37 | 10 | 36 |
9. | SC Freiburg | 25 | 37:39 | -2 | 34 |
10. | Borussia M'gladbach | 25 | 41:40 | 1 | 33 |
11. | TSG Hoffenheim | 25 | 39:43 | -4 | 30 |
12. | Werder Bremen | 25 | 30:36 | -6 | 30 |
13. | FC Augsburg | 25 | 27:38 | -11 | 29 |
14. | 1. FC Köln | 25 | 23:44 | -21 | 22 |
15. | Arminia Bielefeld | 25 | 20:44 | -24 | 22 |
16. | Hertha BSC | 25 | 28:45 | -17 | 21 |
17. | 1. FSV Mainz 05 | 25 | 24:44 | -20 | 21 |
18. | Schalke 04 | 25 | 16:66 | -50 | 10 |