Hamburg trauert, Berlin tanzt: Hertha BSC hat den Hamburger SV aus allen Bundesliga-Träumen gerissen und bleibt erstklassig. Felix Magaths Rettungsmission ist geglückt.
Felix Magath klatschte kurz mit der Bank ab, die Party überließ der Retter aber seinen Spielern. Der Trainer von Hertha BSC war bereits in der Kabine verschwunden, als die Berliner Profis um den überragenden Kevin-Prince Boateng vor der Gäste-Kurve mit wilden Tänzen den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga feierten.
Mit einem 2:0 (1:0) zog der Hauptstadt-Klub den Kopf noch einmal aus der Schlinge und riss den Hamburger SV im Relegationsrückspiel aus allen Bundesliga-Träumen.
"Das war ein sensationeller Auftritt. Wir hatten heute das glücklichere Ende. Darüber freue ich mich. Es ist aber auch ein schweres Herz dabei, dass ausgerechnet ich mitgeholfen habe, den HSV nicht in der ersten Liga zu sehen", sagte Magath. Anschließend kündigte der langjährige HSV-Profi seinen Abschied von der Hertha an: "Mein Job ist jetzt beendet." Auf Nachfrage, wie nun seine Zukunft ausschauen werde, sagte er: "Ich werde nach Hause gehen und Holz hacken."
Boateng war zuvor angesichts der erfolgreichen Rettungsmission ins Schwärmen geraten. "Es ist wie, als wenn wir Meister geworden wären. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll", sagte Boateng bei Sat1: "Riesenkompliment an alle. Wir haben genau das gezeigt, was wir gebraucht haben. Das war die Hertha, wie wir sie kennen."
HSV nach Plattenhardts Geniestreich im Tal der Tränen
Für den HSV verlängert sich dagegen die Leidenszeit in der 2. Liga. Tim Walter sank nach dem Abpfiff konsterniert auf seinen Trainerstuhl, ehe er seine Spieler auf dem Feld aufpeppelte. Auch die HSV-Fans applaudierten, als die Mannschaft in die Kurve ging.
"Ich bin stolz auf meine Truppe, stolz auf den Verein und den Staff. Aber ich bin natürlich auch enttäuscht. Der Unterschied war, dass die zwei Standards reingehauen haben und wir nicht", sagte HSV-Coach Walter: "Momentan empfinden wir nur Leere."
Dedryck Boyata mit einem wuchtigen Kopfball nach einer Ecke (4.) und Marvin Plattenhardt per Freistoß-Schlenzer (63.) trafen für die Hertha. Die Gelb-Rote Karte für den Berliner Lucas Tousart fiel nicht mehr ins Gewicht (90.+6). Magath baute damit auch persönlich eine beachtliche Serie aus: In seiner jahrzehntelangen Karriere stieg der 68-Jährige noch nie ab.
Zudem erwies sich der Trainerfuchs an seiner alten Wirkungsstätte vor 55.000 Zuschauern im Volksparkstadion als echter Partycrasher. Während beim HSV nach dem 1:0-Hinspielsieg schon alles für eine rauschende Wiederaufstiegsfeier bereitstand, verhinderten die Berliner mit einem leidenschaftlichen Auftritt den siebten Abstieg der Klubgeschichte im letzten Moment.
"Uns fällt ein verdammt großer Stein vom Herzen. Was die Jungs abgeliefert haben, war überragend. Relegation ist schon etwas besonderes", sagte der Berliner Sport-Geschäftsführer Fredi Bobic.
HSV-Kapitän Schonlau: "Das tut weh"
Dem HSV blieb die Erstliga-Rückkehr hingegen auch im vierten Anlauf verwehrt. Der frühere Bundesliga-Dino war 2018 erstmals in seiner Geschichte abgestiegen, nach drei vierten Plätzen scheiterten die Hamburger nun in der Relegation.
"Das tut weh. Wir haben uns das anders vorgestellt", sagte HSV-Kapitän Sebastian Schonlau bei Sky. Hamburgs Manager Jonas Boldt ärgerte sich: "Am Ende fehlt ein Tor. Es sind Kleinigkeiten." Der Blick ging aber auch schon wieder nach vorn. "Wir haben etwas angestoßen, sind aber noch nicht am Ende", sagte Walter. In Hamburg sei "extrem etwas entstanden".
Ähnlich formulierte es HSV-Sportvorstand Jonas Boldt. "Das fühlt sich einfach beschissen an, das wird sich auch die nächsten Stunden nicht ändern", so Boldt: "In den nächsten ein, zwei Tagen kommt die Energie dann zurück und dann geht es wieder mit voller Kraft voraus."
Ausschlaggebend für die Wende war eine ganz starke und disziplinierte Vorstellung der Berliner. Angeführt von Kevin-Prince Boateng überraschte der Bundesliga-16. den HSV mit einem mutigen und selbstbewussten Auftritt - und wurde belohnt. Während die Hamburger neben ihrer unbändigen Leidenschaft am Montagabend wenig zu bieten hatten, kontrollierte die Hertha weite Strecken der Partie und erspielte sich die besseren Chancen.
"Der Klassenerhalt ist geschafft! Ich freue mich sehr! Anerkennung und Respekt für Felix Magath. Seine Erfahrung und Führungsstärke haben den Verein vor dem Abstieg bewahrt. Dafür gebührt ihm großer Dank!", schrieb Hertha-Investor Lars Windhorst auf Twitter.
HSV vs. Hertha BSC: Die Aufstellungen
- HSV: Heuer Fernandes - Heyer (82. Gyamerah), Vuskovic, Schonlau, Muheim - Meffert - Reis, Rohr (58. Vagnoman) - Jatta (74. Kaufmann), Glatzel, Kittel. - Trainer: Walter
- Hertha: Christensen - Pekarik, Boyata, Kempf, Plattenhardt (81. Björkan) - Ascacibar - Tousart, Serdar (85. Stark) - Kevin-Prince Boateng (89. Darida) - Belfodil (82. Maolida), Jovetic. - Trainer: Magath
HSV vs. Hertha BSC: Die Daten zum Spiel
- Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach)
- Tore: 0:1 Boyata (4.), 0:2 Plattenhardt (63.)
- Zuschauer: 55.000 (ausverkauft)