Einige Jahre hatte Max Eberl die Gabe des Midas, ein goldenes Händchen bei Transfers, das dafür sorgte, dass Borussia Mönchengladbach trotz aller Abgänge weiterhin konkurrenzfähig blieb. Viele Transferperioden lang zog der Sportdirektor der Fohlen für und mit Michael Frontzeck, Lucien Favre, André Schubert und Dieter Hecking neue Leistungsträger an Land. Für eine Weile schien es so, dass Eberl der talentierteste der Bundesliga-Manager wäre.
Natürlich hat sich die Wahrnehmung des gebürtigen Niederbayern etwas verändert. In der letzten Phase seiner insgesamt etwas mehr als 13 Jahre dauernden Amtszeit als Sportdirektor von Gladbach wirkte die Transferpolitik weniger erfolgversprechend. Dann folgte der gesundheitlich bedingte Rückzug und später ein Engagement bei RB Leipzig, wo Eberl bis Freitag als Geschäftsführer Sport fungiert hat.
Doch selbst ein paar weniger erfolgreiche und verständlicherweise ruhigere Jahre haben der Reputation des ehemaligen Rechtsverteidigers in der Fußballbranche nicht signifikant geschadet. Nachdem Liverpool bereits 2020 Interesse an Eberl zeigte und auch Bayern München etwa 2017 vorfühlte, ob sich denn der einstige Jugendspieler eine Rückkehr an die Säbener Straße vorstellen könnte, haben beide europäischen Spitzenklubs, glaubt man einschlägigen Quellen, nun wieder Eberl auf der Liste.
Max Eberl: Erst preiswerte Leistungsträger, dann Top-Talente
Abgesehen von der grundsätzlichen Konsolidierung Borussia Mönchengladbachs und Verbesserungen in der Außendarstellung, an der Eberl zumindest partiell beteiligt war, waren der gewichtigste Reputationsschub seine Transfererfolge in Diensten der Fohlen. Dabei war Eberl keiner, der gänzlich unbekannte Talente irgendwo ausfindig machte. Das ist in den vergangenen zehn Jahren ohnehin auf Bundesliga-Niveau nur noch schwerlich möglich.
Aber Eberl schaffte es, Spieler mit Potenzial vom Projekt Gladbach und der sportlichen Zukunft des vormaligen Abstiegsaspiranten zu überzeugen. Das fing an bei Zweitligatalenten wie Marco Reus und umherziehenden Erstligaprofis à la Dante. Mit der Zeit konnte Eberl dann die Fühler nach angesehenen Talenten wie Granit Xhaka und Thorgan Hazard ausstrecken.
Xhaka war ob seiner Leistungen für den FC Basel in seinen ersten beiden Profijahren natürlich im Fußballgeschäft kein Unbekannter, aber der heutige Leverkusener Spielgestalter schien im Jahr 2012 noch nicht bereit für den Sprung zu einem der Top-Klubs, während Gladbach Xhaka das optimale Sprungbrett präsentierte und ihn in Anbetracht des Abgangs von Roman Neustädter holte.
Max Eberl: Bislang in Diensten von Sprungbrett-Klubs
Bekanntlich griff Eberl in Kooperation mit Favre oder auch Hecking gelegentlich daneben: Namen wie Luuk de Jong oder Josip Drmic stehen besonders für finanzielle und sportliche Fehlgriffe. Aber insgesamt blieb die Transferbilanz des Fohlen-Sportdirektors bis circa 2018 eine weitgehend positive und selbst danach wurden eigentlich jeden Sommer sehr gute Verpflichtungen getätigt.
In diesem Sommer wiederholte Eberl seinen Erfolg vergangener Tage und konnte zusammen mit den weiteren Verantwortlichen von RB Leipzig trotz einiger schmerzhafter Abgänge einen starken und in der Spitze breiten Kader zusammenstellen. Keiner wird wohl ernsthaft infrage stellen, dass die Verpflichtungen von Loïs Openda, Christoph Baumgartner und Castello Lukeba sowie die Leihe von Xavi Simons ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis versprechen.
Während seiner Karriere befand sich Eberl zumeist in einer Position, in der er talentierte Spieler für vergleichsweise wenig Geld verpflichtete und sich Hoffnung auf einen Wiederverkaufswert machen durfte. Das Businessmodell von Gladbach war selbst in Erfolgszeiten darauf ausgelegt, dass die besten Kicker im Kader für eine hohe Ablösesumme den Klub wieder verlassen könnten.
Max Eberl: Wechsel zu Bayern oder Liverpool?
Dieses Modell ging lediglich in jüngster Vergangenheit nicht mehr auf, weil teilweise Verkäufe zum im Nachhinein bestmöglichen Zeitpunkt nicht getätigt wurden - siehe Florian Neuhaus oder auch Marcus Thuram - oder aber Verträge nicht verlängert werden konnten.
In jedem Fall ist Eberl bis dato ausschließlich für quasi "Feeder Clubs" tätig gewesen, zu denen im gehobenen internationalen Maßstab eben auch RB Leipzig zählt. Sollte es den 50-Jährigen jedoch in Kürze zu Bayern oder Liverpool verschlagen, so würde er für eine ganz andere Art von Verein tätig sein.
Sicherlich haben die Reds in der Vergangenheit auch immer mal Leistungsträger gewinnbringend weiterverkauft, aber an sich ist die Mentalität unter Cheftrainer Jürgen Klopp eine ähnliche wie beim deutschen Rekordmeister: Man möchte zur Spitze Europas gehören und kauft Spieler, damit sie ihre besten Leistungen im Trikot des Klubs bringen.
Max Eberl wäre beim FC Bayern Sportvorstand
Eberl besitzt gute Kontakte in Deutschland wie auch in den europäischen Top-Ligen, insbesondere Frankreich, das sich zum Nabel der Top-Talente entwickelt. Diese Kontakte könnten ihm dabei helfen, Juwelen für seinen neuen Arbeitgeber an Land zu ziehen. Wie er sich jedoch in Verhandlungen mit großen Stars schlägt, das weiß momentan noch keiner.
Seine Rolle bei RB Leipzig und eine angedachte bei Bayern München würden sich auf gewisse Weise ähneln. Denn der FC Bayern hat mit Christoph Freund bereits einen Sportdirektor und würde Eberl dem Vernehmen nach wohl als Sportvorstand installieren - und damit de facto die vormalige Rolle von Hasan Salihamidzic splitten.
Freund agiert aktuell noch recht zurückhaltend, was vielleicht auch den Vorbehalten von Thomas Tuchel gegenüber dem Neuankömmling aus Salzburg geschuldet sein dürfte, aber der österreichische Manager ist in jedem Fall keiner, der sich nur in Hinterzimmern aufhält und bei Verhandlungen die dritte Geige spielt. Rouven Schröder verhält sich im Vergleich dazu schon bei weitem zurückhaltender unter Eberl.
Liverpool sucht Nachfolger von Michael Edwards
Eberl selbst schien es jedoch zu genießen, dass er in Leipzig nicht ständig im Zentrum der Aufmerksamkeit stand und auch nicht den alleinigen Zirkusdompteur geben musste, wie es in Gladbach phasenweise der Fall war. Auch bei den Bayern wäre Eberl, der von 1988 bis 1994 für den Klub spielte, nicht per se der Platzhirsch. Dafür gibt es beim deutschen Rekordmeister zu viele Entscheidungsebenen und zu viele, die ein Wörtchen bei Entscheidungen mitreden wollen und können.
Bei Liverpool oder auch anderen europäischen Spitzenklubs könnte die Last mehr auf den Schultern Eberls liegen und der Niederbayer sich in der traditionellen Rolle des Sportdirektors wiederfinden. Die Reds suchen einen Ersatz für den 2022 abgewanderten Sportdirektor Michael Edwards.
Es gab keine Ebene unter ihm, die von einem Schröder besetzt wurde. Aktuell fungiert Jörg Schmadtke als rechte Hand von Klopp, tut dies aber vor allem, um bei Verhandlungen den langjährigen Liverpooler Cheftrainer zu entlasten und seine Expertise als Dealmaker einzubringen.
Max Eberl: Beachtliches Gespür bei der Kaderplanung
Wie sich Eberl schlussendlich entscheidet, wird man in den kommenden Monaten erfahren. Dass sich der 50-Jährige eine derart gute Reputation erarbeitet hat, dürfte jedoch nicht überraschen. Bis auf kleine Ausnahmen hat er im Schnitt ein beachtliches Gespür bei der Kaderplanung bewiesen und sich auch als medialer Vertreter seiner Vereine wenige Ausrutscher erlaubt. Das können nicht viele Sportdirektoren und Sportvorstände angesichts des immensen Drucks in Bundesliga oder auch Premier League von sich behaupten.
Max Eberl: Seine Transfers
Top-Transfers
Dante (für 2,5 Mio. Euro von Standard Liège, Januar 2009)
Marco Reus (für 1 Mio. Euro von Rot Weiß Ahlen, Sommer 2009)
Roman Neustädter (ablösefrei vom 1. FSV Mainz 05, Sommer 2009)
- Oscar Wendt (ablösefrei vom FC Kopenhagen, Sommer 2011)
Granit Xhaka (für 8,5 Mio. Euro vom FC Basel, Sommer 2012)
- Raffael (für 3 Mio. Euro von Dynamo Kiew, Sommer 2013)
Christoph Kramer (Leihe von Bayer 04 Leverkusen, Sommer 2013)
- Thorgan Hazard (Leihe vom Chelsea FC, Sommer 2014)
Yann Sommer (für 9 Mio. Euro vom FC Basel, Sommer 2014)
- Lars Stindl (für 3 Mio. Euro von Hannover 96, Sommer 2015)
Denis Zakaria (für 12 Mio. Euro vom BSC Young Boys, Sommer 2017)
Marcus Thuram (für 9 Mio. Euro von EA Guingamp, Sommer 2019)
Gutes Händchen
Juan Arango (für 3,6 Mio. Euro vom RCD Mallorca, Sommer 2009)
Max Kruse (für 2,5 Mio. Euro vom SC Freiburg, Sommer 2013)
Jonas Hofmann (für 8 Mio. Euro von Borussia Dortmund, Sommer 2015)
Nico Elvedi (für 4 Mio. Euro vom FC Zürich, Sommer 2015)
Florian Neuhaus (ablösefrei vom TSV 1860 München, Sommer 2017)
Matthias Ginter (für 17 Mio. Euro von Borussia Dortmund, Sommer 2017)
Stefan Lainer (für 12,5 Mio. Euro vom FC Red Bull Salzburg, Sommer 2019)
Ramy Bensebaini (für 8 Mio. Euro vom Stade Rennais FC, Sommer 2019)
Manu Koné (für 9 Mio. Euro vom Toulouse FC, Sommer 2020)
Transfer-Flops
Raúl Bobadilla (für 4,2 Mio. Euro von Grasshopper Club Zürich, Sommer 2009)
Luuk de Jong (für 12 Mio. Euro vom FC Twente, Sommer 2012)
Josip Drmić (für 10 Mio. Euro von Bayer 04 Leverkusen, Sommer 2015)
Timothée Kolodziejczak (für 7,5 Euro vom Sevilla FC, Sommer 2016)
Andreas Poulsen (für 4,5 Mio. Euro vom FC Midtjylland, Sommer 2018)
Hannes Wolf (für 9 Mio. Euro von RB Leipzig, Sommer 2021)