Pro Verkauf: Schleichende Entfremdung zwischen Bayern und Boateng
Von SPOX-Fußballchef Andreas Lehner
Als der FC Bayern Jerome Boateng 2011 von Manchester City nach München holte, stellte sich die Frage, warum eigentlich kein anderer Klub auf die Idee gekommen war, diesen hoch talentierten, aber noch ungeschliffenen Verteidigerdiamanten für eine überschaubare Ablöse vom Fehler Premier League zu erlösen.
Jetzt stellen sich viele die Frage, warum der FC Bayern bereit ist, einen hochdekorierten Abwehrgiganten mit internationaler Reputation einfach ziehen zu lassen. Ganz einfach: Weil sich beide Partien in den letzten Wochen und Monaten entfremdet haben.
In den letzten sieben Jahren haben Boateng und der Klub wechselseitig voneinander profitiert. Boateng ist erst in München unter Anleitung von Jupp Heynckes und Pep Guardiola zu einem Weltklasseverteidiger gereift. Und der FC Bayern hat dank dieser Entwicklung große Erfolge gefeiert.
Ähnliche Situation wie bei Toni Kroos
Diese Symbiose ist nach einer im Fußball gefühlten Ewigkeit an einem Ende angekommen. Boateng hat andere Vorstellungen von seiner Zukunft beim FC Bayern und der Klub hat andere Vorstellungen von Boatengs Wirken in München.
Auch wenn die Themen andere sind und Boateng einige Jahre älter ist, ist die Situation vergleichbar mit der von Toni Kroos vor dessen Abschied zu Real Madrid. Der Spieler wollte mehr als das gebotene Gehalt, um damit auch eine höhere Wertschätzung zu bekommen. Der Verein blieb bei seinem Angebot. Trennung.
Boateng in der Hierarchie hinter Neuer und Müller
In Boatengs Fall geht es nicht um Geld, sondern um einen von ihm auch schon mehrmals öffentlich geäußerten Führungsanspruch. Boateng hat immer wieder mit dem Kapitänsamt beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft kokettiert.
Er hat sich nach den Rücktritten von Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger auch Hoffnungen gemacht. Dass die Binde jeweils an Manuel Neuer ging, hat ihm diese Perspektive langfristig verbaut. Dass Boateng trotzdem zum Führungspersonal gehört, steht außer Frage. Beim FC Bayern steht aber auch noch Thomas Müller in der internen Hierarchie vor ihm, ebenso im Ansehen der Klub-Bosse.
Süle ist der richtige Nachfolger beim FC Bayern
Das Verhältnis von Boateng und Rummenigge ist ohnehin nicht das Beste - Stichwort "Back to earth"-Kritik. Und dass der 29-Jährige in den letzten zweieinhalb Jahren nur 34 Bundesligaspiele absolviert hat und immer wieder verletzt war, hat die Zweifel der Oberen weiter verstärkt.
Mit Niklas Süle haben die Bayern zudem einen aufstrebenden Spieler im Kader, der jetzt den nächsten Schritt auf dem Weg zum "Weltklasseverteidiger" (Jupp Heynckes) machen muss und an der Seite von Mats Hummels reifen kann.
Es spricht also sehr viel dafür, dass die Bayern Boateng nach der Weltmeisterschaft für viel Geld verkaufen, Süle als Nachfolger aufbauen und dahinter noch einen Verteidiger verpflichten werden. Ein Schnitt zur rechten Zeit.