Nach den geplatzten Vertragsverhandlungen zwischen David Alaba und dem FC Bayern München stehen die Zeichen auf Trennung. Wohin könnte es den österreichischen Abwehrspieler ziehen?
Zu erreichen ist Pini Zahavi dieser Tage nur selten. Und wenn, dann lacht er den von ihm mitverursachten Wirbel um die Zukunft von David Alaba mit der Routine eines Beraters weg, der schon seit über 30 Jahren im Geschäft ist.
"Die Situation ist, wie sie ist. Wir müssen schauen, wie es weitergeht. David konzentriert sich nur auf den Fußball, mehr gibt es nicht mitzuteilen", sagt er am Telefon zu SPOX und Goal.
Die jüngsten Aussagen von Karl-Heinz Rummenigge ("Wir möchten alle, dass David bleibt") zeigen zwar, dass noch immer Hoffnung auf eine Einigung besteht, gleichwohl ist derzeit von einem Wechsel Alabas auszugehen. Der Spieler will die Saison auf jeden Fall in München zu Ende spielen, weshalb Zahavi aktuell auch keine Verhandlungen mit anderen Klubs führt.
Welche Klubs kämen bei einem ablösefreien Wechsel im kommenden Sommer aber überhaupt in Frage? Allen voran Real Madrid wird als möglicher Abnehmer gehandelt. Ein Überblick.
David Alabas Optionen: Real Madrid
Real gilt gemeinhin als "Traumziel" von Alaba. Sein Vater George bot ihn in den vergangenen Jahren mehrfach vergebens bei den Königlichen an, die entweder ihre guten Beziehungen mit den Bayern nicht auszunutzen vermochten, um den Spieler zu verpflichten - oder aber andere Pläne auf dem Transfermarkt verfolgten.
Alaba würde wohl kaum auf die Expertise eines so gut vernetzten Vermittlers wie Zahavi zurückgreifen, wenn er sich neben einer Vertragsverlängerung in München nicht erneut mit einem Wechsel nach Madrid befassen würde. Gleiches geschah 2018, als Torjäger Robert Lewandowski Zahavi mit dem Ziel anheuerte, zu Real zu wechseln. Daraus wurde aber nichts, auch weil die Spanier in Lewandowski anders als in den Jahren zuvor kein Upgrade mehr zu Karim Benzema im Sturmzentrum sahen.
Generell schlugen die Madrilenen zuletzt einen anderen Kurs bei Transfers ein: Statt fertige Spieler im besten Alter mit hohen Gehältern kamen zumeist hoch veranlagte Talente mit Entwicklungspotenzial und vergleichsweise niedrigen Gehältern. Der 2019 für 100 Millionen Euro vom FC Chelsea losgeeiste Eden Hazard (29) bildete dabei eine Ausnahme, war aber mehr ein Wunschtransfer von Trainer Zinedine Zidane als ein Deal der Kaderplaner um Geschäftsführer Jose Angel Sanchez und Chefscout Juni Calafat.
"Ich würde Alaba mit verschlossenen Augen holen", sagt Ex-Real-Coach Bernd Schuster. Dass die Blancos für den Noch-Münchner jedoch von ihrer Strategie abrücken würden, gilt derzeit als höchst unwahrscheinlich. Im Umfeld des Klubs heißt es, man würde eine Verpflichtung von Leipzigs Dayot Upamecano (22) für die Innenverteidigung priorisieren. Alaba ist bekanntermaßen auf weiteren Positionen einsetzbar, die linke Abwehrseite ist mit Ferland Mendy (25) - noch so einem Wunschspieler von Zidane - bereits gut besetzt.
Abgesehen davon herrscht sowohl in der Abwehr als auch im Mittelfeld weniger Handlungsbedarf als auf den offensiven Außenbahnen oder in der Sturmspitze. Heißt: Real dürfte sich nächstes Jahr eher um Spieler wie Kylian Mbappe (21) und Erling Haaland (20) bemühen, um das nach dem Abgang von Cristiano Ronaldo (35) entstandene Problem mit dem Erzielen von Toren zu beheben. Einzig Benzema performt konstant auf Top-Niveau, wird im Dezember aber auch schon 33.
Alaba - dessen sind sich einige Experten und Medien in Spanien einig - würde wenn überhaupt ein ernstes Thema bei Real werden, sollte Abwehrchef Sergio Ramos (34) seinen 2021 auslaufenden Vertrag nicht verlängern. Dafür spricht aktuell wenig. Zidane sagt: "Ich habe keinen einzigen Zweifel daran, dass uns Sergio erhalten bleibt. Er ist unser Anführer, unser Kapitän." Der soll übrigens etwas mehr als zwölf Millionen Euro netto pro Jahr verdienen. Eine Summe, die Real Alaba unter keinen Umständen zahlen würde, wie Marca schreibt. Der Linksfuß soll laut kicker unlängst eine Offerte von bis zu 20 Millionen Euro brutto ausgeschlagen haben.
David Alabas Optionen: FC Barcelona
Im Gegensatz zu Real wirtschaftete Barca in den vergangenen Jahren weniger vernünftig. Gerade die exorbitanten Gehaltszahlungen brachten die Katalanen in eine finanzielle Schieflage, die durch die Corona-Krise noch schiefer wurde. An neuerliche Top-Transfers mit neuerlichen Top-Gehältern ist daher in nächster Zeit nicht zu denken, wenngleich abzuwarten bleibt, wer der neue Präsident wird und wie er die Mannschaft strukturieren möchte.
Rein sportlich würde Alaba besser zu Barca passen als zu Real. Abwehrchef Gerard Pique (33) ist trotz seiner jüngsten Vertragsverlängerung bis 2024 über seinem Zenit, während sich Clement Lenglet (25) nicht wirklich anschickt, in dessen Fußstapfen zu treten und Samuel Umtiti (26) ohnehin zum Verkauf steht. Allerdings mehren sich die Zeichen, wonach auch die Blaugrana lieber auf einen jungen statt gestandenen Innenverteidiger setzen möchten. Eric Garcia (19) sollte und wollte schon im vergangenen Sommer zu seinem früheren Jugendklub zurückkehren, Barca wurde sich am "Deadline Day" jedoch nicht mit Manchester City einig.
Auf der linken Abwehrseite herrscht zumindest noch Bedarf. Jordi Alba (31) ist, obwohl sein Vertrag wie der von Pique noch bis 2024 läuft, nicht unantastbar. Wie bei Real dürfen in naher Zukunft aber andere Mannschaftsteile höheren Verstärkungsbedarf haben. Trainer Ronald Koeman etwa pocht nach der "Verjagung" von Luis Suarez (33) auf die Verpflichtung eines neuen Stoßstürmers. Die Tendenz geht also bei beiden spanischen Top-Klubs nicht in Richtung eines Alaba-Transfers.
Der gebürtige Wiener wird auch vermehrt mit italienischen Klubs sowie dem französischen Dauermeister Paris Saint-Germain in Verbindung gebracht.
David Alabas Optionen: Juventus Turin
Die Alte Dame soll laut Tuttosport schon in regem Kontakt mit dem Alaba-Clan stehen. Die in Turin ansässige Zeitung bringt aber seit Jahren so ziemlich jeden verfügbaren internationalen Top-Star mit Juve in Verbindung, weil Juve in der jüngeren Vergangenheit ja auch schon so einige namhafte Spieler in fortgeschrittenem Alter ohne Ablöse verpflichtet hat.
Andrea Pirlo ist das beste Beispiel dafür. "Il Maestro" wechselte 2011 im Alter von 32 Jahren gratis von Mailand in den Piemont, wo er noch einmal seinen zweiten Frühling erlebte. Ebenjener Pirlo trainiert die Bianconeri heute und dürfte Alaba nicht nur wegen dessen Preises interessant finden.
Juves Innenverteidigung ist mit Matthijs de Ligt (21) und Merih Demiral (22) zwar ebenso hochwertig wie zukunftsorientiert bestückt, der Vertrag von Routinier Giorgio Chiellini (36) läuft aber im Sommer aus. Darüber hinaus gilt die linke Abwehrseite schon seit Jahren als Baustelle, in dieser Saison verteidigt mit Danilo (29) sogar hin und wieder ein Rechtsfuß auf dieser Position. Und im Mittelfeld, wo der vielseitige Alaba ebenfalls spielen kann, ist nach dem Abgang von Miralem Pjanic (30) zu Barca kein echter Anführer in Sicht, der das Spiel an sich reißt und strukturiert.
Wie für die spanischen Klubs dürfte aber auch das Gehalt von Alaba ein Problem für Juve darstellen. Das zurückliegende Geschäftsjahr wurde mit einem Minus von 71 Millionen Euro abgeschlossen, die Gesamtschulden sollen sich auf etwas mehr als 385 Millionen Euro belaufen. Insbesondere in Corona-Zeiten ist davon auszugehen, dass der von Bayern-Patron Uli Hoeneß als "Piranha" abgekanzelte Zahavi auch in Turin wenig Zuspruch im Zuge seiner hohen Forderungen findet.
David Alabas Optionen: Inter Mailand
Die schon länger nach einem flexiblen Weltklasseverteidiger wie Alaba suchenden "Nerazzurri" sind dank der Millionen ihres chinesischen Investors deutlich flüssiger als die genannten Klubs. Finanziell könnte sich der Schritt für den Linksfuß zu Inter, der als modeinteressierter Mensch auch gerne privat den ein oder anderen Abstecher nach Mailand macht, also durchaus lohnen.
Das sportliche Projekt steht allerdings auf unsicheren Beinen. Die Mannschaft hinkt trotz einiger namhafter Verpflichtungen ihren Ansprüchen hinterher, belegt aktuell nur Platz sechs der Serie A und droht die K.o.-Phase der Champions League zu verpassen. Und um Trainer Antonio Conte gibt es schon seit vergangener Saison immer wieder Abschiedsgerüchte. Klingt nach vielem, aber nicht nach einer Wohlfühloase.
David Alabas Optionen: Paris Saint-Germain
Nach dem Abgang von Thiago Silva (36) zum FC Chelsea fehlt Thomas Tuchel ein Defensivleader. Presnel Kimpembe (25) vermag diese Rolle (noch) nicht gewissenhaft auszufüllen. Das wirkt sich spürbar auf die Leistungen der Mannschaft aus, in der nach der jüngsten Niederlage bei RB Leipzig (1:2) plötzlich das Europa-League-Gespenst umgeht.
Der erfahrene Alaba könnte hier Abhilfe schaffen und wie bei Inter obendrein das Geld scheffeln, das sie ihn in München offenbar nicht scheffeln lassen wollen - zumal Zahavi eng mit PSG-Eigentümer Nasser Al-Khelaifi befreundet ist und schon so einige Transfers für ihn (darunter den 222-Millionen-Deal mit Neymar) eingefädelt hat.
Fragt sich eigentlich nur, ob Alaba auf dem Höhepunkt seiner Karriere die sportlich eher weniger attraktive französische Liga reizt. Klar ist: Tuchel (oder dessen Nachfolger) würde ihn mit Handkuss nehmen. Und in Paris lebt es sich ja auch nicht so schlecht.
Logisch: Auch die finanziell starke Premier League zählt zu Alabas möglichen Zielen. Allen voran Manchester City, der FC Liverpool und der FC Chelsea kristallisieren sich als Optionen heraus.
David Alabas Optionen: Manchester City
An Innenverteidigern mangelt es den Skyblues gerade seit der zurückliegenden Transferperiode nicht. Bis auf den verletzungsanfälligen Aymeric Laporte (26) performt aber (noch) keiner auf absolutem Weltklasse-Niveau. Einer der Gründe dafür, warum City unter Pep Guardiola auf internationalen Erfolg wartet.
Guardiola weiß das. Und er weiß um die Fähigkeiten von Alaba, auch auf der linken Abwehrseite, wo City schon seit Jahren Probleme hat. Anderenfalls hätten er und seine Kaderplaner den Bayern und Zahavi nicht vor ein paar Monaten ein Tauschgeschäft mit Leroy Sane vorgeschlagen, um Alaba zu bekommen.
Man darf also davon ausgehen, dass City im nahenden Alaba-Poker mitmischt. Die Chancen der Engländer dürften gut stehen, sollte sich der Bayern-Profi mit dem Gedanken anfreunden, das grüne München gegen das eher triste Manchester einzutauschen.
David Alabas Optionen: FC Liverpool
Die Reds dürften in naher Zukunft angesichts der schweren Verletzung von Virgil van Dijk (29), der fehlenden Stabilität von dessen Vertreter Joe Gomez (23) und der Verletzungsanfälligkeit von Joel Matip (29) ebenfalls nach einem Innenverteidiger Ausschau halten. Jürgen Klopp wird nachgesagt, eine hohe Meinung von Alaba zu haben. Mit Thiago (29) schnappte er den Bayern zuletzt schon einen ihrer wichtigsten Mittelfeldstrategen weg.
Finanziell würde Liverpool aber wohl kaum mit Klubs wie PSG oder ManCity mithalten können. Immerhin hätte Alaba dort eine ähnliche Aussicht auf Erfolge wie in München.
David Alabas Optionen: FC Chelsea
Mit keinem Klub ist Berater-Guru Zahavi so eng verbandelt wie mit den Blues. Und die haben nach ihrer jüngsten Offensiv-Shoppingtour perspektivisch am ehesten auf der Position des Innenverteidigers Verstärkungsbedarf. Matthias Ginter (26) von Borussia Mönchengladbach und der europaweit begehrte Leipziger Upamecano werden derzeit nicht grundlos mit Chelsea in Verbindung gebracht.
Goal-Korrespondent Nizaar Kinsella, der Chelsea begleitet, sagt: "Der Klub hat mehrere Kandidaten im Blick. Sollte Alaba zu haben sein, wäre er sicherlich eine gute Option."