Rund sieben Minuten lang hatte Hansi Flick bei einer Pressekonferenz am Sonntagmittag über die Personalsituation seines FC Bayern München, mögliche taktische Umstellungen und Neuzugang Dayot Upamecano gesprochen. Dann wurde er nach seiner Meinung zur Kritik von SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach am aktuellen Vorgehen des Profifußballs sowie konkret den Umständen der Reise des FC Bayern zur Klub-WM nach Katar, bei der das historische Sextuple fixiert wurde, gefragt.
Flick schaute nach unten, blinzelte ein paar Mal, hielt kurz inne und begann eine rund vierminütige Brandrede. Sonst stets diplomatisch und besonnen, äußerte sich der 55-Jährige in einer von ihm ungekannten Schärfe. Flick nannte nachvollziehbare Punkte, ehe er seine eigenen Worte ad absurdum führte.
"Der Herr Lauterbach hat immer zu irgendwas einen Kommentar abzugeben", sagte Flick, der sich daran sichtlich störte und hinzufügte: "Wenn ich nicht in der Verantwortung stehe und mir am Ende das Ergebnis anschaue, kann ich das immer leicht bewerten." Es ist tatsächlich einfacher, Entscheidungen zu kritisieren, als solche zu treffen. Lauterbach hatte sich genau wie viele andere Politiker und Gesundheitsexperten in den vergangenen Monaten mit reichlich scharfer Kritik am Vorgehen des Profifußballs hervorgetan.
Die Reise zur Klub-WM nach Katar wurde dem FC Bayern trotz der prekären Corona-Situation aber von offizieller Stelle gestattet, also durfte er sie unter den ausgemachten Bedingungen antreten. Dass dem nachgegangen wurde, ist aus Sicht des Klubs und seines Trainers absolut nachvollziehbar: Es ging um Preisgeld, es ging um internationales Renommee, es ging um eine historische sportliche Leistung. Insofern rechtfertigte sich Flick: "Die Reise nach Katar ist unser Job."
Hansi Flicks Beitrag zur "Diskussion mit Corona"
Dabei hätte er es belassen sollen. Stattdessen sagte Flick anschließend aber noch ein paar Sätze über die "Diskussion mit Corona", das er stets so herrlich badisch "Coronna" ausspricht. Damit tat er letztlich selbst das gleiche, was er zuvor kritisiert hatte: Flick kritisierte Vorgänge und Entscheidungen in einem Bereich, in dem er keine Verantwortung trägt und vermutlich (beziehungsweise: hoffentlich) auch über weniger Expertise als die Entscheidungsträger verfügt.
Pauschalisiert empfahl Flick "den sogenannten Experten" sowie "der Politik", sich zusammenzusetzen und eine Strategie zu entwickeln, "dass man irgendwann Licht im Tunnel sieht. Das ist aktuell zu wenig für die Bevölkerung." Dann stellte er die Vermutung auf: "Jeder will aus der Situation seinen Profit schlagen und überlegt, wie er bei der nächsten Wahl ein paar Prozentpunkte mehr machen kann. Das ist weit an dem Thema vorbei, was sie als Aufgabe haben."
Flicks Aufgabe als Trainer des FC Bayern kann es unterdessen sein, auf Kritik an seinem Klub zu reagieren und seine Sicht auf die Dinge zu äußern - nicht aber, dies zum Anlass für eine Generalabrechnung mit der Politik zu nehmen.