Omar Richards kam ablösefrei zum FC Bayern München und könnte wegen mangelnder Alternativen auf der Linksverteidigerposition direkt wichtig werden. Die Geschichte des 23-jährigen Engländers handelt von einer Abweisung, Flucht vor Hunden, einer Umschulung und Verwirrungen über seine Körpergröße.
Am Dienstagmittag stellte der FC Bayern München bei einer virtuellen Pressekonferenz seine beiden Neuzugänge Dayot Upamecano und Omar Richards vor. Dass Richards der kleinere der beiden ist, das war von vornherein und in jeglicher Hinsicht klar.
Der ehemalige Leipziger Upamecano ist ein gestandener Bundesligaspieler mit Champions-League-Erfahrung, weltweit umworben gewesen, 42,5 Millionen Euro teuer. Richards dagegen kam ablösefrei vom englischen Zweitligisten FC Reading und tatsächlich wusste man nicht allzu viel über ihn. Ja nicht einmal, wie viel kleiner als der 1,86 Meter große Upamecano er eigentlich ist. Die Google-Suche ergibt 1,85, andere Quellen sagen 1,74.
"Ich habe schon davon gehört, dass darüber spekuliert wird", sagte Richards und lächelte etwas verlegen. "Google hat glaube ich die falsche Körpergröße. Ich bin nicht 1,85, sondern eher 1,74. Definitiv nicht 1,85." Richards ist also auch körperlich ein gutes Stückchen kleiner als Upamecano, gebraucht wird er beim FC Bayern aktuell aber mindestens genau so sehr.
FC Bayern München: Die Personallage ist Richards Chance
Nicht einmal zwei Wochen nach seinem offiziellen Dienstantritt hat der neue Trainer Julian Nagelsmann nämlich schon ein kleines Linksverteidiger-Problem. Die beiden prominentesten Optionen verletzten sich bei Dienstreisen mit ihren jeweiligen Nationalmannschaften: der Franzose Lucas Hernandez bei der EM, der Kanadier Alphonso Davies beim Gold Cup.
Während Hernandez nach seinem Innenmeniskuseinriss bereits Anfang Juli operiert wurde, soll Davies' Außenbandriss konservativ behandelt werden. "Ich denke, dass sie irgendwann im August dazustoßen werden", sagte Sportvorstand Hasan Salihamidzic. "Wir müssen die beiden eher bremsen als pushen. Die wollen natürlich loslegen."
Das Erstrundenspiel im DFB-Pokal beim Bremer SV (6. August) und den Bundesligaauftakt bei Borussia Mönchengladbach (13.) dürften sie auf jeden Fall verpassen. Womöglich auch den Supercup bei Borussia Dortmund (17.). Anschließend stehen vor der nächsten Länderspielpause noch zwei Bundesligaheimspiele gegen den 1. FC Köln (22.) und Hertha BSC (28.) an.
Auch wegen mangelnder Alternativen ist der aktuelle Favorit auf die Besetzung der Linksverteidigerposition bei diesen ersten Saisonspielen 1,74 Meter groß und heißt Omar Richards. Der einzige andere halbwegs ernsthafte Kandidat ist der gelernte Rechtsverteidiger Josip Stanisic aus der eigenen Jugend. Für Richards ist die angespannte Personallage die unverhoffte Chance, direkt auf sich aufmerksam zu machen. "Man muss bereit sein, wenn die Möglichkeit kommt", sagt er selbst.
imago imagesOmar Richards: Umgeschulter Linksverteidiger
Gekommen ist diese Möglichkeit für Richards ähnlich unverhofft wie sein Wechsel zum FC Bayern. "Ich konnte es erst gar nicht fassen. Das konnte keiner glauben", sagte er über die Kontaktaufnahme aus München im Laufe der vergangenen Saison. Letztlich unterschrieb Richards einen Vierjahresvertrag und verließ Reading nach acht Jahren ablösefrei.
Richards ist im Südosten von London aufgewachsen und spielte zunächst für die Jugend des FC Fulham, wo er im Alter von 15 Jahren aber aussortiert wurde. Der westlich von London beheimatete FC Reading wollte ihn, aber Richards zunächst eigentlich nur mehr weg. "Ich erinnere mich, wie mich mein Berater zu meiner Gastfamilie gebracht hat und Hunde aus der Haustüre gekommen sind. Ich habe meine Tasche fallengelassen und bin zurück zum Auto gerannt", erzählte Richards mal. "Ich mag Hunde nicht wirklich."
Letztlich kam er zurück - und tat das auf dem Platz kurz darauf auch. Bei seiner Ankunft in Reading war Richards noch Offensivspieler, eingesetzt auf der Zehn oder dem Flügel. "David Silvas Spielweise habe ich geliebt. Ich habe ihn immer studiert", sagte er. Weil es in seiner neuen Mannschaft aber irgendwann keine Linksverteidiger mehr gab, wurde eben Linksfuß Richards zurückkommandiert. Auch wegen dieser Vergangenheit gilt das Angriffsspiel als seine große Stärke, in der Rückwärtsbewegung soll er dagegen noch Nachholbedarf haben.
2017 debütierte der damals 19-jährige Richards unter dem nachgewiesenermaßen sehr großen Trainer Jaap Stam für die Profis. "Er hat viel Qualität am Ball, Tempo und Zug nach vorne", lobte Stam. Nach seinem Debüt blieb Richards zunächst zwei Jahre lang Ergänzungsspieler, ehe er sich 2019 einen Stammplatz eroberte. Mal spielte er als Linksverteidiger in einer Vierer-, mal als Außenbahnspieler in einer Dreier-/Fünferkette. Dem experimentierfreudigen neuen Trainer Nagelsmann dürfte diese taktische Flexibilität gefallen.
FC Bayern München: Die Testspiele in der Übersicht
Datum | Uhrzeit | Gegner |
Samstag, 17. Juli | 16 Uhr | 1. FC Köln (in Villingen) |
Samstag, 24. Juli | 16.30 Uhr | Ajax Amsterdam (Allianz Arena) |
Mittwoch, 28. Juli | 18 Uhr | Borussia Mönchengladbach (Allianz Arena) |
Samstag, 31. Juli | 16.30 Uhr | SSC Neapel (Allianz Arena) |