Der Mini-Shaq und ein Druide

Fatih Demireli
14. September 201011:21
Spieler unter Beobachtung: Xherdan Shaqiri, Alan Kardec, Christian Eriksen, Vincent Enyeama (v.l.)spox
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Die Champions-League-Saison 2010/2011 öffnet ihre Türen. Neben den letztjährigen Finalisten Inter Mailand und Bayern München kämpfen die üblichen Verdächtigen Real Madrid, FC Barcelona, FC Chelsea um den Thron. Für einige Talente geht es dagegen darum, auf der königlichen Bühne groß rauszukommen. SPOX stellt elf Spieler vor, die in der Champions League auf sich aufmerksam machen könnten. Elf Geschichten von torgefährlichen Torhütern, potentiellen Clanführern und einem Druiden.

Torwart

Vincent Enyeama: Der Torjäger. Vuvuzela, Shakira, Schiedsrichter mit schiefer Optik und vor allem derbe Torwartfehler - die WM 2010 in Südafrika lässt sich schnell bilanzieren. Schlussmänner wie Robert Green oder Lounes Gaouaoui machten sich mit ihren Patzern zum Gespött in der ganzen Welt. Vincent Enyeama war da die erfrischende Ausnahme. Er war der Lichtblick bei unglücklichen Nigerianern, Enyeama hielt viele Unhaltbare, war beim 0:1 gegen Argentinien überragend. Nach seinem Patzer gegen Griechenland winkten zwar viele wieder ab, aber Enyeama betritt nun mit Hapoel Tel-Aviv erneut die große Bühne und darf beweisen: Griechenland war ein Ausrutscher! Dass Hapoel überhaupt an der CL teilnehmen darf, ist auch ein Verdienst des 27-Jährigen. Er verhalf seinem Team zum Double - unter anderem mit fünf verwandelten Elfmetern. Jörg Butt lässt grüßen.

Verteidiger

Cesar Azpilicueta: Der Zungenbrecher. Er ist mit seinem schweren Nachnamen der Feind aller Fußball-Reporter. Der 21-Jährige tat den Kommentatoren in seiner bisher jungen Karriere nicht den Gefallen, kaum aufzufallen und so unerwähnt zu beiben. Azpilicueta, ausgebildet als Mittelfeldspieler, fiel in seiner Heimat in Osasuna den Topklubs früh auf. Barcelona sah ihn schon als Dani-Alves-Backup, Manchester City war sich ziemlich sicher, den Spanier unter Vertrag zu nehmen. Denkste. Das Rennen hat vor der Saison Olympique Marseille gemacht. Vicente del Bosque hatte den offensiven Außenverteidiger für seinen erweiterten WM-Kader nominiert, nahm ihn aber nicht mit nach Südafrika. Die nächste Einladung soll aber bald folgen. Für die französischen Reporter gab's bei der Vorstellung in Marseille übrigens ein Geschenk: "Nennt mich Azpi!"

Douglas: Der Treue. Die Fans des FC Twente lieben ihren Douglas. Natürlich sind es zum einen die überragenden Leistungen im roten Trikot. Douglas war in der vergangenen Meistersaison einer der Eckpfeiler. Aber noch vielmehr ist es die Treue des Brasilianers zu seinem Klub. "Mein Herz verbietet mir, für Ajax oder PSV zu spielen", sagt der 22-Jährige. Und seine Verbundenheit ist nicht nur auf die Rivalen des FC Twente reduziert. Der wohl beste Verteidiger der vergangenen Ehrendivisie-Saison hätte sich einen Klub aussuchen können. Steve McClaren wollte ihn sogar zum VfL Wolfsburg mitnehmen. Douglas blieb und will jetzt seine Klasse in der Champions League präsentieren. Seine Vorbilder sind für einen Innenverteidiger sehr ungewöhnlich: Romario und Ronaldo.

David Luiz: Der Alte. David Luiz ist erst 23 Jahre jung und dennoch wirkt der Innenverteidiger manchmal so, als würde er bereits 18 Jahre harten Profifußball auf dem Buckel haben. Die Abgebrühtheit und Cleverness im Spiel des Brasilianers sind beeindruckend. "Ach, das Alter ist unwichtig. Manchmal sieht ein Junger aus wie 34, manchmal ein Alter wie 20. Ich habe für mein Alter eine gute Balance gefunden." Ähnlich wie Bayern Münchens Holger Badstuber ist David Luiz sowohl als Innen- als auch als Außenverteidiger einsetzbar. Was ihn von Badstuber abhebt: Luiz ist auf beiden Positionen gleich stark. Zu erwarten war, dass der Abwehrspieler schon in dieser Saison für ein anderes Champions-League-Team aufläuft, aber Luiz blieb lieber bei Benfica. "Was Präsident Luis Filipe Vieira sagt, wird meine Zukunft sein", sagt er.

Guillermo Burdisso: Der Zweite. Der AS Rom hat fast den ganzen Sommer damit verbracht, Nicolas Burdisso von Inter Mailand fest unter Vertrag zu nehmen. Nach den ordentichen Leistungen im Vorjahr als Leihspieler sollte der Argentinier gekauft werden. Heute hat die Roma sogar zwei Burdissos. Den genannten Ex-Inter-Spieler Nicolas und nun auch dessen Bruder Guillermo. Die Römer haben ihn von Rosario Central ausgeliehen - wenn Burdisso überzeugt, ziehen die Italiener die Kaufoption. Sein Debüt in der Serie A hat er übrigens seinem Bruder zu verdanken: Weil Nicolas in Cagliari schon nach 21 Minuten vom Platz gestellt wurde, nahm Trainer Claudio Ranieri Francesco Totti raus und brachte Guillermo in der Innenverteidigung. Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis die Burdisso-Brüder gemeinsam auf dem Platz stehen.

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Die Mittelfeldspieler

Christian Eriksen: Der Jüngste. Die große Bühne ist dem Mittelfeldspieler von Ajax Amsterdam nicht unbekannt und deswegen wird sich das Lampenfieber in Grenzen halten: Eriksen gehörte mit seinen 18 Jahren zum WM-Kader Dänemarks und war damit der jüngste Spieler der WM in Südafrika. Als dänisches Wunderkind hat es nicht lange gedauert, bis er in der Heimat mit den Laudrups verglichen wurde. Auch Ex-Bundesliga-Spieler Stig Töfting feierte den Youngster im SPOX-Interview als "neuen Laudrup". Ajax-Trainer Martin Jol sieht das anders: "Für mich ist er der neue Wesley Sneijder. Oder Rafael van der Vaart. Und ich müsste mich in ihm schon extrem täuschen, wenn der Junge nicht eine riesen Karriere hinlegt." Trotz einiger Angebote von Arsenal und Co. ist Eriksen bei Ajax geblieben. Mit Real und Milan hat er jetzt die richtigen Gegner als Gradmesser.

Sofiane Feghouli: Der Zizou? Mit Vergleichen soll man ja immer vorsichtig sein. Aber um einen aufgehenden Stern im Fußball zu beschreiben, ist die Verlockung dann doch zu groß. Besonders wenn es viele Parallelen gibt. Frag nach bei Feghouli: Er ist wie Zinedine Zidane ein begnadeter Techniker, ist wie Zizou ein Spielmacher und zufällig haben beide ihre Wurzeln in Algerien. Also bitte, die Schlagzeile kann nur lauten: "Feghouli, der neue Zidane!" Bei Grenoble 38 machte er sich einen Namen durch temporeiche Dribblings und tolle Flanken. Die halbe Premier League zeigte Interesse, aber Feghouli, der aufgrund einer Verletzung im vergangenen Jahr nur fünf Spiele bestritt, wechselte zu Saisonbeginn zum FC Valencia. Vorgestellt wurde er einen Tag nach dem Weggang von David Villa...

Volkan Sen: Der Unaufhaltsame. Ein türkischer Fußball-Meister, der nicht aus Istanbul kommt? Eine Sensation in der Türkei! Ein türkischer Shootingstar, der nach einem halbwegs guten Jahr nicht zu einem Istanbuler Top-Klub wechselt? Eine Sensation in der Türkei. Volkan Sen hat für beide Sensationen gesorgt. "Ich spiele mit Bursaspor Champions League, was will ich bei einem Klub, der in der Europa League spielt", sagte Volkan zu den Wechselgerüchten nach Istanbul. Der Flügelflitzer ist unheimlich schnell und unermüdlich. "Auch wenn ich das wollte, könnte ich ihm keine Pause geben. Der Junge brennt immer", sagt sein Trainer Ertugrul Saglam. Der VfB Stuttgart soll schon mal beim Berater Sens nachgefragt haben. Weitere Interessenten könnten bald folgen.

Xherdan Shaqiri: Der Mini-Shaq. Je erfolgreicher die Karriere, desto mehr Ruhm und Geld? Bei Shaqiri kam es anders. Der Schweizer Bursche hat seit seinem Durchbruch beim FC Basel und in der Schweizer Nationalmannschaft Verwandte dazu gewonnen. "Es tauchen Verwandte auf, die ich gar nicht kannte", so Shaqiri. Wenn die Karriere des erst 19-Jährigen so weitergeht, hat er bald seinen eigenen Clan. Denn Ottmar Hitzfelds neuer Liebling ist jetzt schon eines der begehrtesten Talente im europäischen Fußball. Zuletzt schoss er gegen England ein Traumtor. Fans und Trainer nennen ihn Shaq. Auch wenn es die Abkürzung seines Namens ist, bei 1,70 Metern Körpergroße doch ein sehr beachtlicher Spitzname. In Deutschland hat er mit dem HSV einen ernsthaften Interessenten.

Die Stürmer

Alan Kardec: Der Druide. Brasilianische Fußballer und ihre Namen. Kennen Sie noch Muller? Der WM-Spieler 1994 hieß so, weil seine Eltern auf Gerd Müller standen. Weshalb Vagner Love so heißt wie er heißt, ist nicht schwer zu erraten. Alan Kardec hingegen hat seinen Namen dem französischen Spiritisten Allan Kardec zu verdanken. Dieser hieß eigentlich Denizard Rivail, aber ein Geist soll ihm bei einer Sitzung mitgeteilt haben, dass er in einem früheren Leben als Druide mit dem Namen Alan Kardec unterwegs war. Während der Geisterbeschwörer mit diesem Namen weltweiten Ruhm erlangte, muss der Fußballer Kardec noch den Durchbruch schaffen. Nicht als Druide, sondern als Stürmer. Bei Benfica sind die Erwartungen an dem U-20-Nationalspieler Brasiliens riesig.

Lacina Traore: Der Moderne. Der Wandel im Spitzenfußball hat neue Spielertypen hervorgebracht. Der reine Strafraumstürmer ist längst nicht mehr gefragt. Vielmehr ist der mitspielende Stürmer, als Fixpunkt im Zentrum für Anspiele und Ballverteilung, begehrt. Prototypen dafür sind Didier Drogba oder Emmanuel Adebayor. Verglichen mit beiden Stürmern wird Lacina Traore von Bayerns Champions-League-Gegner CFR Cluj. Der 1,98 Meter große Angreifer hat eine überragende Technik, gilt als schuss- und kopfballstark. Arsenals Arsene Wenger hat längst ein Auge auf ihn geworfen. "Es ist eine Ehre, von ihm beobachtet zu werden", sagt Traore. "Um etwas zurückzugeben", hat der 20-Jährige die Rumänen aber noch nicht verlassen.

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