"Deutsche sind schwer zu bekommen"

Dietmar Beiersdorfer bekleidet seit 2012 das Amt des Sportdirektors bei Zenit St. Petersburg
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Dietmar Beiersdorfer ist seit August 2012 Sportdirektor bei Zenit St. Petersburg. Vor dem Champions-League-Achtelfinale gegen Borussia Dortmund (Di., 17.45 Uhr im LIVE-TICKER) spricht der 50-Jährige über die Probleme und Rassismus im russischen Fußball, seinen Anteil an den Rekord-Transfers von Hulk und Witsel sowie sein Image als "Dukaten-Didi".

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SPOX: Herr Beiersdorfer, bei Ihrer Verpflichtung machte Zenit St. Petersburg deutlich, dass man sich mit Ihnen eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Jugendarbeit verspreche. Bereits 2010 wurde eine eigene Jugendakademie gegründet, die rund 200 Spieler besuchen.

Dietmar Beiersdorfer: Der Verein hat schon vor einigen Jahren die Zeichen der Zeit erkannt und den Wandel von der staatlichen Schule zu einer klubgeführten Akademie vollzogen. Gemeinsam mit vielen Spezialisten wollen wir die Jugendarbeit nachhaltig fördern und kontinuierlich weiterentwickeln. Zu unserem Team gehören auch Betreuer aus dem Ausland, von deren internationalem Know-How und Input speziell die vielen in Ihrer Entwicklung stehenden Coaches sehr profitieren.

SPOX: Woher rühren die strukturellen Probleme im russischen Fußball?

Beiersdorfer: Zu Zeiten der Sowjetunion war das heutige Russland eher abgeschottet von äußerlichen oder westlichen Einflüssen, hatte aber über die Laufe der Jahrzehnte eine eigene Lehre von Sportwissenschaft, Methodik und Didaktik entwickelt. Als die Sowjetunion dann auseinanderbrach, fielen große Kapazitäten für die Weiterentwicklung des Sports und des Fußballs weg, indem viele dieser Spezialisten nicht wie vorher in Ihren Lehranstalten, Vereinen und Verbänden arbeiteten oder arbeiten konnten. Dadurch ist man bei der Entwicklung des Fußballs im Vergleich zu anderen Nationen etwas ins Hintertreffen geraten und muss nun dafür kämpfen, diesen Rückstand aufzuholen. Umso wichtiger sind Klubs wie Zenit, die in diesen Bereichen Trends setzen und offen für Neues sind.

SPOX: Besteht dabei nicht das Risiko, einen Teil der typischen Zenit-Tradition zu verlieren?

Beiersdorfer: Man darf bei allen internationalen Einwirkungen nicht vergessen, dass wir ein russischer Verein sind. Es ist wichtig, die russischen Grundzüge und Traditionen beizubehalten. Es gilt, die Mischung zu finden, nämlich diese beizubehalten und wieder zu schärfen und die erprobten und aktuell erfolgreichen Lehren der großen Fußballnationen einfließen zu lassen.

SPOX: Die finanziellen Möglichkeiten spielen bei solchen Projekten ebenfalls keine unwichtige Rolle...

Beiersdorfer: Das ist richtig. Nicht jeder Verein verfügt über einen so potenten Eigentümer wie wir mit Gazprom, der offen dafür ist, den Sport und die Jugend in diesem Maße zu unterstützen. Es gibt in St. Petersburg und Russland viele öffentliche Sportstätten, die Gazprom errichtet und gefördert hat.

SPOX: Sie verfügen erstmals in Ihrer Karriere über solche Mittel. Als Sie in Hamburg Rafael van der Vaart für 15 Millionen Euro an Real Madrid verkauft haben, nannte Sie der Boulevard "Dukaten-Didi". Scherzhaft gefragt: Wieviel ist denn vom "Dukaten-Didi" mittlerweile noch übrig?

Beiersdorfer: Die Möglichkeiten bei Zenit sind groß, das ist klar. Aber auch wir prüfen, abgeleitet von unseren Zielen und Ansprüchen, die Sinnhaftigkeit eines Transfers auf Angemessenheit zum Alter, zur Leistungsfähigkeit, zum Potenzial, aber auch zum eingesetzten Kapital - oder ich werde zum Dukaten-Didi, wenn's die Ausrichtung des Klubs ist...

SPOX: Im Sommer 2012 gaben Sie knapp 90 Millionen Euro für Hulk und Axel Witsel aus.

Beiersdorfer: Das ist richtig. Die Mannschaft brauchte neuen Input und Akteure, die ihr sofort weiterhelfen, gleichzeitig aber auch großes Entwicklungs-Potenzial mitbringen. Man darf nicht vergessen, dass die Fluktuation bei Zenit immer sehr gering war. Der Klub ist seinen Spielern gegenüber sehr treu und die Dankbarkeit geht oftmals auch über das Vertragsende hinaus. Viele Ehemalige sind noch heute im Verein tätig.

SPOX: Diese beiden Transfers werden seitdem als Ihr erster großer Coup bewertet. Inwiefern waren Sie denn damals daran beteiligt - oder war das meiste schon vor Ihrer Zeit auf den Weg gebracht worden?

Beiersdorfer: Ein Transfer, gerade ein oben erwähnter, ist immer eine Gemeinschaftsproduktion. Ich würde mir nie auf die Fahne schreiben, so etwas alleine über die Bühne gebracht zu haben. Meine Aufgabe war der Kontakt zum Spieler, ihn zu treffen, von unserem Projekt zu überzeugen und die Verhandlungen zu führen. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ich habe die Spieler und die Berater zuerst kontaktiert, getroffen und gesprochen.

SPOX: Wie schwer ist es denn trotz des Geldes, internationale Hochkaräter vom Wechsel nach Russland zu überzeugen?

Beiersdorfer: Grundsätzlich muss man sagen, dass sich alle Spieler, die bei uns unter Vertrag stehen, sehr wohl in St. Petersburg fühlen. Wir haben eine ausgeprägte Infrastruktur, internationale Schulen und Bildungsangebote, einen hohen Kultur- und Freizeitwert. Auch sportlich ist es reizvoll, um die russische Meisterschaft und um die Champions League zu spielen. Natürlich wird es dennoch immer Spieler geben, für die Russland nicht die erste Wahl ist. Aber wir arbeiten weiter daran und haben inzwischen gute Möglichkeiten, auch andere Ligen auszustechen.

SPOX: Welche Rolle spielen die Transfers von Hulk und Witsel in diesem Bezug?

Beiersdorfer: Die beiden haben den Anfang gemacht. Zwei internationale Topspieler, die in die russische Liga wechseln - das gab es vorher nicht und hat uns enorm geholfen, uns noch weiter als attraktiven Standort für erfolgreichen Fußball zu positionieren.

SPOX: Wann sehen wir den ersten deutschen Profi bei Zenit?

Beiersdorfer: Es gibt sehr viele exzellente Spieler in Deutschland und es wurden auch schon Gespräche mit mehreren Akteuren geführt. Die Bundesliga ist ein interessanter Markt, auf dem auch wir uns umsehen. Allerdings ist es schwer, die Jungs zu bekommen, die in ihren Vereinen Leistungsträger sind und auch uns weiterbringen würden.

Seite 1: Die Transfers von Hulk, Witsel und Gespräche mit deutschen Spielern

Seite 2: Die Entscheidungsstruktur und die Eingewöhnung bei Zenit

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