Die Rojiblancos greifen in ihrem Spiel auf viele verschiedene Varianten zurück. Die Co-Trainer Roman Burgos und Juan Vizcaino haben im Training mit der Mannschaft jedoch einige Typen herausgearbeitet, die über den bisherigen Verlauf der Saison immer und immer wieder zu erkennen waren - sporadische, geringfügige Abwandlungen in Abhängigkeit vom Gegner oder eigenen personellen Besonderheiten inklusive.
Dazu kommen viele Varianten, die lediglich ein oder zweimal benutzt wurden. Diese zu kategorisieren fällt schwer. Beispielsweise spielte Koke bereits zweimal einen halbhohen Ball auf den einlaufenden Gabi, der am Elfmeterpunkt frei zum Abschluss kam. Beide Male hatte der Gegner zwar den Strafraum abgedeckt, den routinierten Mittelfeldspieler im Rückraum jedoch aus dem Sichtfeld verloren.
Somit hat Atletico nicht nur die Möglichkeit, auf einstudierte Varianten zurückzugreifen, sondern reagiert intuitiv auch auf Schwächen des Gegners. Die drei am häufigsten eingesetzten Varianten orientieren sich ebenfalls am Gegner und an dessen Einteilung im Strafraum bzw. dessen Absicherung von kurz ausgeführten Ecken.
Lauf an den kurzen Pfosten
Die am häufigsten eingesetzte Variante in der bisherigen Saison ist schnell gefunden: Koke tritt den Ball an den kurzen Pfosten. Das geschieht öfter von der linken als von der rechten Seite, ist allerdings auch dort keine Seltenheit. Ein weniger kopfballstarker Spieler, oft Tiago (5), blockt zuerst die Sicht des Torwarts, um dann vom Pfosten schräg wegzulaufen, während meist Miranda (23) auf eben jenen Pfosten zusteuert.
Drei kopfballstarke Spieler, beispielsweise Mandzukic, Godin und Saul, decken die mögliche weitere Flugbahn des Balls ab.
Somit ist nicht nur der kurze Pfosten geöffnet, sondern auch der Torwart behindert oder zumindest in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Der vorderste Spieler kann den Ball auf das Tor bringen und ist mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich oder verlängert an den Elfmeterpunkt, der von gleich mehreren Spielern aus vollem Tempo angelaufen wird.
Diese Variante hat jedoch mit fortlaufender Dauer der Saison an Häufigkeit und Effektivität verloren. Viele Gegner haben sich darauf eingestellt und den kurzen Pfosten besetzt. So zum Beispiel der FC Barcelona, der über 90 Minuten nur einziges Mal nicht vor einem Spieler Atleticos am Ball war.
Barca verteidigt beispielhaft
Die beispielhafte Szene aus dem Ligaspiel am 11. Januar zeigt, wie viele Mannschaften fortan den kurzen Pfosten verteidigten. Dadurch, dass Luis Enrique mit Neymar, Leo Messi und Andres Iniesta gleich drei Spieler an der Mittellinie positionierte, ließ auch Simeone seine Mannschaft weniger offensiv aufrücken.
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Die mit Gerard Pique (3), Luis Suarez (9) und Javier Mascherano (14) kopfballstärksten Spieler der Katalanen sammelten sich am kurzen Pfosten, wo sie sowohl auf ein Fortlaufen der Gegenspieler als auch auf ein Einlaufen reagieren konnten.
Derweil übernahm mit Sergio Busquets (5) ein großer Spieler Diego Godin (2) im Rückraum, während beide Außenverteidiger die weniger gefährlichen Antoine Griezmann (7) und Arda Turan (10) in Manndeckung im Auge behielten.
Die Möglichkeit der Mischung aus Raum- und Manndeckung hat Atletico viel an Gefährlichkeit genommen. Dennoch bleibt das Team auch weiterhin gefährlich, stellte Simeone doch um.
Kurze Variante in zwei Schritten
Erste Möglichkeit ist das Ausführen einer kurzen Ecke. Dabei startet ein Spieler aus dem Strafraum in Richtung des Eckenschützen, der aufgrund des Abstands von mindestens zehn Metern in Ruhe nach dem Anspiel aufdrehen kann. Hat er Zeit und Platz, zieht er Richtung Strafraum und kann so die Distanz schnell verkürzen. Meist übernimmt diesen Part Arda Turan, der sich im Eins-gegen-Eins sehr gut durchsetzen kann.
Rückt der Gegner jedoch mit zwei Spielern heraus, versucht Atletico den Winkel zu verbessern. Dann spielt Arda den Ball auf den entgegenkommenden Außenverteidiger, der den Ball anschließend an den Elfmeterpunkt flankt. Spekuliert wird dabei auf ein Rausrücken der gegnerischen Mannschaft, was für einen Moment die Ordnung in der Deckung zerstört.
Sobald der Ball gespielt ist, bricht Atletico wieder in den Raum vor dem Fünfer ein und versucht einem Spieler in ihrer Mitte freie Bahn zu verschaffen. Oft ist dies der in der Luft extrem starke Godin oder Innenverteidiger Jose Gimenez.
Zielspieler Godin
Weil die Standardspezialisten Koke und Gabi Rechtsfüßer sind, muss Atletico bei einem Standard von der anderen Seite variieren. Zwar funktioniert auch auf dieser Seite der Ball an den kurzen Pfosten, jedoch ist die Gefahr größer, dass der Versuch schon zuvor im Aus landet oder einfacher geklärt werden kann.
Deshalb setzen viele Mannschaften auf einen starken Linksfuß, Simeone geht aber andere Wege. Er lässt die Bälle vom Tor weg schlagen. Das macht es schwieriger für den Torwart, den Ball zu fausten oder gar zu fangen und erleichtert auf der anderen Seite das Einköpfen. Erneut wird versucht, wie schon bei der kurzen Variante, einen Zielspieler freizublocken.
Dieser ist in den meisten Fällen Diego Godin. Der Uruguayer läuft in der Mitte einer Formation ein, die oft von Mario Mandzukic angeführt wird. So muss der Gegner einerseits zurückweichen, um Mandzukic nicht zum Kopfball kommen zu lassen, andererseits aber herausrücken, um Godin am Hochsteigen zu hindern.
Zwei Spieler hindern derweil den Torwart am Herauslaufen. Einer lässt sich, nachdem der Ball geschlagen wurde, an den Fünfer fallen, um für Überzahl zu sorgen, der andere bleibt eng am Torwart stehen, um ihm die Sicht zu verdecken.
Seite 1: Was macht Atletico so gefährlich?