Die Kapitänsfrage in der Nationalmannschaft ist geklärt - oder auch nicht. Joachim Löws Entscheidung ist schwammig und hält vor allem für den angeblichen Gewinner Michael Ballack ein ernstes Problem parat. Die SPOX-Meinung zur K-Frage.
KommentarAnderthalb, vielleicht sogar zwei Stunden hat sich Joachim Löw vor ein paar Tagen Zeit genommen. Er hat Michael Ballack seine Gedanken dargelegt und sich dessen Standpunkt angehört.
Dem netten Plausch wurde das Etikett der Kapitänsfrage übergestülpt. Jenes mediale Ungetüm, das seit Wochen jedes Interview der beiden Protagonisten bestimmt und das längst schon seinen eigenen niedlichen Spitznamen hat: Die K-Frage.
Es ist erwiesen, dass sich beide darüber unterhalten haben, schließlich verkündete Löw am Mittwoch offiziell seine schwammige Version der neuen Regelung.
Ballack soll der Kapitän der Mannschaft bleiben, Philipp Lahm sein fast gleichberechtigter Nebensitzer. Ballack hat die Binde also nie so ganz verloren, Lahm musste sie nicht freiwillig wieder zurückgeben.
Löws Mannschaft braucht in ihrer Zusammensetzung offenbar mehrere Anführer, das hat die WM gezeigt. Insofern ist der Entschluss schlüssig. Zumal Ballack ein verdienter Spieler ist, den Löw unter Umständen noch gebrauchen kann und der es nicht verdient hat, einfach so fallengelassen zu werden. Auf dieser Ebene hat sich für Ballack kaum etwas geändert.
Die spannendere Diskussion dürften beide aber über etwas ganz Grundsätzliches geführt haben: Ballack ist formal wieder der Kopf dieser Mannschaft. Aber sportlich ist der bald 34-Jährige längst zum Herausforderer geworden.
Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira haben es nicht nur dem Bundestrainer bei der WM angetan, die beiden sind derzeit gesetzt. Und bleiben es bis auf weiteres auch. Und das ist eigentlich der tiefere substantielle Kern in der vordergründigen Diskussion um die Kapitänsbinde.
"Ich habe ihm in aller Offenheit gesagt, dass ich ihn noch nicht in der Verfassung sehe, dass er uns weiterhilft", sagt Löw. "Ich haben ihm gesagt, was ich von ihm in den nächsten Wochen sehen will."
Es gab mal eine Zeit - und die ist noch gar nicht so lange her - da hätte Michael Ballack auch trotz eines sechsmonatigen Formtiefs noch in der Startelf gestanden.
Einen echten Konkurrenzkampf um einen Platz im Team kennt Ballack nur vom Hörensagen. Jetzt ist er selbst einer der Beteiligten.
Es ist eine neue Form des Löw-Katechismus vom Leistungsprinzip, der ab sofort auch für einen 98-maligen Nationalspieler gilt. Kapitän ist Ballack nur, wenn er auch zumindest zur Mannschaft gehört. Diese neue Welt kennt er noch nicht, er muss sich jetzt erst in ihr beweisen.