SPOX: Vieles spricht dafür, dass Sie auch wieder auf dem Platz stehen werden. Sie gehen aktuell als Stammspieler durch, dabei galten Sie in der Öffentlichkeit im Trainingslager noch als Streichkandidat. Wie haben Sie die Entwicklung wahrgenommen?
Höwedes: Ich habe mich nicht als Streichkandidat gesehen. Dass die Medien das getan haben, lässt mich kalt, weil ich weiß, was ich kann, wie fit ich bin und was der Bundestrainer von mir hält. Natürlich ist es für mich überraschend, dass ich hier als linker Verteidiger aufgelaufen bin. Aber ich habe das Vertrauen des Bundestrainers immer zurückgezahlt, egal auf welcher Position. Und das tue ich auch in diesem Turnier.
SPOX: Mit welcher Position hätten Sie denn gerechnet?
Höwedes: Mit der Position, auf der ich in der Vergangenheit häufiger zum Einsatz gekommen bin, also rechter Verteidiger.
SPOX: Wann wurden Sie über den Rollenwechsel informiert?
Höwedes: Der Bundestrainer hat ein paar Tage vor dem Armenien-Spiel angedeutet, dass es so kommen könnte.
SPOX: Die Variante mit den vier Innenverteidigern in der Abwehrreihe wird in Deutschland nach dem Ghana-Spiel schon wieder diskutiert. Ist die Anordnung für jedes Spiel die richtige Lösung?
Höwedes: Das entscheidet der Trainer. Wenn ich auf dem Platz stehe, versuche ich meine Qualitäten bestmöglich einzubringen. Die Vorzüge liegen auf der Hand. Jeder von uns vier ist kopfballstark, schnell und zweikampfstark. Das sind wichtige Attribute, die ein Verteidiger in der letzten Reihe haben muss.
SPOX: Die Opta-Daten weisen für Sie nach zwei Spielen null Flanken, aber auch null Fouls aus. Wie ordnen Sie das ein?
Höwedes: Man kann nicht pauschal sagen, wer wenig Fouls macht ist besser als der, der ständig foult. Es geht darum, einen Angriff zu unterbinden und dann möglichst in einen Konter umzuwandeln. Die optimale Lösung ist, kein Foul zu begehen und direkt den Konter einzuleiten. Manchmal muss man aber auch Foul spielen, manchmal auch, um damit ein Zeichen zu setzen.
SPOX: Und die null Flanken?
Höwedes: Ich war vorher auch nicht dafür bekannt, mit links die großartigsten Flanken zu schlagen. Aber das ist auch nicht meine Aufgabe. Ich versuche, hinten den Laden dicht zu halten und darüber hinaus, Impulse nach vorne zu geben und für Torgefahr zu sorgen. Das hat gegen Ghana vor dem Ausgleich auch ganz gut geklappt.
SPOX: Wäre Ihr Kopfball nach einer Ecke von Toni Kroos direkt reingegangen, würde vielleicht auch nicht über die Formation mit vier Verteidigern diskutiert werden. Hat Ihnen Miroslav Klose ein Tor geklaut?
Höwedes: Ich habe mir die Szene im Fernsehen angeschaut, weiß aber nicht, ob der Ball reingegangen wäre. Ich gönne Miro, dass er das Tor gemacht und den Rekord eingestellt hat. Mir war in dem Moment auch wurscht, ob ich das Tor mache oder jemand anderes. Wichtig war nur, dass wir den Ausgleich machen konnten.
SPOX: Die Standards sind mit dieser Aufstellung eine zusätzliche Stärke.
Höwedes: Diese Qualität ist in beiden Spielen zum Tragen gekommen. Gegen Portugal hat Mats das Kopfballtor gemacht und gegen Ghana konnte ich Miro einen auflegen.
SPOX: Gibt es bei Standards klarere Abläufe als in der Vergangenheit?
Höwedes: Das kann man so nicht sagen. Es gibt Absprachen, eine klare Ordnung und Laufwege. Teilweise regelt man das aber auch auf dem Platz. Man sollte sich nicht auf eine Position festlegen, sondern sich kurzfristig absprechen und für Verwirrung sorgen. Dieses Überraschungsmoment kann helfen.
SPOX: Eine persönliche Frage zum Abschluss: Sie waren im Trainingslager bei Werbeaufnahmen in einen Autounfall verwickelt, bei dem zwei Person verletzt wurden. Wie sind Sie damit umgegangen?
Höwedes: Ich informiere mich natürlich über den Gesundheitszustand der Unfallopfer und wünsche ihnen alles Gute und hoffe, dass sie sich schnellst- und bestmöglich erholen. Es war eine dramatische und unglückliche Situation, die wir alle sehr bedauern. Jeder kann sich vorstellen, dass das für mich nicht einfach war. Aber ich habe keine seelischen Schäden davongetragen und habe auch keine schlaflosten Nächte. Der Teampsychologe hat mir seine Hilfe angeboten, die ich aber nicht in Anspruch genommen habe, weil ich sie nicht als nötig empfunden habe. Ich war lediglich Beifahrer und hatte keine Möglichkeit einzugreifen. Deshalb konnte ich das gut verarbeiten.
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