"Der italienische Deutsche": Trauer um DFB-Legende! Ex-Nationalspieler Karl-Heinz Schnellinger ist tot

SID
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Der ehemalige Fußball-Nationalspieler Karl-Heinz Schnellinger ist tot. Ein einziges Tor machte ihn zur Legende - nicht zuletzt in Italien.

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Da war dieses Tor. Dieses Tor, das das Jahrhundertspiel zwischen Deutschland und Italien erst zum Jahrhundertspiel gemacht hat. Das auch deswegen ein besonderes war und noch heute legendär ist, weil es eben Karl-Heinz Schnellinger erzielte.

Ja, "ausgerechnet Schnellinger", geboren in Düren, aber sechs Jahrzehnte lang heimisch gewesen in Italien. Dort, im Hospital San Raffaele in Mailand, ist er in der Nacht zum Dienstag im Alter von 85 Jahren nun verstorben.

Da war dieses Tor. Erzielt am 17. Juni 1970 im WM-Halbfinale zwischen Deutschland und Italien, erzielt in der Nachspielzeit zum 1:1 - von "Carlo il biondo", dem "blonden Karl" der AC Mailand.

"Ausgerechnet Schnellinger, werden die Italiener sagen", entfuhr es TV-Kommentator Ernst Huberty. Es war Schnellingers einziger Treffer in 47 Länderspielen, er löste damit die atemraubende Verlängerung aus: 2:1, 2:2, 2:3, 3:3, 3:4. Jahrhundertspiel.

Schnellinger: Ohne dieses Tor "hätte man mich vergessen"

"Dieses Tor hat sich fest in den Erinnerungen der Menschen verankert. Es hat das Spiel unglaublich spannend und unvergesslich gemacht", erzählte Schnellinger noch Jahre später.

Auch er selbst wurde dadurch zur Legende, "ohne dieses Tor", so mutmaßte er, "hätte man mich vergessen". Mag sein, dass das in Deutschland so gekommen wäre - in Italien ganz sicher nicht. Dort hätten sie ihn auch ohne dieses Tor in Erinnerung behalten.

Und in Deutschland? "Die haben mich vergessen", sagte Schnellinger auch kurz vor seinem 85. Geburtstag am 31. März, damit meinte er den Deutschen Fußball-Bund (DFB).

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Schnellinger: Bei Milan wurde er zum Weltklassespieler

Dessen Präsident Bernd Neuendorf, gebürtiger Dürener wie Schnellinger, würdigte nun aber "einen Weltklassefußballer", dessen Name stets mit dem Jahrhundertspiel verbunden bleibe. Zugleich betonte er: "Seine Leistungen und Verdienste gehen jedoch weit über dieses Spiel hinaus." Wie wahr.

Schnellinger war 1958 aus Düren zum 1. FC Köln gekommen, er wurde Meister und Fußballer des Jahres (1962) - und wechselte anschließend für die Ablöse von 1,12 Millionen Mark zur AS Rom, die ihn erst für ein Jahr an die AC Mantova auslieh und 1965 weiterziehen ließ zu Milan.

Dort entwickelte sich der Blondschopf, den sie ob seiner Zuverlässigkeit auch den "Volkswagen" nannten, endgültig zum Abwehrspieler von Weltklasseformat.

Nur Matthäus hat mehr WM-Teilnahmen als Schnellinger

Mit den Rossoneri wurde Schnellinger Meister, mehrmals Pokalsieger - doch vor allem gewann er auch zweimal den Europapokal der Pokalsieger sowie den Henkelpott der Landesmeister.

"Mit der AC Mailand warst Du unbesiegbar", würdigte ihn die Gazetta dello Sport, nun verliere der Fußball "Karl-Heinz, den italienischen Deutschen". Der so unverwechselbare Deutsche, urteilte Tuttosport, "hatte Italien im Blut" - und es stimmte ja auch.

Doch weil Schnellinger eben als 24-Jähriger nach Italien ging und dort dann nahezu durchgängig lebte, geht das ein oder andere schon mal unter. Etwa seine vier WM-Teilnahmen (1958, 1962, 1966, 1970) - nur Lothar Matthäus hat in Deutschland mehr (5).

Schnellinger war auch Beteiligter eines weiteren legendären Spiels, des WM-Finales 1966 gegen England (2:4 n.V.). Seine Karriere beendete er 1975 - nach 19 Spielen für Tennis Borussia Berlin.

Nach dem Intermezzo in Deutschland zog Schnellinger zurück nach Italien. Er lebte in Segrate bei Mailand, war dort Generalvertreter für Einbauküchen, zog dort auch seine drei Töchter groß - und hatte mit der alten Heimat immer weniger am Hut. Die italienischen Staatsbürgerschaft hat er dennoch nie angenommen. "Ich fühle mich", hat er oft betont, "als Europäer."