"Die Bayern konnten mich nicht stoppen"

Von Interview: Haruka Gruber
Der beste Bachirou Salou: Im Finale 1998 rannte er Matthäus weg und erzielte Duisburgs Führung
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SPOX: Schon nach einem Jahr ließen Sie sich weiter nach Frankfurt verkaufen. Ein Fehler?

Salou: Ich war jung und zu ungeduldig, das weiß ich mittlerweile. Ich sage nur: Felix Magath.

SPOX: Sie kamen mit Magaths rigider Art überhaupt nicht zurecht und bezeichneten Ihn als den "letzten Diktator Europas". Eine Aussage, die noch heute häufig zitiert wird.

Salou: Ich bereue nicht, es damals gesagt zu haben. Mich hatte Jörg Berger verpflichtet, der mich später auch nach Aachen geholt hat. Aber ähnlich wie in Dortmund mit Scala wurde er früh gefeuert - und dann kam Magath. Ich habe unter ihm gelitten wie nie. Die erste Zeit lief noch okay, im zweiten Jahr jedoch übertrieb er es mit seinen Trainingsmethoden. Er wollte immer mehr und mehr und mehr. Er hat mir drei Jahre meiner Karriere gekostet. Es war Raubbau am Körper. Ich war so ausgebrannt und bekam irgendwann sogar Angst davor, den Ball zu bekommen, weil ich keine Kraft mehr in den Beinen hatte.

SPOX: Damals kamen erste Vorwürfe auf, Sie seien ein Abzocker und das Geld hätte Sie satt gemacht.

Salou: Der Vorwurf und die Pfiffe der Fans trafen mein Herz. Ich musste beim Fußball Freude spüren, um gut zu spielen - aber diese nahm mir Magath weg. Wenn es mir wirklich nur um die Kohle gegangen wäre, hätte ich niemals einem Wechsel von Frankfurt nach Rostock zugestimmt, sondern in Katar unterschrieben.

SPOX: Und was war mit den Geschichten über Ihr angebliches Partyleben?

Salou: Vorweg: Mein Privatleben ist niemals mit der Arbeit kollidiert. Ich kam nicht besoffen zum Training, lief torkelnd durch die Stadt oder machte andauernd Party. Es ist nur so, dass ich abends gerne rausgehe zum Essen oder Trinken - genau wie fast jeder andere Fußballer. Nur bei mir wurde darüber berichtet, weil das gut in die Storys gepasst hat.

SPOX: Das Bild des afrikanischen Lebemanns passt aber?

Salou: Wenn das heißt, dass ich ein offener Typ war und versucht habe, mich zu integrieren, dann: ja. Bei meiner ersten Station in Mönchengladbach nahmen mich die Mitspieler wie Kalle Pflipsen sofort auf und luden mich nach dem Training ein - ein bisschen Diskothek, ein bisschen feiern, nichts Übertriebenes. Parallel habe ich deutsch gelernt und auch nach dem ersten richtigen Vertrag im Training weiter Gas gegeben. So wurde ich schnell akzeptiert. Diese Mentalität vermisse ich etwas bei den afrikanischen Talenten von heute, die nach Europa kommen.

SPOX: Stimmt es, dass Sie damals nur entdeckt wurden, weil der ehemalige tschechoslowakische Nationalspieler Anton Ondrus Urlaub in Kamerun machte und zufällig ein Spiel von Ihnen sah?

Salou: Es klingt komisch, aber es stimmt. Ich hatte mich gar nicht so mit der Möglichkeit beschäftigt, irgendwann nach Europa zu wechseln. Ich bin damals als 18-Jähriger aus Togo nach Kamerun gezogen, weil ich etwas anderes sehen wollte. Ich unterschrieb bei einem Verein namens Panthere, führte die Torschützenliste der Liga an - und dann sprach mich nach einem Spiel Anton an. Eine Woche später saß ich im Flieger nach Deutschland und noch am selben Tag fuhren wir weiter nach Mönchengladbach zum Probetraining.

SPOX: Der Beginn einer Karriere, die Sie zu einem Volkshelden in Togo machte. Sie wurden derart verehrt, dass sich der damalige Staatspräsident einschaltete, als Ihr Auto in der Hauptstadt Lome geklaut wurde.

Salou: Eine kuriose Story: 1998 fand in Burkina Faso der Afrika Cup statt und einige Fans waren wegen schwacher Leistungen sauer auf mich, deswegen wollte mich wohl irgendwer bestrafen. Als der Präsident davon erfuhr, rief er die Polizei oder wen auch immer an, mit der Ansage: 'Findet verdammt noch mal das scheiß Auto!' Und plötzlich tauchte es über irgendwelche Kanäle auf einmal wieder auf. (lacht)

SPOX: Weniger amüsant sind die jüngsten Ereignisse, die man mit Togos Fußball verbindet. Der blutige Anschlag auf den Nationalmannschaftsbus 2010 und der Betrugsfall, als der ehemalige Nationaltrainer Tchanile Bana mit einer falschen Nationalmannschaft zu einem Freundschaftsspiel in Bahrain antrat.

Salou: Der Anschlag war tragisch. Aber der Betrugsfall beweist, wie chaotisch es noch immer in Togo zugeht. Ich kenne Bana persönlich und hätte nie gedacht, dass er wegen des schnellen Geldes so eine Schande über unser Land bringt. Genauso viel Schuld kommt jedoch dem Verband zu, der offenbar so unorganisiert ist, dass so etwas passieren kann.

SPOX: Sie arbeiteten bei der WM 2006 bereits als Teammanager für die Nationalmannschaft Togos. Warum kehren Sie nicht zum Verband zurück?

Salou: Vielleicht steige ich in vier, fünf Jahren wieder ein. Ich habe seit dem Karriereende sehr viel gelernt und könnte Knowhow einbringen - aber die Situation in Togo ist schwierig. Alles geht sehr langsam voran und an den entscheidenden Stellen sitzen Leute, die von Fußball keine Ahnung haben, korrupt sind oder beides. Zunächst plane ich, mit meinen ehemaligen Gladbacher Mitspielern Pflipsen und Peter Wynhoff eine Spielerberater-Agentur zu gründen. Dann sehen wir weiter.

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