Es gibt viele wiederkehrende Muster innerhalb der Unzulänglichkeiten, die Borussia Dortmund seit Jahren bereits begleiten. Darunter jedoch auch positive. Es ist längst ein Evergreen, dass der BVB auf schwache Leistungen oder überraschende Rückschläge eine gute Reaktion zeigt und man dann denkt: Wieso nicht immer so? Als jüngstes Beispiel könnte man das 4:1 beim FC Sevilla nennen, nachdem wenige Tage zuvor die Partie gegen den 1. FC Köln leichtfertig aus der Hand gegeben wurde.
In der Theorie war der Boden also bereitet: 0:2-Pleite inklusive schlechter Vorstellung bei Union Berlin am Sonntag, Mittwochabend nun die Partie im DFB-Pokal bei Zweitligist Hannover 96 - da wäre allein schon aufgrund der geringeren Qualität des unterklassigen Gegners eine Steigerung im Bereich des Möglichen gewesen.
Die blieb beim glücklichen 2:0-Erfolg gegen die Niedersachsen, die Dortmund im Grunde in allen Belangen überlegen waren, jedoch aus. Dem BVB fehlte es an vielem, nicht zum ersten Mal in dieser Saison und nun auch schon mehrfach am Stück.
Eine Spielidee in der Offensive ist weiterhin und selbst gegen einen Kontrahenten aus der 2. Liga nicht zu erkennen, der Borussia geht die Struktur in Ballbesitz ab, es gab kaum nennenswerte Torchancen. Wirklich dominiert hat die Borussia in dieser Saison kaum ein Team.
BVB: Der Trend geht in die falsche Richtung
Bedenklich war aber vor allem die erneut schwache Körpersprache, die mangelnde Intensität im Spiel gegen den Ball und schlicht der fehlende Einsatzwille, um gegen früh pressende und aggressive 96er dagegen zu halten. Diese entblößten Dortmunds Abwehrverbund gleich mehrfach. Hätte Gregor Kobel im Tor nicht so einen Sahnetag erwischt, der lasch verteidigende BVB hätte locker drei bis fünf Gegentreffer kassieren können.
Dabei war doch genau dies eines von Edin Terzics Credos: Die anderen können vielleicht auch mal besser sein, aber nicht, weil sie mehr dafür getan haben! Nun aber musste der Coach die Verschnaufpause des zuletzt überspielten Jude Bellingham vorzeitig beenden und den Engländer als Stabilisator einwechseln, weil die Mannschaft gegen einen Zweitligisten gehörig wackelte.
Diese Symptome ziehen sich durch die Spielzeit. Anstatt mit der Zeit souveräner und gefestigter zu werden, geht der Trend in die falsche Richtung. Es wird nicht ausbleiben, dass die kritischen Blicke auf Terzic sich häufen. Im Fokus sollte jedoch vielmehr die Mannschaft stehen.
BVB-Trainer Edin Terzic mit unmissverständlicher Forderung
Dorthin rückte Terzic sein Team dann auch auf der Pressekonferenz nach der Partie - durchaus verständlich und angemessen. Immer wieder bespreche man die Fehler, sagte Terzic, doch abgestellt bekommen sie die Spieler nicht. Seine Forderung war unmissverständlich: "Es braucht auch eine Form der intrinsischen Motivation der Jungs, dass sie es selbst abstellen wollen. Es ist nicht so, dass es absichtlich stattfindet. Aber da fehlt mir, dass wir uns dagegen wehren. Wir lernen nicht daraus. Wir müssen die Bereitschaft mitbringen."
Die Motivation seiner Profis in Frage zu stellen, ist ein brisanter Schachzug, den man als Trainer nicht häufig wählen kann. Er adressiert nicht nur die Dauerschleifen-Debatte um Dortmunds mangelnde Mentalität, sondern in erster Linie die Qualität und Einstellung der Spieler.
Dies wiederum stellt die Kaderplanung in kein gutes Licht. Ohne Ausnahmespieler wie Jadon Sancho oder Erling Haaland, die mit ihrer Extraklasse den BVB in den Vorjahren nach biederen Leistungen oft retten konnten, wird die Dysbalance in der Zusammenstellung der Mannschaft noch offensichtlicher als ohnehin schon.
BVB-Auftritt in Hannover hat die Zweifel verstärkt
Aktuelle Kaderspieler wie Thomas Meunier, Donyell Malen, Emre Can, Thorgan Hazard, Julian Brandt, Mahmoud Dahoud, Marius Wolf oder Nico Schulz stellten sich noch zu keiner Phase als wirkliche und konstant abliefernde Verstärkungen heraus. Die Anzahl an Wochen, in denen diese Akteure im Formtief steckten und dem Team wenig Mehrwert gaben, übersteigen jene des Gegenteils jeweils deutlich.
"Es ist ein Prozess. Nichts, was von heute auf morgen geht", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl vor der Partie bei Sky angesprochen auf die Entwicklung des Teams. Die Aussage ist allerdings auch im Hinblick auf die Kaderzusammenstellung gültig. Da äußerte Kehl schon vor Saisonbeginn den Verdacht, dass es mehrere Transferperioden benötige, um den Geist und Charakter der Mannschaft zu verändern - aber auch, um sie von den angehäuften Altlasten zu befreien.
Im Hier und Jetzt hilft das jedoch alles nichts. Der BVB hat sich in eine Phase hineinmanövriert, die von zunehmender Schwerfälligkeit geprägt ist und bei weiter schwachen Vorstellungen oder schlechten Ergebnissen schnell in Verunsicherung umschlagen kann. Statt eine Reaktion und Leistungssteigerung zu zeigen, hat der Auftritt in Hannover die Zweifel vielmehr verstärkt.
BVB: Die kommenden Spiele von Borussia Dortmund
Datum | Gegner | Austragungsort | Wettbewerb |
Samstag, 22. Oktober | VfB Stuttgart | Signal Iduna Park, Dortmund | Bundesliga, 11. Spieltag |
Dienstag, 25. Oktober | Manchester City | Signal Iduna Park, Dortmund | Champions League, 5. Spieltag |
Samstag, 29. Oktober | Eintracht Frankfurt | Deutsche Bank Park, Frankfurt | Bundesliga, 12. Spieltag |