"Beim BVB war Sammer kamerascheu"

Von Johannes Heiming
Uwe Neuhaus (r.) an der Seite von Matthias Sammer (M.) und Udo Lattek
© imago
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SPOX: Zu Beginn der Saison 2007/2008 heuerten Sie schließlich beim damaligen Regionalligisten 1. FC Union Berlin an. Dort sind Sie sieben Jahre lang geblieben, eine für heutige Verhältnisse sehr lange Zeit. War es abzusehen, dass Sie dort so lange bleiben würden?

Neuhaus: Nicht wirklich. Ich unterschrieb einen Einjahresvertrag und keiner wusste, wohin der Zug fahren würde. Beide Seiten wollten erstmal schauen, ob es auch wirklich passt. Der Einstieg war alles andere als leicht. Nach dem Aufstieg in die 2. Liga 2009 haben wir vereinbart, Saison für Saison zu schauen, wie die Zusammenarbeit läuft und ob unsere Ziele deckungsgleich sind. Es bestand ein tolles Vertrauensverhältnis.

SPOX: Im April 2014 teilte Union mit, dass sich die Wege zum Saisonende trennen werden. Damals waren Sie der am längsten amtierende Trainer der Vereinsgeschichte und dienstältester Coach im deutschen Profifußball. Waren Abnutzungseffekte der Grund?

Neuhaus: Ich glaube schon. Ich möchte für das Ende niemandem die Schuld in die Schuhe schieben. Wir wollten alle in die Bundesliga. Es gab allerdings unterschiedliche Vorstellungen davon, in welcher Geschwindigkeit das geschehen sollte. Irgendwann ging Union dann die Geduld verloren. Vielleicht hätte ich jedoch auch ein bisschen nach rechts oder links ausweichen müssen, um wieder in die Spur zu kommen.

SPOX: Ärgert Sie die Trennung heute noch?

Neuhaus: Mich ärgert, dass mir bis heute niemand erklären konnte, warum man die Trennung damit begründete, einen mentalen und emotionalen Neuanfang machen zu wollen.

SPOX: Anschließend legten Sie ein Sabbatjahr ein. Wie viel Abstand konnten Sie gewinnen?

Neuhaus: Wenig, auch wenn ich gut regeneriert habe. Man verfolgt das Geschehen auch aus Eigennutz weiter, da man nach einer gewissen Zeit wieder in Lohn und Brot stehen möchte. Ich hätte mir auch noch einmal sieben Jahre am Stück bei Union vorstellen können. Vor gesundheitlichen Problemen hatte ich keine Angst.

SPOX: Zur aktuellen Saison übernahmen Sie Dynamo Dresden in der 3. Liga - das ist nicht gerade der Verein, dem die Unioner die Daumen drücken.

Neuhaus: Diese Entscheidung ist einfach zu erklären: alle Vereine, bei denen ich als Trainer gearbeitet habe, sind Traditionsvereine. Ich habe Lust auf Klubs, die richtig leben. Bei diesen Vereinen spürt man die Emotionen, egal ob positiv oder negativ. Das liegt auch in meinem Naturell, ich bin im Ruhrpott als Sohn einer Arbeiterfamilie aufgewachsen. In Dresden sehe ich zudem die Chance, langfristig etwas auf den Weg zu bringen. Das Potential ist dank des Stadions und Umfelds groß.

SPOX: Dynamo spielt unter Ihnen eine bärenstarke Saison, der Aufstieg ist seit dem Wochenende perfekt. Wie ist das zu erklären?

Neuhaus: Die Grundlagen wurden vor der Saison gelegt. Ich hatte ausreichend Zeit, mich mit der Mannschaft zu beschäftigen, mich nach Verstärkungen umzusehen und den neuen Kader zu planen. Es war früh ersichtlich, dass die Neuzugänge zu uns passen und wir eine tolle Gemeinschaft haben. Die Mannschaft glaubt an sich, das trägt uns bis heute.

SPOX: Ab wann haben Sie gewusst, dass der Aufstieg möglich ist?

Neuhaus: Als die Mannschaft zu Saisonbeginn wichtige Spiele in der Schlussphase gewonnen hat, kriegte ich ein Gefühl dafür, dass sie bereit und willig ist, den ganzen Weg zu gehen. Wir haben die Zweifler davon überzeugt, dass wir das packen können. Die Jungs haben überragend gearbeitet.

SPOX: Was dürfen wir in der 2. Liga von Dresden erwarten?

Neuhaus: Wir werden gut vorbereitet in die neue Saison gehen. Von uns kann man ehrlichen Fußball und Begeisterung erwarten. Aber wir wissen, dass es eine ganz schwere Aufgabe wird. Alles beginnt wieder von vorne.

SPOX: Sie sagten einmal, es wäre Ihr Traum, eine Mannschaft in der Bundesliga zu trainieren. Zum Beispiel Dynamo Dresden?

Neuhaus: Davon sind wir noch ein Stückchen entfernt, aber manchmal muss man als Trainer auch einen Schritt zurück machen, um zwei nach vorne zu kommen. Ich fühle mich bei Dynamo sehr wohl und bin froh, dass ich in meinem hohen Alter noch Erfolg habe (lacht). Die Tendenz geht ja schließlich immer mehr in Richtung jüngerer Trainer.

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