EM

"Im nächsten Kapitel besser dastehen"

David Alaba gewann gegen Island 45,5 Prozent seiner Zweikämpfe
© getty

David Alaba und Österreich sind bei der EM ausgeschieden - als Gruppenletzte. Im Interview spricht er über die große Enttäuschung EM, die Elfmeter-Diskussion mit Dragovic, Probleme in seiner sehr offensiven Rolle in der Nationalmannschaft und Kritik an seiner Person.

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Frage: Herr Alaba, wie niedergeschlagen war die Mannschaft gerade in der Kabine?

David Alaba: Wie die Stimmung ist, können Sie sich wahrscheinlich denken. Sie ist nicht die beste. Das Turnier war enttäuschend. Unser Traum ist geplatzt, schon vor dem Achtelfinale. Wir haben uns natürlich viel mehr vorgenommen und haben das Ziel aber nicht erreicht.

Frage: Was nehmen Sie primär von dieser Europameisterschaft mit?

Alaba: Ich denke, dass wir viel mitnehmen können. Wir haben viele Erfahrungen gesammelt, wenngleich die sicher nicht die schönsten waren. Unser Buch ist noch nicht zu Ende geschrieben. Das war ein Kapitel davon. Es ist sicherlich kein schönes, aber auf dem Weg zum Erfolg gehört auch ein solches Kapitel dazu. Wir wollen jetzt das nächste Kapitel aufschlagen und dann unseren Weg weitergehen.

Frage: Können Sie uns die Situation vor dem Elfmeter erklären? Sie hatten ein kurzes Gespräch mit Dragovic. Warum haben Sie nicht geschossen? Sie sind normal ein sehr sicherer Schütze.

Alaba: Das ist Drago normal auch. Ich war der Gefoulte und er kam schnell nach vorne. Als wir gesprochen haben, hatte er den Ball schon in der Hand. Er hat sich sehr, sehr gut gefühlt und wollte schießen. Das war okay.

Frage: Mit Ungarn und Island sind zwei Mannschaften weiter gekommen, die individuell nicht so stark aufgestellt sind wie Österreich. Hat Ihr Kollektiv nicht so gut funktioniert wie bei den anderen Mannschaften?

Alaba: Wenn man sich das Spiel heute angeschaut hat, kann man das so nicht sagen. Wir waren die bessere Mannschaft und haben uns genug Chancen herausgespielt. Leider haben wir sie nicht genutzt. Dann ist es bei so einem Großereignis schwer, eine Runde weiterzukommen. Ich denke aber nicht, dass das Kollektiv bei uns entscheidend war. Wir haben gezeigt, was wir für einen Fußball können. Wir hätten es verdient, eine Runde weiterzukommen.

Frage: Sie haben hier in Frankreich nicht die Leistung zeigen können, die man aus München von Ihnen gewohnt war. Haben Sie selbst eine Erklärung dafür?

Alaba: Unmittelbar nach dem Turnier ist das schwer zu sagen. Was ich sagen kann, ist, dass ich alles gegeben habe. Ich habe für mein Land und die Mannschaft immer alles versucht.

Frage: Marcel Koller stellte Sie sehr offensiv auf. Ging der Impuls von Ihnen aus und wie sind Sie mit der Rolle zurechtgekommen?

Alaba: Wir haben das System im Vorhinein gemeinsam besprochen. Als Mannschaft haben wir uns damit auch wohlgefühlt. In den Trainingseinheiten konnten wir es gut umsetzen. Es ist aber schwer zu sagen, ob es am System gelegen hat. Für mich persönlich war es in der ersten Hälfte heute nicht so einfach. Ich habe die Linie nicht gefunden. Zwar habe ich versucht, mich freizulaufen, aber es hat nicht so gut funktioniert.

Frage: Waren Sie bei Ihrem ersten großen Turnier vielleicht ein bisschen übermotiviert? Wollten Sie sich im Vorfeld zu sehr zerreißen?

Alaba: Das würde ich nicht sagen. Ich habe versucht, mich einzubringen. In einigen Situationen ist mir das nicht gelungen, in anderen schon. Es ist auch in meinem persönlichen Buch ein Kapitel, das ich so mitnehme. Im nächsten Kapitel will ich wieder besser dastehen.

Frage: Fanden Sie die Kritik an Ihrer Person in der letzten Zeit zu hart?

Alaba: Ich versuche, mich mit dem Ganzen nicht zu sehr zu befassen. Manche Dinge habe ich vielleicht ein bisschen anders gesehen, in anderen Situationen teile ich die Kritik. Ich nehme das so mit. Für mich selbst ist es aber vielleicht auch positiv, dass man solche Erwartungen an mich hat. Wenn man solche Erwartungen an einen Spieler hat, gibt es einen Grund dafür. Ich glaube, dass ich ein guter Spieler bin und habe in diesem Turnier versucht, mein Bestes zu geben.

Frage: Lag aber auch innerhalb der Mannschaft ein großer Druck auf Ihnen? Wurde Ihnen zu sehr die Heilsbringer-Rolle zugeschoben?

Alaba: Ich glaube nicht. Wir haben tolle Spieler in unseren Reihen. Sie zeigen in ihren Vereinen auch immer wieder, dass sie Leistungsträger sind. Das gilt auch für die Nationalmannschaft. Wir haben schon oft bewiesen, dass wir als Mannschaft sehr stark auftreten können.

Island - Österreich: Die Statistik zum Spiel

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