EM-Qualifikation: Riesenärger in Türkei über Kontrollen auf Island

SPOX
10. Juni 201921:17
Was soll das? Dem türkischen Kapitän Emre wird eine Spülbürste entgegengestreckt.Twitter/Goal Türkiye
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Die türkische Nationalmannschaft muss mehrere Stunden auf die Einreise zum EM-Qualifikationsspiel warten und fühlt sich schikaniert. Für Empörung sorgt zudem ein Unbekannter mit einer Reinigungsbürste.

Mit großer Verärgerung hat die Türkei auf Verzögerungen bei der Einreise ihrer Nationalmannschaft zum EM-Qualifikationsspiel auf Island reagiert. Sprecher Ibrahim Kalin bezeichnete für Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan die ungewohnten Verzögerungen bei der Pass- und Gepäckkontrolle auf dem Flughafen in Reykjavik als "Mangel an Respekt" und "inakzeptabel".

Das türkische Außenministerium sandte eine diplomatische Protestnote an die Nordeuropäer, und der Verband beklagte "eine Abweichung von diplomatischen Gepflogenheiten und sportlichem Verhalten".

Was soll das? Dem türkischen Kapitän Emre wird eine Spülbürste entgegengestreckt.Twitter/Goal Türkiye

Nach der Landung in Reykjavik am Sonntagabend zog sich die Abfertigung des türkischen Trosses zwei Tage vor dem Duell mit den Gastgebern über Stunden hin. Spieler aus dem Team von Nationaltrainer Senol Günes berichteten in sozialen Medien und türkischen Zeitungen über intensive Sicherheitschecks bei der Personenüberprüfung und penible Durchsuchungen ihres Gepäcks.

Reinigungsbürste offenbar von Tourist vor die Nase gehalten

Zudem hielt ein Unbekannter am Flughafen Keflavik dem Kapitän Emre Belözoglu beim Interview statt einem Mikrofon eine Reinigungsbürste vor die Nase. Die Empörung darüber vor allem bei türkischen Usern in den sozialen Medien war enorm, unter anderem wurde den Isländern "Rassismus" vorgeworfen. Der isländische Sportjournalist Henry Birgir schrieb daraufhin bei Twitter: "Liebe Türkei, der Typ mit der Bürste ist kein isländischer Journalist."

Wie mehrere türkische und isländische Medien nun übereinstimmend berichten, handelt es sich beim Unbekannten um einen belgischen Touristen, der sich einen Scherz erlaubte. "Beruhigt euch, das ist keine Klobürste, sondern eine einfache Tellerbürste. Das ist Humor. Ich habe niemanden beleidigt. Kein Gesetz verbietet es mir, mich jemandem mit einer Tellerbürste zu nähern", schrieb der mutmaßliche Fake-Journalist auf seiner mittlerweile für die Öffentlichkeit blockierte Facebook-Seite.

Türkischer Außenminister nennt Behandlung auf Island "inakzeptabel"

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu nannte die Behandlung auf Twitter "inakzeptabel". Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu machte sich auch der türkische Botschafter in Norwegen, Fazli Corman, wegen des Vorfalls auf den Weg nach Island.

"Was sie getan haben, ist respektlos und unhöflich", sagte Vize-Kapitän Burak Yilmaz. "Wir haben hier drei Stunden gewartet. Sie haben alle Taschen und sogar alle Kosmetika mitgenommen. Sie haben es immer wieder durchsucht. Wir sind sechseinhalb Stunden geflogen und haben drei Stunden gewartet."

Schwer verärgert zeigte sich auch der türkische Europaminister Ömer Çelik. "Islands zuständige Behörden sind für die unverschämte Behandlung unserer Nationalmannschaft verantwortlich. Wir verurteilen die isländischen Behörden vehement. Auf diese Unhöflichkeit, die nicht dem Geist des Sports entspricht, wird ausdrücklich reagiert", erklärte er.

"Die Behörden sind für dieses unmenschliche und diplomatisch inakzeptable Verhalten verantwortlich. Was unserer Nationalmannschaft angetan wurde, war eine Art Gewalt. Islands Behörden sollten sich für diese 'primitive' Praxis entschuldigen und Schritte unternehmen, um diesen Fehler wieder gut zu machen."

Flughafenbetreiber nennt Gründe für lange Abfertigung

Am Montagnachmittag nahmen die isländischen Verantwortlichen dann zu den Vorfällen Stellung. "Die Sicherheitskontrollen sind in der Regel schnell, aber sie waren in der letzten Nacht etwas länger, da viele elektronische Geräte und Flüssigkeiten in den Taschen der Passagiere waren, die nicht immer im Voraus entfernt wurden", teilte der isländische Flughafenbetreiber Isavia mit.

Auch weil der Flughafen von Konya, von welchem die Spieler gestartet waren, nicht von der internationalen Luftfahrtbehörde zertifiziert sei, wurden strengere Kontrollen durchgeführt, ergänzte ein Manager des Betreibers.

Der isländische Fußballverband teilte über die Website Visir später mit, die isländischen Spieler hätten nach der Rückkehr von einem Spiel in der Türkei vor rund zwei Jahren ähnliche Kontrollen durchlaufen müssen.

Das Qualifikationsspiel der Gruppe H findet am Dienstagabend statt. Am Samstag hatten die Türken in Konya überraschend 2:0 gegen Weltmeister Frankreich gewonnen und haben damit neun Punkte aus den ersten drei Spielen geholt.

Frankreichs Staatspräsident Emanuel Macron hatte sich danach über das Pfeifkonzert während der französischen Nationalhymne beschwert.