9. April 2013: Dortmund - Malaga 3:2
"Kurz vorm Herzinfarkt"
Jürgen Klopp sagte kurz nach Abpfiff, er werde "diesen Abend nie vergessen". Mit zerstrubbelten Haaren, beschlagener Brille und Fassungslosigkeit im Blick sagte er das, nachdem er auf dem Rasen gar nicht mehr damit fertig wurde, seine Spieler anzuspringen, anzuschreien und zu umarmen. Nach dem wohl wildesten und dramatischsten Spiel seiner Trainerkarriere. "Wir waren kurz vorm Herzinfarkt."
Selten haben Sportereignisse die Superlative, die man ihnen aufbrummt, vollumfänglich verdient. Doch hatten die Zuschauer im Signal Iduna Park an diesem Abend tatsächlich das viel zitierte "Wunder von Dortmund" erlebt. Nach einem torlosen Remis im Hinspiel lag der BVB im Viertelfinale der Champions League gegen Malaga nach Ende der regulären Spielzeit mit 1:2 zurück. Zwei Tore mussten unrealistischerweise her. Und zwei Tore kamen. Weil dieses Spiel irre war, nicht von diesem Planeten, nicht zu begreifen. Ein Wunder eben.
In Minute eins der Nachspielzeit versenkt Marco Reus die Kugel im Kasten der Gäste aus Spanien. Zwei Minuten später flankt Robert Lewandowski aus dem linken Halbfeld. Vier Dortmunder stehen klar im Abseits. Aber die Fahne bleibt unten. Wieder kommt Reus an den Ball, dessen Querpass stolpert Schieber Richtung Tor. Santana schiebt den Ball von der Linie über selbige. Er steht im Abseits. Aber die Fahne bleibt unten. Fußballgeschichte ist geschrieben und Dortmund, das "tot" war (Aki Watzke), nicht rausgeflogen. "Mit dieser Moral", sagte Klopp, "haben wir das nicht zugelassen".
24. April 2013: Dortmund - Real Madrid 4:1
Großer Sieg im Gefühlschaos
Eine Dampfwalze überrollt Real. Ein deutsches Imperium mit polnischem Panzer. Dortmund züchtigt Real. Lewandowski zermalmt Madrid. Es gibt kein Gegengift: Gut zwei Wochen nach dem Irrsinn des Malaga-Spiels überschlägt, ja verneigt sich die internationale Presse vor Jürgen Klopp und seiner Mannschaft. Der Grund? Der große Underdog im Champions-League-Halbfinale hatte soeben die Königlichen aus Madrid mit 4:1 gedemütigt.
"Das war ein unglaublicher Abend, das war Fußball total, das war brutal", pries Klopp seine Mannschaft. Der Mann des Abends war dabei recht leicht auszumachen, so gingen alle Treffer des BVB auf das Konto von Robert Lewandowski.
Ein Meilenstein in der Geschichte des BVB unter Klopp. Und ein Sieg, mitten hinein ins Gefühlschaos eines Klubs unter Schock. So wurde tags zuvor der Wechsel von Mario Götze zu den Bayern bekannt. "Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist ungünstig", hatte Klopp sichtlich angeschlagen und persönlich getroffen auf der Pressekonferenz vor dem Real-Spiel gesagt, die freilich zur Frage-Runde über den spektakulären Wechsel ausartete. "Es hätte noch schlechtere Momente gegeben. Vier Stunden vor dem Spiel zum Beispiel. Aber auf einer Skala von eins bis zehn sind wir bei neun angekommen."
25. Mai 2013: Dortmund - FC Bayern 1:2
Die Katastrophe von Wembley
Ein Jahr, eine Woche und sechs Tage war es her, da hatte der BVB die Bayern im DFB-Pokalfinale gedemütigt. Ein Jahr, eine Woche und sechs Tage später standen sich beide Teams erneut gegenüber. Die Bühne: Eine noch größere. Der Pokal: Ein noch größerer. Das Endspiel der Königsklasse im Wembley.
Mit dem verletzten Bald-Münchner Mario Götze auf der Tribüne gingen die Schwarzgelben in das größte Spiel unter Jürgen Klopp. Der war mit seinen Mannen in der Liga zwar 25 Punkte hinter den Münchnern zurückgeblieben und musste sich dem Rekordmeister auch im DFB-Pokal geschlagen geben, hatte durch die furiosen internationalen Auftritte aber mit dafür gesorgt, dass man in Fußball-Europa einen Machtwechsel herbeiredete. United und Arsenal? Barca und Real? Das war gestern. Jetzt heißt es: Bayern gegen Dortmund.
Die 93 Minuten in der englischen Hauptstadt begeisterten. "Ein dramatisches Spiel. Ein enges Spiel", wie Klopp befand. Und ein kontrovers diskutiertes Spiel. Franck Riberys Ellenbogenschlag gegen Robert Lewandowski, Robert Lewandowskis Tritt gegen Jerome Boateng, Dantes Tritt gegen Marco Reus - Schiedsrichter Nicola Rizzoli boten sich viele berechtigte Möglichkeiten, den Roten Karton zu zücken. Getan hat er es nicht.
"Die Vollkatastrophe wäre gewesen, wenn sie uns aus dem Stadion schießen", sagte Klopp also nach dem Spiel, in dem Arjen Robben den Ball eine Minute vor dem Ende an Roman Weidenfeller zum verdienten Münchner Sieg ins Tor gestreichelt hatte. "Der Moment ist eine Katastrophe - aber am Ende ist es wurscht." Respekt und Sympathien flogen der Mannschaft ohnehin von überall her zu. Nicht nur vom Coach: "Meine Mannschaft hat ein großartiges Spiel gemacht."