David Moyes sitzt das sprichwörtliche Aus im Rücken, Jose Mourinho hat schon wieder alle gegen sich. Marko Livaja macht sich beim italienischen Volk ähnlich beliebt, wie Riccardo Meggiorini sich bei Stefano Mauri. Der AC Milan hat richtig Lust auf die Europa League, während in Barcelona der Heilige wiederaufersteht.
Premier League
Von Raphael Honigstein
Spieler des Spieltags Seit Ostermontag gibt es keinen Zweifel mehr: Luis Suarez ist Liverpools Messiah. Wer anders als der Heiland persönlich hätte es geschafft, während des 3:2-Auswärtssieg der Reds in Norwich so eine wundersame Wiederauferstehung zu feiern? Aber das war natürlich nur eine amüsante Randgeschichte.
Liverpools knapper Sieg - die mittlerweile traditionelle Mischung aus rasantem Konterspiel und wahnwitzigen Abwehrfehlern - gegen die "Kanarienvögel" lässt das Unmögliche möglich erscheinen. Noch drei Siege in den letzten drei Spielen, und die erste Meisterschaft wäre unabhängig von den Ergebnissen der Konkurrenz perfekt.
Trainer des Spieltags "Wir haben das Spiel gut kontrolliert, nur der letzte Ball und der Abschluss fehlten", sagte David Moyes nach dem 0:2 beim FC Everton. Die meisten Leute hatten das anders gesehen. Man Uniteds Vorstellung im Goodison Park war eine einzige Zumutung. "Es war die halbherzigste und desinteressierteste Leistung seit 30 Jahren", schrieb der "Daily Telegraph".
Und für Everton, Moyes' Ex-Verein war es das erste Double - Siege in beiden Ligaspielen - seit 1970. Der Schotte muss bald wieder um seinen Job fürchten, wenn sich die Mannschaft in den nächsten Partien auch derart gehen lässt. Am Sonntag schwang hinter ihm im Publikum schon Gevatter Tod die Sense.
Der Mann in Schwarz wurde kurzerhand später aus dem Stadion eskortiert - eine Wettfirma hatte den Stunt inszeniert - doch so leicht wird Moyes dem vorzeitigen Aus auf der United-Bank nicht von der Schippe springen.
Verschwörung des Spieltags "Mourinho würde auch in einer Schüssel Cornflakes eine Verschwörung vermuten", schrieb die "Times" am Montag. Der Chelsea-Trainer hatte im Anschluss an das 1:2 gegen Sunderland - seine erste Heimniederlage in der Premier League im 78. Ligaspiel - Schiedsrichter Mike Dean sarkastisch zu einer "fantastischen Leistung" gratuliert und auch Schiedsrichter Obmann Mike Riley Einfluss auf das Titelrennen unterstellt.
Dean hatte nach Cezar Azpilicuetas Grätsche gegen Jozy Altidore acht Minuten vor Schluss auf Strafstoß für die Gäste entschieden. Fabio Borini, der von Liverpool ausgeliehene Italiener, verwandelte den Elfer. Mourinhos Assistenztrainer Rui Faria war so außer sich, dass er von drei Chelsea-Mitarbeitern und Mourinho daran gehindert werden musste, auf den Referee loszugehen; er bekam Rot und wird lange gesperrt werden. Aber Schuld an dem herben Rückschlag im Meisterschaftsrennen sind, wie immer, dunkle Mächte, die Chelsea und Mou den Erfolg nicht gönnen.
Zum Glück gibt es auf der Fußballinsel aber auch schönere Geschichten. Die West Cornwall Pasty Company, eine Kette von Fleischpastete-Läden, ging Anfang des Monats in Konkurs. Danny Mills, der frühere englische Nationalspieler, kaufte die Firma zusammen mit einem Konsortium von Investoren und rettete so 250 Arbeitsplätze.
"Es ist eine fantastische Marke mit einem tollen Produkt", sagte Mills der "BBC". Fehlt eigentlich nur noch, "Guten Appetit" zu wünschen. In England gibt es zu diesem Ausspruch jedoch kein Äquivalent. Warum? Die Blitzlichter vermuten, dass dies mit der Beliebtheit von Fleischpasteten im Zusammenhang stehen könnte.
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Serie A
Von Oliver Birkner
Spiel des Spieltags Bei den Partien des FC Turin kann man demnächst getrost erst in der 85. Minute einschalten. Vergangene Woche siegte Toro nach spätem Rückstand mit zwei Treffern in der Nachspielzeit, am Samstag bei Lazio ging man in der 89. 3:2 in Führung, und kassierte den Ausgleich in der 94.
Noch spannender gestaltete sich die Privatfehde zwischen Stefano Mauri und Riccardo Meggiorini. Der Laziale würdigte seinen Kollegen vor Spielbeginn keines Blickes und verweigerte die Begrüßungshand. Vor Tagen hatte Samuele Dalla Bona angestoßen: "In Italien bekommt jeder Betrüger vom Sportgericht einen Straferlass." Meggiorini setzte über "Facebook" hinzu: "Da gebe ich Samuele recht. Mauri war im Wettskandal vor einiger Zeit noch verhaftet worden, jetzt steht er wieder auf dem Platz. Eine Schande!"
Als Reaktion wählte Mauri die kalte Schulter, ein Tor und den Satz: "Alle Anschuldigungen wurden fallen gelassen, trotzdem gelte ich als Verbrecher." Zumindest darf er als Profi gelten, für den der Chefankläger viereinhalb Jahre Sperre forderte, von denen Mauri letztlich nur sechs Monate absaß.
Mann des Spieltags In Bergamo startete Stürmer Marko Livaja am Samstag die Lehrbuch-Studie "Wie gewinne ich tiefe Sympathien bei den Fans meines Klubs und überhaupt im ganzen Land". Der 20-jährige Kroate in Diensten von Bergamo wurde bei der Auswechslung ausgepfiffen und knallte daraufhin übelst fluchend die Fäuste gegen die Plexiglas-Scheibe vor der Tribüne.
Daheim angekommen, ging die Party erst richtig los. "Hoffentlich spielst du nie wieder für Atalanta. Du kannst ruhig zurück nach Kroatien", verewigte sich ein Tifoso in Livajas "Facebook"-Poesiealbum. Die Reaktion folgte prompt mit der gastfreundlichen Einladung: "Wenn ihr Eier habt, könnt ihr gerne alle mit nach Kroatien kommen, ihr italienischen Bastarde!" Der nächste Anhänger postete: "Das Trikot unseres Klubs ist zu respektieren. Ich hoffe du wirst es nie wieder tragen und brichst uns nicht mehr die Eier."
Offensichtlich lag er mit Livaja auf einer Wellenlänge. Replik: "Das hoffe ich auch, denn ihr seid alle nur Stücke Scheiße!" Die kommende Bustour von Livaja und den italienischen Atalanta-Bastarden ans kroatische Meer könnte eventuell etwas für "RTL2" sein.
Und sonst? Trotz einer mittelmäßigen Saison darf sich der AC Mailand nach dem fünften Sieg in Serie ernsthafte Hoffnungen auf einem Platz in der Europa League machen. "Legt man die möglichen Gelder auf eine Waage, rechnet sich dieser Wettbewerb überhaupt nicht. Wir müssen nur ernsthaft um die Qualifikation kämpfen, weil wir es den Sponsoren und Fans schulden", sagte Geschäftsführer Adriano Galliani in überschäumender Ekstase.
Bereits vor zwei Jahren hatte er zum Besten gegeben: "Für einen ambitionierten Verein kommt die Europa League in etwa dem Abstieg in die zweite Liga gleich." Galliani und die Europa League, da haben sich Freunde fürs Leben gefunden. Zusammen mit Palermo-Patron Maurizio Zamparini könnte er einen Fanklub gründen. Der grummelte einst: "Der Uefa-Pokal ist ungefähr so prickelnd, als wenn du im Lotto eine Banane gewinnst."
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Primera Division
Von Frank Oschwald
Benny Hill des Spieltags: Es muss schon etwas Besonderes passiert sein, wenn von einem Spieler noch während der Partie ein Video-Zusammenschnitt im oberen Bereich der Online-Ausgabe der "Marca" auftaucht. Entweder ein Spieler hat metertief in die Trickkiste oder eben ins Klo gegriffen. Wenn der Clip wie am Wochenende jedoch mit einem Verschnitt der "Benny Hill"-Melodie untermalt ist, bedeutet das für den Spieler meistens nichts Gutes.
Hauptdarsteller dieses Kurzvideos war Betis-Verteidiger Paulao. In der 14. Minute verschuldete der 31-Jährige nach einem fürchterlichen Mix aus Rückpass zum Torwart und einer Ballannahme das 0:1. An sich nicht ganz optimal, doch das passiert einem Verteidiger eben hin und wieder. Doch nur 13 Minuten später segelte eine zugegeben nicht ganz ungefährliche Flanke von der rechten Seite in den Betis-Strafraum - wieder war der Brasilianer zur Stelle.
Beim Versuch, den Ball mit der Grätsche zu klären, fälschte er die Kugel unhaltbar für Keeper Adan ab und verschuldete somit auch das 0:2. Direkt nach dem Tor kamen mit Trashorras und Nacho sogar zwei Spieler des gegnerischen Teams zu ihm und strichen ihm aufmunternd durch die Haare. Das half jedoch alles nichts. Noch vor dem Anstoß deutete er seinem Trainer mit den weltberühmten kreisenden Fingern an, dass er keine Lust mehr auf die ganze Kiste hat. Die Auswechslung folgte fünf Minuten später.
Techtelmechtel des Spieltags: Überschattet wurde der Spieltag dank der Abstinenz der Königlichen weiterhin vom Copa-Clasico und dem irren Sprint von Gareth Bale, der Barca-Verteidiger Marc Bartra wie ein schlenderndes Schulmädchen beim Shoppen aussehen ließ. Doch eigentlich hätte man es damit auch gut sein lassen können.
Sprint, Tor, Jubel, der Copa-Sieg - und fertig. Aber nein, Gareth Bale bedankte sich am Tag nach der Partie aus reiner Verbundenheit zum königlichen Sponsor via Twitter bei Ball "Brazuca". "Danke für die Kooperation letzte Nacht, Brazuca. Es macht Spaß, mit dir zu arbeiten", so der Waliser. Eine Konversation mit einem Ball? Mein Gott, von mir aus. Doch es ging noch weiter.
Denn Brazuca hat nicht nur seine eigene Twitter-Seite, sondern antwortete sogar nach exakt acht Minuten auf den Bale-Post: "Ich habe nur das gemacht, was dein Fuß mir gesagt hat." Beim besten Willen, liebe Adidas-Verantwortlichen. Ein Ball, der twittert? Paulao hätte sich ausgewechselt.
Und sonst so? So schön es für einen Kreisliga-Kicker auch manchmal wäre, in der Haut von Lionel Messi zu stecken, aktuell hat der kleine Argentinier kein wirklich lustiges Leben. In Barcelona geben sie ihm die Hauptschuld am Aus in der Champions League, dem Rückstand in der Liga, dem Krieg im Nahen Osten und überhaupt. Er konzentriere sich nicht mehr auf den Klub, sondern sei mit den Gedanken schon längst bei der WM.
Die Argentinier ihrerseits schießen ebenfalls Giftpfeile in Richtung iberischer Halbinsel. Ihr Vorwurf: Der FC Barcelona mache Messi so kurz vor der WM körperlich, seelisch und moralisch kaputt. Gott sei Dank hat der Gescholtene am Wochenende mit einem Tor auf dem Platz geantwortet und sich erst mal Ruhe verschafft. Einen schnippischen Kommentar gab's von Seiten der Presse am Ostermontag natürlich trotzdem: Während man ihn in der letzten Zeit auf dem Rasen vergeblich gesucht hatte, sei er "am dritten Tage auferstanden".
Einen kleinen Tipp gibt's zum Abschluss für alle Vigo-Fans. Mal wieder Lust auf eine saftige Auswärtsfahrt? Na dann, ab in den Süden! Die Nordspanier komplettierten am Wochenende nach Siegen gegen Betis, Malaga, Sevilla und Granada mit einem 4:2 bei Almeria ihr Andalusien-Fivepack. Somit gab's gegen alle Teams der autonomen Region einen Dreier und mehr Siege als im heimischen Estadio Balaidos.