Europas Top-Klubs sind in der Saisonvorbereitung, zahlreiche Top-Transfers bereits vollzogen. Doch wird sich ein Toni Kroos bei Real Madrid durchsetzen? Wie passt Luis Suarez zu Barcelona und welchen Erfolg verspricht das Projekt von Luis van Gaal? Die SPOX-Redakteure Daniel Reimann, Benjamin Wahlen und Ben Barthmann sowie User Maxi_FCB debattieren die wichtigsten Fragen.
Wird sich Toni Kroos bei Real Madrid durchsetzen?
Daniel Reimann (SPOX): Die nötige Klasse und Reife hat er. Nur: Kroos muss seine Spielweise ändern. Madrids überfallartiges Turbo-Vertikalspiel passt nicht zu Kroos' Rolle, die er in Bayerns dominant-geduldiger Ballzirkulation im Mittelfeld hatte. Er wird schneller umschalten und steilere Bälle spielen müssen, um den dauersprintenden Ballkünstlern Bale/Ronaldo das Spiel zu ermöglichen, das sie so gefährlich und einzigartig macht. Wenn er das adaptiert, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich Kroos einen Stammplatz erspielt hat.
Benjamin Wahlen (SPOX): Ja! Toni strotzt vor Selbstvertrauen und stand noch nie in seiner Karriere so sehr im internationalen Fokus - er weiß, was er kann und was er wert ist. Auch Ancelotti wollte Kroos unbedingt haben, nannte ihn sogar das fehlende Puzzleteil der Königlichen. Das muss Ancelotti aber auch den anspruchsvollen Fans von Real immer wieder beibringen. Denn mit Kroos kommen keine spektakulären Tore oder Traumpässe in die Gasse, sondern solide Arbeit, Übersicht und Struktur aus dem Zentrum.
Ben Barthmann (SPOX): Ich gehe davon aus. Toni Kroos ist ein sehr guter Fußballer, der in Deutschland oft nicht die nötige Wertschätzung bekommen hat. Ich sehe im Mittelfeld von Real Madrid auch nicht die Konkurrenz, die ihn stoppen sollte. Es stellt sich nicht die Frage, ob Khedira oder Kroos, deswegen sehe ich nur Modric als wirklichen Konkurrenten. Isco hat natürlich großes Potenzial, aber Kroos ist weiter in seiner Entwicklung. Xabi Alonso ist nicht mehr der, der er mal war und wird mehr und mehr als Backup eingesetzt werden. Ob Illaramendi überhaupt bleibt, ist noch nicht geklärt.
mySPOX_User Maxi_FCB: Fraglich, denn wen soll er verdrängen? Modric war in der vergangenen Saison der wohl wichtigste Spieler und wird auch in der kommenden Spielzeit unverzichtbar sein. Alonso ist nach wie vor eine Instanz, die man, allein schon im Hinblick auf seine Führungsqualitäten, nicht ohne Weiteres entbehren kann. Auch di Maria hat sich als perpetuum mobile bzw. Ronaldos Adjudant schwerlich verzichtbar gemacht. Zudem hat man in Illaramendi, Isco und eventuell noch James drei hochveranlagte Spieler, die ebenfalls in die Startelf drängen - Khediras Abgang mal vorausgesetzt. Dennoch hat Kroos sicher die Klasse, um sich bei Real zu etablieren, zumal di Maria, Illaramendi und Alonso wohl nicht unumstritten sind. Es wird letztlich wohl auch von der angestrebten Spielweise abhängen. Setzt man noch konsequenter auf Ballkontrolle, hat Kroos sicher beste Chancen auf einen Stammplatz.
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Daniel Reimann (SPOX): Suarez' Integration wird eine Herkulesaufgabe - sportlich wie menschlich. Suarez ist nicht erst seit seiner abermaligen, grenzdebilen Biss-Attacke ein bedenklicher Charakterkopf. Ob er sich einem Team unterordnen und zwei noch größere Stars neben sich akzeptieren kann, bleibt abzuwarten. Von der Frage abgesehen, wie man ein Spielsystem findet, das alle Stärken und Neymar, Messi und Suarez berücksichtigt und optimal nutzt. Selbst wenn es funktionieren sollte - es wird lange dauern. Von seiner Sperre mal abgesehen...
Benjamin Wahlen (SPOX): Dass man in Barcelona nun eine Offensivreihe mit Suarez, Messi und Neymar präsentieren kann, klingt nach purer Weltklasse. Ich bin mir aber sicher, dass die Katalanen diesen Transfer bereuen werden. Gar nicht so sehr wegen Suarez, sondern wegen Alexis Sanchez, der den Verein deswegen verlassen hat. Sanchez hat sich eingefügt und war mit seiner Körperlichkeit eine wichtige Ergänzung im Sturm. Suarez ist ein ganz anderer Typ, der sich, abgesehen von seinen sonstigen Eskapaden, nicht so einfach einreihen wird.
Ben Barthmann (SPOX): Warum sollte es das nicht? Suarez ist, abgesehen von sämtlichen Nebengeräuschen, einer der besten Stürmer der Welt. Er ist bei weitem nicht der Strafraumstürmer oder die Nummer neun, als die er nach dem Wechsel gerne betitelt wird. Barcelona hat seine besten Spiele in den letzten Jahren gemacht, wenn vor Messi ein Arbeiter gespielt hat, wie beispielsweise Villa beim 4:0-Sieg über Milan. Suarez ähnelt Villa in vielen Dingen, bringt aber meiner Meinung nach mehr Qualität mit, als El Guaje in seiner Barcelona-Zeit.
mySPOX_User Maxi_FCB: Es kann. Ein Spieler von der irrwitzigen Klasse eines Luis Suarez wird überall seinen Platz finden - selbst im (einstmals) penibel auf Etikette getrimmten Barcelona. Suarez hat die technischen Fertigkeiten, um mit Rakitic, Iniesta und Messi gewinnbringend zu kombinieren, bringt zudem ein wenig Kopfballstärke ins katalanische Offensivspiel ein. Enrique sollte allerdings ein Stück weit von der lähmenden Messi-Fixierung wegkommen: Suarez auf den Flügel zu verschieben, um Messi auf der falschen Neun zu belassen, wie jüngst kolportiert wurde, würde ihm sicher nicht gut tun. Ein 4-2-3-1 mit Messi als freiem Mann hinter Suarez, das hört sich toll an - und könnte es auch werden.
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Daniel Reimann (SPOX): Ich bin mir sicher: Im Old Trafford entsteht diese Saison Großes. Mit Louis van Gaal hat United nach dem bemitleidenswerten David Moyes endlich einen Trainer, der Dinge verändern und etablieren kann. Auch in schwierigen Phasen steht van Gaal zu seinem Stil und wird ihn auch gegen Kritik verteidigen. Dazu scheint ein riesiger Batzen Kapital für etwaige Neuverpflichtungen bereitzustehen. Van Gaal wird womöglich ein wenig Zeit brauchen, aber die Bedingungen sind erfolgsversprechend.
Benjamin Wahlen (SPOX): Da ist er endlich, der Heilsbringer. Gekommen, um die Jugend zu integrieren, die Stars wieder zu formieren und das Moyes-Experiment vergessen zu machen. Und das wird er auch. Spieler, Verein und Fans sehnen den Erfolg zurück und sind bereit, van Gaals nicht immer leichten Weg mitzugehen. Weil auch die Mannschaft sinnvoll verstärkt wurde, ist Manchester United 2014/2015 wieder ein ernst zu nehmender Titelkandidat.
Ben Barthmann (SPOX): Van Gaal ist ohne Zweifel ein sehr guter Trainer und ich denke, dass er bei Manchester United die richtigen Schritte einleiten wird. Er bringt das richtige Standing mit, um tiefgreifen Änderungen vorzunehmen, die sich sein Vorgänger vielleicht nicht zugetraut hat. Das ist der richtige Schritt. Das hoffnungsvollste Projekt sehe ich allerdings eher auf Seiten des FC Chelsea. Van Gaal hat bei der WM bewiesen, dass er auch anders kann, als nur auf Ballbesitz zu setzen. Es wäre jedoch sehr interessant, die 'klassische' Van-Gaal-Mannschaft in der Premier League zu sehen.
mySPOX_User Maxi_FCB: Eher nicht. Das hat allerdings nichts mit van Gaal zu tun. Bei der WM hat er gezeigt, dass er keineswegs der sture Dogmatiker ist, für den ihn nach seiner Zeit beim FCB viele hielten, sondern dass er sich durchaus pragmatisch und gewinnbringend den Gegebenheiten seines Kaders anpassen kann. Am United-Kader kann man momentan allerdings fast nur scheitern. Ich sehe das große Ganze nicht: Man hat zwei individuell herausragende Stürmer, die aber zusammen nicht funktionieren, man hat kaum nennenswerte Qualität im zentralen Mittelfeld (Herrera muss seine Premier League-Tauglichkeit erst noch nachweisen) und auch auf den Flügeln sehe ich keine herausragenden Akteure. Bleibt als funktionierende Einheit lediglich die Abwehrreihe, die allerdings den Verlust von Vidic, Ferdinand und eventuell noch Evra erst einmal verdauen muss.
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Daniel Reimann (SPOX): Wieso nicht? Bayern hat mehr WM-geplagte Nationalspieler, die nach dem großen Triumph auch erst wieder die notwendige Gier entwickeln müssen. In dieser Hinsicht wird Sammer alle Hände voll zu tun haben, um bei den WM-Siegern von Beginn an den Titelhunger zu wecken. Hinzu kommt die zehntägige Promotour durch die USA, deren sportlicher Wert überschaubar sein dürfte. Bayern wird es zum Bundesliga-Auftakt schwerer haben als sonst. Es liegt am BVB, seinerseits einen guten Start zu erwischen, um sich selbst in die Rolle des Gejagten zu hieven. Denn sind die Bayern einmal an der Spitze, werden sie diese nicht mehr hergeben.
Benjamin Wahlen (SPOX): So sehr ich es mir auch wünsche, sehe ich eine ähnlich langweilige Saison, zumindest was den Titelkampf angeht, auf uns zukommen. Sammer und Guardiola haben die Mannschaft weiter verstärkt. Kroos' Abgang kann aufgefangen werden, Lewandowski erhöht die Qualität im Sturm immens und Bernat schafft neue Möglichkeiten. Anders der BVB, der Lewys Wechsel mit Immobile und Ramos nicht kompensieren kann. Platz zwei ist aber nicht in Gefahr.
Ben Barthmann (SPOX): In einzelnen Spielen auf jeden Fall, über eine ganze Saison glaube ich allerdings nicht daran. Guardiola hat es erneut geschafft, neue Reize zu setzen, die Mannschaft wird sich wieder verändern, es gibt keinen Stillstand und damit keinen Rückschritt in München. Die Dortmunder haben dagegen mit Robert Lewandowski erneut eine zentrale Figur verloren und diesmal bin ich mir nicht sicher, ob die Neuzugänge dies auffangen werden. Mich überzeugen weder Immobile, noch Ramos, noch Ji. Allerdings lasse ich mich gerne eines Besseren belehren, für mich ist die Zusammenarbeit beim BVB der entscheidende Faktor für den Erfolg.
mySPOX_User Maxi_FCB: Mit einem herausragenden Taktiker wie Klopp wird der BVB immer gefährlich sein, wenngleich der Lewy-Abgang den BVB hart trifft, denn ein Spielertyp wie er ist - im Gegensatz zu Sahin und Götze - ein absolutes Unikum. Vor allem in den direkten Duellen, in denen der BVB oftmals mit langen Bällen operierte, die Lewy wie kein Zweiter festmachen konnte, wird man seinen Verlust deutlich spüren. Aber Klopp wäre nicht Klopp, wenn er darauf keine Antwort fände. Man hatte ja auch lange genug Zeit, sich darauf vorzubereiten. Zudem stehen auch beim FCB Veränderungen an (Kroos-Abgang, vermutlicher Wechsel auf der linken Verteidigerposition, mögliche Umstellung auf die Dreierkette), die erst einmal reibungslos über die Bühne gebracht werden müssen. Es wird auf jeden Fall wieder spannend.
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Daniel Reimann (SPOX): Antonio Conte hinterlässt auf nationaler Ebene eine überragende Bilanz mit Juve - und ein großes Loch. Gegen Allegri regte sich schon jetzt Widerstand bei vielen Fans, er wird es nicht leicht haben. Auch sein Kader wird Verstärkung brauchen: Statt Sanchez oder Cuadrado kam "nur" Morata, Immobile ging zum BVB und ein Vidal-Verkauf steht mittlerweile offenbar zur Debatte. Allegri übernimmt zwar ein funktionierendes Team, wird aber mit Problemen zu kämpfen haben. Alles riecht nach einer Übergangssaison bei Juve - wenn die Bosse Geduld beweisen.
Benjamin Wahlen (SPOX): Conte hat bei Juventus viel richtig gemacht in den letzten drei Jahren. Er gab Pirlo alle nötigen Freiheiten und verhalf ihm so zum zweiten Frühling, er fand den richtigen Umgang mit Riesentalent Pogba und legte Tevez erfolgreich an die Leine. Allegri wird es trotz seiner Erfahrung nicht schaffen, diese Baustellen ähnlich gut zu meistern. Da die Lücke zum Rest der Liga aber dennoch groß ist und die Alte Dame passabel verstärkt wurde, wird Juve auch im nächsten Jahr die Meisterschaft feiern.
Ben Barthmann (SPOX): Nein. Conte hat viel zur konstanten Entwicklung Juves beigetragen, ob Max Allegri das ebenso kann, wage ich zu bezweifeln. Er bekommt die etwas undankbare Aufgabe vor die Brust gesetzt, einen aufgeblähten, alternden Kader in Ordnung zu bringen und hat dazu nur relativ wenig Zeit. Es hängt viel davon ab, ob Pogba und Vidal bleiben werden und welche Neuerungen passieren werden. Die Roma und Neapel werden jedoch immer näher kommen und Juventus vielleicht schon dieses Jahr überholen.
mySPOX_User Maxi_FCB: Vorerst wohl schon, ja, aber vermutlich nicht mehr in der Dominanz der Vorjahre. Allegri hat seine Klasse schon beim AC Milan nachgewiesen, als er aus einem keinesfalls herausragenden Kader einiges herausholte. Dennoch halte ich ihn nicht unbedingt geeignet für Juventus. Conte und Juve - das war eine funktionierende Einheit, die das Beste aus den zu Beginn seiner Zeit eher mittelprächtigen Gegebenheiten machte. Fraglich, ob Allegri diese Funktionalität aufrechterhalten kann, zumal die ihm entgegenschlagende Skepsis seitens der Juve-Anhänger keine optimale Arbeitsatmosphäre bietet. Er wird wohl kaum Zeit und Mittel erhalten, seine Ideen zu verwirklichen. Es könnte ihnen allerdings entgegenkommen, dass die Konkurrenz auch nicht in der Lage erscheint, Bäume auszureißen. Juve wird, sofern sich keine schmerzhaften Abgänge einstellen, wohl noch einmal Meister, könnte aber seinen Nimbus auf Dauer verlieren.
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