"ManUtd...LOL"

SPOX
22. September 201422:10
Angel di Maria: "Aua"getty
Werbung

Während in Rom Florenzi auf die Tribüne stürmt, um seine Oma zu herzen, sieht sich Sampdoria-Coach Mihajlovic üblen Beschimpfungen ausgesetzt und geht in den Infight. In Spanien werden Zaubertore in Ibra-Manier geschossen und (fast) ganz England lacht über United.

Serie A

Von Oliver Birkner

Enkel des Spieltags: Alessandro Florenzi rennt. Er hat gerade für seine Roma getroffen. Im Stadio Olimpico ist es viertel nach drei und Florenzi rennt also in Richtung Eckfahne. Er deutet zum Jubel keinen Babybauch an und führt keinen komischen Tanz auf. Er rennt weiter zur Werbebande, ein eleganter Hüftschwung über die Balustrade. Er sprintet rund 30 Stufen die Tribüne Monte Mario hoch, dann eine scharfe Rechtskurve und endlich die Umarmung. Dort sitzt seine Oma Aurora, 82 Jahre und zum ersten Mal überhaupt bei einem Fußballspiel. Signora Aurora kullern die Tränen übers Gesicht und die 45.000 bejubeln die Szene. Die Oma hatte den Enkel kürzlich beim Länderspiel in Norwegen am TV verfolgt, als Florenzi eine Riesenchance vergab. "Ich komme jetzt mal ins Stadion, aber dann musst du die Kugel auch reinmachen und einen Gruß zu meinem Sitzplatz hochwinken", sagte Aurora.

Sie kennt sich schließlich aus. Ihr verstorbener Mann, ihr Sohn, der Enkel - alle Fußballer, und sie seit Ewigkeiten Roma-Fan. Florenzi ist jetzt sicher Goldenkel aller Fußball-Omas landesweit. "Ich hatte sie bei der Nationalelf enttäuscht, das musste ich wieder gutmachen. Denn wenn Oma sauer ist, kann sie ungemütlich werden", sagte der 23-Jährige waschechte Römer anschließend. Da er seit Jahren einen Verlobungsring trägt, nennen ihn die Freunde "Frodo". Womöglich lassen sie sich nun etwas Neues einfallen. Für einen Hobbit hat Florenzi ohnehin zu artistische Füße. Freilich sah Florenzi gemäß Reglement Gelb. Großmütter der Welt vereint euch gegen diesen Humbug!

Faustschlag des Spieltages: "Du bist ein Pimmelkopp!" warf ein Passant Sampdoria-Coach Sinisa Mihajlovic an den Kopf, bevor der den Mannschaftsbus zum Spiel bei Sassuolo bestieg. Gewohnt besonnen entgegnete "Miha" "Was zum Scheiß willst du von mir?" und schon hatte er die Faust im Gesicht. Die zertrümmerte glücklicherweise nur dessen Sonnenbrille. Mihajlovic geht ja noch täglich ins Fitness-Studio und legte den Raufbold kurzerhand aufs Kreuz. Später taumelte der offenbar geistig verwirrte Ecuadorianer wieder seines Weges durch Genua. Zumindest hatten die Spieler auf der Fahrt von zweieinhalb Stunden nach Reggio Emilia was zu diskutieren und zu schmunzeln. Das Amüsement war auf dem Platz jedoch vorbei - beim drögen 0:0 riskierten alle Anwesenden während des Eindösens weitaus empfindlichere Kopfverletzungen. SPOX

Und sonst? Gennaro Gattuso trainiert mittlerweile auf Kreta, hat seine Verve aber längst nicht verloren. Am Wochenende holte "Ringhio" auf der PK nach anhaltender Pressekritik zu einem formidablen Rundumschlag aus. "Ich bin der Kapitän des Schiffes und werde es als Letzter verlassen. Ich arbeite zwölf, 15 Stunden pro Tag und muss täglich Scheiße, shit, malakia lesen." Mit einem donnernden Faustschlag auf den Tisch brüllte er dann: "Wir sind nicht Real Madrid oder Barcelona, sondern OFI. Ich will Spieler mit Eiern und Herz!" So wie er selbst einst. Vielleicht sollten seine Kicker mal dessen Buch "Der Gattuso Code" studieren. Das startet mit Gebot Nummer eins: "Unter keinen Umständen wird ein Training verpasst - auch nicht bei einem Erdbeben."

Vor dem Wochenende hatte Nemanja Vidic bemerkt, in Italien würden zu viele Schauspielereien der Stürmer den Referees das Leben höllisch schwer machen. Da gäbe es mehr Fairplay in der Premier League. Ein Riesenbock des Neuzuganges von Inter führte in Palermo schon nach drei Minuten zum Rückstand und Vidic erfuhr, dass selbst die Stürmer der Serie A ab und an auf den Beinen bleiben und durchaus auf Tore aus sind.

Serie A: Gattusos Wutrede und "Pimmelkopp" Mihajlovic

Premier League: Gerrards miese Statistik und Lampards Angriff auf die alte Liebe

Primera Division: Zwischen Tor des Jahres und Rekorde a la Real

Premier League

Von Frank Oschwald

Irrsinn des Spieltags: Ach ja, lieber Fußball, du kannst so herrlich sein. Man stelle sich mal ganz kurz folgende Situation vor: Vor heimischem Publikum kassiert man gegen United in der 57. Minute das 1:3. Eigentlich kann man den Laden danach dicht machen. Satte 853 Spiele verloren die Red Devils nicht mehr nach einer Zwei-Tore-Führung. Doch was zwischen Leicester und United nach dem Wiederanstoß und den folgenden 39 Minuten passierte, hat einen Platz im Sammelsurium der legendären Premier-League-Partien sicher. Innerhalb von 20 Minuten schenkte der klare Underdog und Aufsteiger Leicester dem großen United vier Hütten ein und drehte somit die völlig absurde Partie. Während man nach dem 4:0 gegen QPR noch dachte, ManUtd habe sich einigermaßen eingegroovet, setzt es nun wieder eine 3:5-Klatsche.

getty

Für die Fans im King Power Stadium sicherlich ein Nachmittag, der im Gedächtnis bleibt. "We want six! We want six", skandierten die Fans nach dem fünften Tor des eigenen Teams. Die Häme in Richtung United gipfelten letztlich im Fangesang "Can we play you every week?" und einem Banner eines Flugzeugs, auf dem zu lesen war: "United we fall - in cinemas soon". Auch Mario Balotelli konnte seine Schadenfreude über den grandiosen Niedergang von United nicht zurückhalten und summierte auf seinem Twitter-Account prägnant: "ManUtd...LOL". Wir kommentieren diesen Satz nicht und lassen die lyrische Tiefe wirken.

Legenden des Spieltags: Bevor die Blitzlichter in diesem Absatz ganze Fanscharen in Aufruhr bringen oder Bürgerkriege anzetteln, sei vorneweg gesagt: wir sind nicht würdig, Stevie G. Es fühlt sich wie Gotteslästerung an und ja, ein paar schlechte Spiele seien dir in deiner (hier Superlativ ihrer Wahl einbauen) Karriere natürlich auch gegönnt. Doch die Statistiken nach dem 1:3 gegen West Ham waren nun wirklich nicht die allergeilsten. Gelinde gesagt. 82 Prozent Passgenauigkeit? Okay, das ist auf einem Niveau mit Paderborns Uwe Hünemeier. Da drücken wir ein Auge zu und nicken das ab. Aber ab jetzt geht's bergab. Pässe in die Spitze: 0. Schüsse aufs Tor: 0. Flanken zum Mitspieler: 0 von 5. Gewonnene Zweikämpfe: 0. Hätte besser laufen können beim 1:3 gegen West Ham.

Aber die Statistiken um Gerrard beiseite. Ganz allgemein hat der Liverpool in dieser Saison die Beständigkeit eines fünfzehn Jahre alten Alfa Romeos: SNSNSN! Was aussieht wie die Noten für einen Grundkurs im Beatboxen, ist in Wirklichkeit die verwirrende Pflichtspielbilanz der Reds in dieser Saison. Doof für Liverpool: Zwischen den nächsten Ligaspielen liegt jeweils eine zusätzliche Partie. In der Liga sieht's also dunkel aus. Zudem steht man vier Punkte hinter Southampton, bei denen man sich im Sommer noch wie an einem Grabbeltisch bediente.

Anything else? Legende...Legende...so ein großes Wort...wie findet man überhaupt heraus, ob man eine solche ist? Schritt eins: Man wechselt zu einem verfeindeten Verein. Schritt zwei: Man erziele im ersten Spiel gegen seine alte Liebe ein Tor. Schritt drei: Man unterdrücke den Jubel. Wenn sich daraufhin die Fans des alten Vereins erheben und einem zujubeln, weiß man, dass man nicht alles falsch gemacht hat. Ganz, ganz aufgeweckte Fußballexperten wissen, von wem hier die Rede ist. Dieser junge Mann schoss inzwischen übrigens mehr Tore gegen Chelsea als ein gewisser Lionel Messi.

Dass der Brite an sich einen fürchterlich schwarzen Humor hat, ist längst bekannt. Einen klassischen "Hohoho"-Lacher nach einem üblen Gag kitzelt man so schnell aus keinem Engländer heraus. Doch genau das gelang Artur Boruc unter der Woche mit seinem Tweet. Der Keeper postete auf seinem Account ein Bild von der Titanic und schrieb darunter: "Und die Titanic so...Ich nominiere alle Passagiere für die Ice Bucket Challenge". Im Land des dunklen Humors mit einem Witz für einen Skandal zu sorgen, das muss man erst mal hinbekommen. Genau wie zahlreiche User fand der aktuelle Verein des Keepers, der FC Southampton, die Aktion offenbar weniger amüsant und lieh den Keeper bis zum Jahresende an den AFC Bournemouth aus.

Serie A: Gattusos Wutrede und "Pimmelkopp" Mihajlovic

Premier League: Gerrards miese Statistik und Lampards Angriff auf die alte Liebe

Primera Division: Zwischen Tor des Jahres und Rekorde a la Real

Primera Division

Von Frank Oschwald

Ibra des Spieltags: Noch vor einer Woche pflügte Atletico durch das Bernabeu und klaute dem geliebten Nachbarn von Real (mal wieder) die Punkte. Auf die Kür sollte die Pflicht folgen. Ein Heimsieg gegen Celta Vigo sollte beim neuen Selbstverständnis des CL-Finalisten schon drin sein. Sollte. Doch der aufmüpfige Underdog, der weiter ungeschlagen durch die Liga marschiert, nahm ein Pünktchen aus dem Vicente Calderon mit. Und wie! Carles Planes zündete eine fürchterlich wilde Flanke von der Mittellinie in den Strafraum. Diese segelte an den Elfmeterpunkt, jedoch deutlich über den Scheitel von Vigo-Stürmer Pablo Hernandez, der eng umschlungen von Diego Godin durch den Strafraum tänzelte. Statt den Ball ins Aus trudeln zu lassen, fuhr Hernandez das Bein nach hinten aus und spitzelte die Kugel mit der Hacke ins Tor. Chapeau, Chapeau, Ibra hätte es nicht schöner hinbekommen.

Dass zwischen Hernandez und dem Schweden dennoch Welten liegen, zeigte sich nach dem Spiel. Während Ibra sich mit meterbreiten Cojones vor die Kameras gestellt und erzählt hätte, dass das alles genau so geplant war, glich der Vigo-Stürmer eher einem Schulkind bei der Einschulung. "Ich konnte nichts anderes machen. Er hätte auch auf die Tribüne gehen können." Um dem Rest des Spiel genau die Aufmerksamkeit zu verschaffen, die es ob des Hacken-Tores verdient hat, hier die Zusammenfassung: Tor, Tor, Tor - 2:2.

Zuniga des Spieltags: Ganzen Nationen stockte am Sonntagabend der Atem. Nein, die eigentliche sportliche Brisanz zwischen Levante und Barcelona hatte herzlich wenig damit zu tun. Dass Barcelona (kein Gegentor) die Gastgeber aus Valencia (kein geschossenes Tor) kurz abfertigt und dann wieder nach Hause fährt, damit war zu rechnen. Vielmehr war es die Aktion gegen Neymar, die den Katalanen die Nüsse aus den Händen haute. Hector Rodas ging vor einem hohen Ball in den Infight mit dem kleinen Brasilianer. Dieser fiel plötzlich wie ein nasser Sack in sich zusammen, verzog schmerzhaft das Gesicht und hielt sich den Rücken. Gedanken an das Zuniga-Foul während der WM kamen hoch, ein Karriereende wurde von der Tribüne schon vor Ankunft des Sanitäters prognostiziert. Aber: alles halb so wild. Neymar konnte weiterspielen und wurde wenig später wegen einer Knöchelverletzung ausgewechselt. Gracias a dios, nur der Knöchel! Die neymarsche Bilanz gegen Levante liest sich dennoch nicht schmerzfrei: zwei Spiele, zweimal verletzungsbedingt ausgewechselt.

Algo mas? Oh, du armes La Coruna! Deportivo bekam am Samstagabend mit der vollen Breitseite den königlichen Derbyfrust ab und kassierte acht Hütten vor heimischem Publikum. Man mag es kaum glauben, doch die Real-Spieler verewigten sich somit in den Vereinsgeschichtsbüchern. Noch nie schaffte es Real, auswärts acht Buden zu erzielen. Und dabei läuft's seit der Derbypleite doch wie am Schnürchen. Innerhalb von 100 Stunden ballerte man sich mit 13 Toren (das gab's zuletzt 1964) auch den letzten Tropfen Atletico-Frust aus jeder Pore. Und dann fangen auf einmal auch noch die viel gescholtenen Neueinkäufe an zu treffen. James Rodriguez netzte und Chicharito knipste doppelt. Doppelt! Und zwar zweimal von außerhalb des Strafraums. Vier Praktikanten wurden noch an selbigem Abend ins Archiv geschickt, um nach einem Hernandez-Treffen außerhalbs des Strafraums bei United zu suchen. Sie wurden seither nicht gesehen.

Serie A: Gattusos Wutrede und "Pimmelkopp" Mihajlovic

Premier League: Gerrards miese Statistik und Lampards Angriff auf die alte Liebe

Primera Division: Zwischen Tor des Jahres und Rekorde a la Real